Das neue Studentenparlament
„Mehr Stellungnahmen, mehr Protest, mehr Polarisierung“ sind die erklärten Ziele von Sebastian Jabbusch, seines Zeichens Wahlsieger der diesjährigen Wahl zum Studierendenparlament (StuPa). 219 Stimmen erhielt der selbsternannte Gesellschaftskritiker. Für den Magisterstudenten ist es wichtig, „das, was die Studenten bewegt, ins StuPa zu bringen und die Stimme der Studenten an der Uni insgesamt zu stärken.“
Damit das politische Auseinanderdriften nicht eintritt, müssen „Debatten um Sachthemen“ geführt werden. Diese Forderung stellt Thomas Schattschneider auf. Der angehende Lehrer trat ebenfalls bei der Wahl im Januar an, wird sein Mandat aber erst nach dem Amtszeitende als Vorsitzender des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) antreten können. Die Trennung von AStA-Amt und StuPa-Mandat ist der Grund. Da die Greifswalder Uni einige Probleme wie marode Bauten oder Engpässe bei der Lehrkapazität aufweist, fordert Schattschneider vom StuPa „eine deutliche Positionierung“, auch wenn es „die Probleme nicht alle lösen könne.“
Die Wahlversprechen eines im Jahr der Ratte Geborenen
Obwohl Studenten vor 40 Jahren hart für die Teilhabe an den Entscheidungsprozessen an Hochschulen kämpften, werden die Wahlen zum StuPa mehr oder weniger ignoriert. Und dass, obwohl das Studentenparlament das höchste beschlussfassende Organ aller zukünftigen Akademiker ist.
Mehr ignoriert, weil nur jeder Zehnte die Wahlkabine aufsuchte – auch wenn die Beteiligung um 1,6 Prozent höher als bei der vorherigen Wahl ausfiel. Dass aber noch Potential nach oben vorhanden ist, zeigen die 12,2 Prozent aus dem Jahr 2006.
Weniger ignoriert wurde die StuPa-Wahl dagegen von den Kandidaten: Es wurden tausende von Flyern gedruckt und verteilt, Hochglanzplakate aufgehängt und schöne Wahlversprechen abgegeben. Trat zum Beispiel das alte und auch neue StuPa-Mitglied Florian Bonn vor einem Jahr noch mit dem Wahlversprechen an, einen Boxring anzuschaffen, um die Debatten zu verkürzen, liegen seine Absichten für diese Legislaturperiode darin, „den AStA zu verkleinern und in Zukunft besser zu kontrollieren.“ In diesem Jahr wird sich der Biochemie-Student auch für eine Antibürokratieabgabe bei Personaldebatten und Satzungsänderungsanträgen einsetzen. Die Wähler dürfen gespannt sein.
Inoffizielle Fraktionsbildung
Auffällig am diesjährigen Wahlergebnis ist die Zunahme an Hochschulgruppenzugehörigkeit unter den gewählten StuPa-Mitgliedern. In der letzten Legislatur waren noch 60 Prozent keiner politischen Hochschulgruppe zuzuordnen. Jetzt sind es nur noch 41 Prozent. Durch das Mehrheitswahlsystem soll der Einfluss hochschulpolitischer Gruppen beschränkt werden. Auch wenn Kandidaten einzeln antraten, sich ebenfalls einzeln wählen ließen: Kummuliert man deren politische Einstellung, stellt der CDU-nahe Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) fünf der insgesamt 27 Studentenvertreter. Die Liberale Hochschulgruppe (LHG) entsendet vier Mitglieder. Beide arbeiteten schon in der Vergangenheit zusammen, um ihre Interessen und Ziele im Parlament durchzusetzen. Ebenfalls vier Kandidaten kommen von den Jungen Sozialisten (Jusos). Die Grüne Hochschulgruppe (GHG) sowie Die Linke.SDS errangen jeweils ein Mandat.
Ob sich die Zugehörigkeit zu Hochschulgruppen auf den Aufbau des AStA und dessen zukünftige Besetzung auswirkt, bleibt abzuwarten. Für Sebastian Jabbusch stehen bei der AStA-Wahl Kompetenz und Charakter im Vordergrund. „Ich gehe aber davon aus, dass wieder diejenigen gewählt werden, die sich aufstellen – mangels Alternativen“, bedauert der Wahlsieger. „Dann könnten wieder gewisse inkompetente Kader und politische Hardliner gewählt werden, die ich gern endlich in den Hörsälen sehen würde“, fährt der angehende Politikwissenschaftler fort. Frische Köpfe würden seine Unterstützung erhalten. Florian Bonn hält die Fraktionsbildung nicht für bedrohlich, da „Grüne in Sachfragen auch mal mit RCDSlern zusammenarbeiteten.“ Jetzt würden zu viele darauf gucken was der Rest macht, deshalb fordert Bonn auf: „Ihr seid Studenten, keine Schafe!“
Geschrieben von Isabel Bock