Im Greifswalder Theater läuft momentan die Bühneninszenierung des Romans ?Misery? vom amerikanischen Horror-Meister. Tiefgehender als das Buch und der Film, lässt das Stück von Simon Moore den Zuschauer nachdenklich zurück.

?Misery? ist einer der Horrorromane Stephen Kings, in denen er wie immer versucht, die Ängste des Lesers zu wecken. Die Geschichte ist schnell erzählt: Der erfolgreiche Autor Paul Sheldon verunglückt bei einem Autounfall in der Wildnis. Er wird von Anni Wilkes gerettet, einer ehemaligen Krankenschwester und eine seiner größten Fans. In einem abgelegenen Haus verarztet sie ihn erst, wandelt sich dann aber völlig, als sie liest, wie Paul ihren Lieblingscharakter sterben lässt. Dies ist der Auftakt zu einer Geschichte, die von den Ängsten des vollkommenen Ausgeliefertseins erzählt.

Das Stück von Simon Moore hält sich an die Romanvorlage, genau wie die Verfilmung. In der deutschen Fassung von Frank Küster geschrieben, wurde es für das Theater Vorpommern von Tobias Sosinka inszeniert. Die Szenerie wechselt nicht und die Handlung findet hauptsächlich in Paul Sheldons Zimmer statt. Dort liegt er ans Bett und später an den Rollstuhl gefesselt, und lässt den Zuschauer die kranke Liebe Annies miterleben, genauso wie seine eigenen Ängste, Schmerzen und die Verzweiflung.

Die beiden Schauspieler überzeugen derart, dass man am Ende der Vorstellung noch längst nicht mit seinen Vorstellungen am Ende ist – sie regt einen zum Nachdenken an, wie es das Buch und der Film nicht vermögen. Man erlebt es weniger als Unterhaltung, stattdessen entdeckt man Anklänge einer Gesellschaftskritik.
In diesem Zusammenhang spannen die Einführung und der Schluss einen schönen Bogen. Dort wird anhand zweier Reden Pauls deutlich, dass ihn sein Roman zwar reich gemacht hat, er diesen jedoch hasst und verachtet. Die Ironie der Anni Wilkes, die in seinen Romanen die heile und kitschige Welt erlebte, die sie selbst nie hatte, wird somit umso beißender: Paul Sheldon hat die Frau, die ihn beinahe umbringt, mit einem Werk erschaffen, das er aus unmoralischen Gründen schrieb. Paul ist Opfer seiner eigenen Falschheit geworden – und so stellt sich die Frage, wer nun das wirkliche Opfer in dieser Geschichte ist.

Wenn man dieser Interpretation folgen möchte, kann man das wohl als die ?Moral? des Stückes beschreiben. Moore hebt es somit auf eine ganz andere Ebene, nämlich weg von der Angst sowie dem Horror-Genre und hin zum moralischen Lehrstück. Damit hat er durchaus ein bewahrenswertes Stückchen Kunst geschaffen, dem man Aufmerksamkeit zollen sollte.Geschrieben von Daniel Förster