„Human Trafficking“ von Christian Duguay
Seit in Deutschland Mitte der Neunziger Jahre bei den Fernsehanstalten der große Boom der Eigenproduktionen einsetzte ist das Niveau der klassischen Fernsehfilme massiv gesunken. Nicht nur dominieren unerträgliche Schmonzetten, die im historischen Selbstmitleid absaufen, die Fernsehlandschaft („Die Flut“, „Die Gustloff“). Hochwertige ausländische Produktionen schaffen den Sprung auf unsere Bildschirme meist gar nicht mehr („Uprising“, „The Lost Room“) oder nur sehr spät und versauern dann auf abseitigen Sendeplätzen (wie etwa Mike Nichols „Angels in America“ mit Al Pacino und Meryl Streep).
Gleichzeitig ist die Qualität amerikanischer TV-Filme auf einer weit höheren Stufe angelangt als die so mancher Hollywoodmachwerke. Das ist nicht zuletzt dem Bedeutungsgewinn kapitalträchtiger Pay TV-Sender wie HBO und den daraus resultierenden pompöseren Besetzungslisten zu verdanken.
Gegenüber Kinofilmen weisen diese Werke den nicht zu unterschätzenden Vorteil auf, dass sie nicht in das enge Korsett eines einzelnen Abends gepresst werden müssen, sondern wenn nötig als Mehrteiler epische Breite entwickeln dürfen.
Auch das Drama „Human Trafficking“, das ganze drei Jahre nach seiner Erstausstrahlung bei uns nun zumindest auf DVD erscheint, thematisiert sein Thema („globaler Menschenhandel“) in stolzen 176 Minuten, wird dabei aber nie langweilig. Das liegt zum einen wiederum an der vorzüglichen Besetzung (Mira Sorvino, Donald Sutherland und Robert Carlyle als herrlich widerwärtiger Kopf eines Menschenhändlerkartells), zum anderen daran, dass auf die im deutschen Fernsehen übliche Schönfärberei, die eine Gefährdung der „feierabendlichen Behaglichkeit“ des Fernsehzuschauers offenbar verhindern soll, verzichtet wird. In mehreren miteinander verschränkten Handlungssträngen zeigt der Film schonungslos aber nicht effektheischend viel menschliches Leid und braucht sich dabei hinter vergleichbaren Kinoproduktionen wie „Trade“ oder „Traffic“ nicht zu verstecken.
Geschrieben von Johannes Kühl