Institut für Politikwissenschaft stellt sich quer

Das Wintersemester hat für einige Lehramtsstudenten mit Ärger und Unverständnis begonnen. Betroffen sind Lehramtsstudenten, die seit Oktober 2007 versuchen, einen Schein in der Vorlesung „Einführung in die Politikwissenschaft“ zu erwerben. Denn Dozent Hubertus Buchstein schickte die anwesenden Lehramtsstudenten zum Vorlesungsauftakt nach Hause. Unter ihnen war auch Julia Schöning.

„Wir wurden gefragt, wer alles Lehramt sei“, erinnert sich die Studentin im siebten Semester, „Alle Lehramtsstudenten meldeten sich und Professor Buchstein sagte, dass diese Vorlesung nicht für uns konzipiert sei. Diese Veranstaltung werde nicht für Lehrämter angeboten.“ Obwohl die „Einführung“ eine Pflichtvorlesung für die Politikwissenschaft-Bachelor im ersten Semester ist, kann Julia die Ausschließung nicht ganz nachvollziehen. Schließlich muss sie als Lehramtsstudentin einen Schein in Politikwissenschaft oder Philosophie machen. So steht es in der Lehrerprüfungsverordnung. Außerdem haben im vergangenen Wintersemester auch Lehrämter in der gleichen Vorlesung ihren Nachweis erbracht, weiß die 23-Jährige.  

Mangelnde Kapazitäten

Doch diesmal setzt das Institut für Politikwissenschaft die Möglichkeit für den Erwerb eines Scheines aus. Das liege daran, dass das Institut mit 300 neuen Bachelorstudenten an seine Grenzen stoße, erklärt Professor  Wolf. Das Institut habe aufgrund der hohen Erstsemesteranzahl Kapazitätsprobleme in den Hörsälen selbst und hinsichtlich der Korrektur der Klausuren. Deshalb: „Für uns ist es wichtig, dass wir entlastet werden, da uns die Lehramtsstudenten aufgedrückt werden“, sagt der Direktor des Instituts für Politikwissenschaft.

In der Tat sei der Hörsaal 1 in der Rubenowstraße 1 in der ersten Vorlesungswoche restlos gefüllt gewesen, sagt Julia Schöning. „Viele standen sogar noch draußen, weil überhaupt kein Platz mehr war“, fährt sie fort. Sie berichtet auch vom unfairen Verhalten der Bachelor-Studenten:  „Als wir gebeten wurden zu gehen, haben die gegrölt und geklatscht. Das war nicht nett.“

Viele Lehramtsstudenten äußerten ihr Schein-Problem dem Fachschaftsrat Politikwissenschaft. Deren Vorsitzender Alexander Köcher versicherte, dass das Institut für Politikwissenschaft sich bemüht, eine Lösung zu finden. „Ich bin dagegen, dass das Ganze auf den Rücken der Studenten ausgetragen wird“, meint Professor Wolf und verweist dabei auf das Institut für Philosophie. Für die Lehramtsstudenten bestehe die Möglichkeit, den Schein dort in unterschiedlichen Lehrveranstaltungen zu erwerben.  Das bestätigt Philosophieprofessor Geo Siegwart: „Bei uns werden die Lehrämter, die einen Schein machen wollen, individuell beraten und auf die Breite der Vorlesungen verteilt.“ Es sei bedenklich, dass Studenten gebeten werden eine Vorlesung zu verlassen. Das gehe einfach nicht, so Siegwart.

Verzögerung hat keine Konsequenzen

„Im nächsten Semester geht es wahrscheinlich auch wieder bei uns“, sagt Wolf, „Ich würde dann meine Vorlesung ‚Einführung in die Internationalen Beziehungen’ für Lehrämter öffnen.“

Mittlerweile sitzen einige von Julias Kommilitonen in der Vorlesung „Internationale Organisationen“.  In der Zeit hat Julia Schöning andere Veranstaltungen – Pflichttermine. Wie viele Lehrämter muss sie den Schein dann später nachholen. „Der Schein ist zwar nicht das Wichtigste. Aber mit der Zeit stapeln sich viele Pflichtveranstaltungen und es kommt zu Überschneidungen“, erklärt Julia. Das führe automatisch zu einer Verschiebung des Studiums. Allerdings: Eine Verzögerung der Regelstudienzeit, die nicht durch eigenes Verschulden entstanden ist, ziehe keine Konsequenzen seitens des Prüfungsamtes nach sich, versichert Professor Uwe Feiste, Leiter des Lehrerprüfungsamtes. Am meisten ärgert Julia, dass nirgends konkret im Vorlesungsverzeichnis steht, welche Veranstaltungen angehende Lehrer besuchen können. „Es sollte daher konkrete Kurse nur für Lehramtsstudenten geben“, fordert sie. Christian Ahlrep vom Fachschaftsrat Germanistik stößt in dasselbe Horn. Damit sei sichergestellt, dass der Schein erhalten bleibt. Denn: „Wenn Lehramtsstudenten keinen Schein mehr in Politikwissenschaft oder Philosophie erwerben können, leidet darunter die Qualität der Lehrerausbildung“, meint Ahlrep. „Wir wollen den Schein erhalten und haben dazu eine Bedarfsliste in unserem Institut ausgehängt.“ Zurzeit befinden sich 13 Namen auf dieser Liste. Hintergrund ist eine Diskussion um die Notwendigkeit des Scheinerwerbs in der Politikwissenschaft oder Philosophie, die während der Fachschaftsversammlung der Germanisten am 1. November 2007 geführt wurde.

Geschrieben von Benjamin Vorhölter