Ein trauriges StuPa-Jahr
Martin Hackober hat eine Freundin. Und weil er es keine Sitzung lang ohne sie aushält, schaut er sich ihre Bilder bei StudiVz an. Kumpel Johannes Spanier findet die Partyfotos auch lustig. Doch damit sind sie nicht allein. Gegenüber kichert Medizinstudentin Marie Frenzel mit einem ihrer Kumpanen. Dank sei den Erfindern von Wireless-Lan und Notebook. Endlich müssen die Mitglieder im Studentenparlament (StuPa) nicht mehr so tun als sei ihre Arbeit eine spannende Angelegenheit! Wichtig ist sie außerdem nicht, daher gilt Zuspätkommen als normal, Abwesenheit ist mit fortschreitender Legislatur eine Zier. Das erspart Arbeit, denn mit weniger als 14 Anwesenden kann nichts beschlossen werden.
Begonnen hat alles ganz anders: Vor einem Jahr zeigte sich moritz äußerst zuversichtlich, was die vergangene Legislatur anging. Anlass gab es nach dem produktiven Wochenende in Barth, auf dem sich fast sämtliche der Frischgewählten versammelt hatten und insgesamt voller Energie und Tatendrang daherkamen, durchaus. Aber die Motivation ging schnell irgendwo zwischen Lagerfeuer und lustigen Ideenzetteln verloren.
Auf diesen Zetteln waren, feinsäuberlich, Vorhaben für die anstehenden Sitzungen aufgemalt. Rufe zur Einrichtung eines Ersatzes für die Stralsunder Straße, ein Medien- und Kulturhaus, folgten denen nach einer Unterstützung des Hochschulsports, der Einführung eines elektronischen Studentenausweises und einigen anderen konkreten Vorhaben. Irgendwie schafften es die Visionäre, nichts davon je wieder zu erwähnen. Um eine Förderung des Hochschulsportes mit bis zu 4.000 Euro musste erst kurz vor Ende AStA-Referent Christian Bäz schon fast betteln.
Außendarstellung=Durchgefallen
Aber mal ehrlich: Das Problem liegt doch gar nicht bei der Institution „Parlament“ an sich. Das Problem sind wir: desinteressierte Studenten, sich überschätzende Hochschulpolitiker, ungerechte Medien und unser aller Wahrnehmung. Wir erwarten einfach zu viel. Mehr als die Kontrolle der Exekutive, die Entscheidung über den Haushalt und die Verteilung der Gelder ist nicht drin in diesem Gremium. Auch die Grundordnung der Universität sieht lediglich eine Selbstverwaltung vor. Außerdem: Wie können wir von mehrheitlich hochschulpolitisch inkompetenten Studenten auch noch eigene Initiativen verlangen? Die acht Änderungsanträge zum Landeshochschulgesetz wurden vom AStA ausgearbeitet und mussten nur noch abgesegnet werden. Wenn Wissen vorhanden war, wusste man es meist gut hinter Laptop und Namensschild zu verstecken.
Ganz dumm ist es natürlich, wenn nicht mal die Beschäftigung mit sich selbst funktioniert. Im Dezember verlangte schließlich Catharina Frehoff als ganz normale Studentin eine Aussprache mit den Mitgliedern des StuPa. Es könne doch nicht sein, dass zu den Rechenschaftsberichten des AStA kaum Nachfragen kommen und ob hier eigentlich der nötige Ernst vorhanden sei. Er war es nicht. Beinahe der einzige, der sich durch ständige Kritik bemerkbar machte, war ein ehemaliger Referent. Doch scheinbar wurden die Nachfragen von Alexander Schulz-Klingauf doch eher als nervtötend und zeitraubend empfunden. Absolut persönlich getroffen war Mathias Krüger, nebenbei Vorsitzender der LHG-Gruppe, des Haushaltsausschusses und wiedergewählt. Und ach ja, 35 Lehrstunden pro Woche hatte der angehende Betriebswirt auch noch. Tja, da hat er noch kein AStA-Amt bekleidet. Und nebenbei gesagt: Wir sind alle Studenten. Entweder man nimmt sich Zeit für freiwillige! Nebentätigkeiten oder eben nicht. Und Rechenschaftsberichte etwas genauer zu hinterfragen, dürfte umzusetzen sein. Leider war Studentin Catharina Frehoff nebenbei AStA-Referentin und kaum einer war in der Lage beides auseinander zuhalten, geschweige denn, die Kritik anzunehmen und umzusetzen. Na ja, war auch schon ein wenig spät.
Aber die Sitzungsteilnehmer möchten ernst genommen werden. Absolut ernst! Doch dann sollten sie dafür sorgen, dass wir sie auch ernst nehmen können. Antragssteller wollen nicht das Gefühl bekommen, eine Schleimspur hinter sich herziehen zu müssen, um finanziell unterstützt zu werden. So muss sich radio 98eins seit Jahren mit der Arroganz des StuPa herumschlagen. Dabei passierten auch sie die Grenze zur Unhöflichkeit. Gerade dann sollten unsere Vertreter Ruhe bewahren und Kompetenz zeigen. Natürlich muss die Skepsis bleiben. Das Geld, welches sie verteilen, gehört ihnen nicht. Doch der Ton muss stimmen. Dann kündigt in Zukunft niemand mehr einen Kooperationsvertrag.
Nicht nur die Referenten der Exekutive konnten ihrem Kontrollgremium ein Jahr lang so ziemlich auf der Nase rumtanzen. Dieses rennt immer noch den 300 Euro hinterher, die Sebastian Jabbusch, neues Parlamentsmitglied, seinerzeit als web-Chefredakteur bekam, aber irgendwo in Australien umsetzte. Er scheiterte damals am Aufbau einer Redaktion. Die soll inzwischen vorhanden sein, glaubt man den jetzigen Chefredakteuren Uwe Roßner und Tobias Winkler. Trotzdem fiel nicht auf, dass Inhalte nur sehr selten und hauptsächlich in Form von Kulturbeiträgen oder Pressemitteilungen vom Chefredakteur persönlich auf webmoritz.de erscheinen. Das Layout sieht genauso aus wie Jabbusch es hinterlassen hat. Fast schon regelmäßiger erscheinen Beiträge Roßners in der Lokalzeitung. Wahrscheinlich waren die Kontrolleure zu sehr damit beschäftigt, den Blog des Herrn Jabbusch mit Kommentaren voll zu schreiben. Dieser wird anscheinend gelesen. Vertrauensvoll wurde dem Rechenschaftsbericht geglaubt. Roßner und Winkler wollen ein weiteres Jahr „zeitnah, kritisch und weiterdenkend […] am Puls der Stadt und der Universität“ berichten.
Fortsetzung folgt…
Und damit wahrscheinlich genauso wunderbare Arbeit leisten wie in etwa die Hälfte der 13 Wiedergewählten. Dagegen stehen 14 neu Eingezogene. Doch seit einem Jahr heißt es schließlich: Aus 21 mach 27. Das ist total toll! Dann bekommt jeder, der im Januar Lust auf ein bisschen Hochschulpolitik hatte, einmal die Möglichkeit mittendrin zu sein. Da auch in diesem Jahr lediglich vier Leute mehr auf diese Idee kamen, bestehen gute Chancen für die Nachrücker. Irgendwann wird schon jemand ins Ausland gehen, sein Studium abbrechen oder beenden. Vielleicht bleiben in diesem Jahr bis zum Schluss wenigstens so viele wie das Parlament groß war, bevor die Vergrößerung kam. Später nachrücken wollen auch in diesem Jahr wieder Max Adams und Jörg Stiegmann. Übrigens, auf Platz zwei tummelt sich Juliane Ruschinzik, Freundin von Martin Hackober. Wenn sie dann auch einzieht, braucht er sich keine Fotos mehr anschauen und kann sein, wie in der Vergangenheit gezeigtes, vorhandenes Wissen einbringen.
Ob sich durch einen – dann möglicherweise – Engagierteren etwas ändern wird? So traurig wie es war, wird es – leider – weitergehen. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Geschrieben von Maria Trixa und Björn Buß