Der Beitrag „Leere Stühle in der Germanistik“ sorgte für Aufruhr und geteilte Ansichten bei Studierenden und Dozenten im Institut für Deutsche Philologie. Kritisch angemerkt wird die einseitige Betrachtung der aufgetauchten Probleme. Professor Jürgen Schiewe (Lehrstuhl für Germanistische Sprachwissenschaft) äußert seine persönliche Meinung – nicht die des Instituts – zu den aufgeworfenen Behauptungen.

moritz: Wie stehen Sie zu der Aussage: „Man muss an dieser Uni momentan regelrecht betteln, um studieren zu können“?
Professor Jürgen Schiewe: Der Ausdruck „betteln“ ist sicherlich nicht zutreffend. Dass es Engpässe gibt, wissen wir auch vom Institut aus, aber betteln muss man nicht. Es gibt genaue Regeln dafür, wie Plätze in den Kursen, die überbelegt sind, vergeben werden. Darüber ist auch mit dem Dekan gesprochen worden. Die Studierenden haben grundsätzlich ein Recht auf einen Platz in einem Seminar, sofern sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Dort, wo die Plätze begrenzt sind, verfahren wir, wie es in allen anderen Fächern und in allen anderen Universitäten auch üblich ist, nach genauen Kriterien.

moritz: Stimmt es, dass immer dieselben Vorlesungen angeboten werden?
Schiewe:  Das hängt eindeutig mit der Einführung der Bachelor- und Master-Studiengänge zusammen. In diesen Studiengängen sind alle zwei Semester die gleichen Module anzubieten. Und diese Module müssen mit bestimmten Veranstaltungen ausgestattet werden, weil sie in ihren Inhalten und Qualifikationszielen genau umrissen sind.
Ich halte es in manchen Fällen auch durchaus für sinnvoll, Vorlesungen regelmäßig anzubieten. Beispielsweise ist unsere mit der Mediävistik konzipierte Vorlesung über die Sprachgeschichte, die Dr. Karin Cieslik und ich machen, ein neues Projekt, das wir in Zusammenarbeit auf die Beine gestellt haben. Wir sind davon überzeugt, dass jeder Studierende der Germanistik im Grund- oder Hauptstudium einmal in seiner Studienzeit diese Vorlesung gehört haben sollte.

moritz: Kann die Kommunikation zwischen Institut und Prüfungsamt verbessert werden?
Schiewe: Wir bemühen uns, den Studierenden in den Veranstaltungen deutlich zu machen, dass es auch innerhalb des B.A.-Studiengangs einen konsekutiven Aufbau gibt. Das ist fachlich begründet, weil wir sagen: Zunächst einmal müssen die Grundlagen gelegt und abgeprüft werden. Erst dann kann man darauf das weitere Studium aufbauen. Ich gebe zu, dass die Kommunikation verbessert werden kann, aber es liegt eigentlich weniger an einer schlechten Kommunikation zwischen Prüfungsamt und Institut, als an einer Information gegenüber den Studierenden, die vielleicht noch nicht umfassend genug ist. Wir müssen den Studierenden im B.A.-Studiengang offenbar noch deutlicher die Konzeption des  Studienganges erklären.

moritz: Verbessert sich das Lehrangebot im kommenden Wintersemester?
Schiewe: Der Umfang des Angebots wird sich in der Sprachwissenschaft nicht verändern, weil wir dort momentan auch nicht mit personellen Veränderungen rechnen.
Für die Neuere Literaturwissenschaft ist beantragt worden, dass Dr. Sigrid Nieberle auch im Wintersemester den Lehrstuhl vertritt. Zudem wird Prof. Herbert Jaumann aus dem Freisemester wiederkommen, so dass wir eine deutliche Verbesserung haben werden.
In der Mediävistik wird es aus finanziellen Gründen keine Vertretung geben können. Aber Dr. Gesine Mierke wird eine Reihe von Veranstaltungen zusätzlich übernehmen, so dass das in den Studienordnungen ausgewiesene Pflichtangebot realisiert wird.
Es gibt also eine gewisse Reduktion des Angebots, das kann ich nicht leugnen, aber die Reduktion sieht keineswegs so aus, wie es im Artikel dargestellt wurde, dass angeblich „fast die gesamten Veranstaltungen für das Hauptstudium“ gestrichen würden.

Geschrieben von Alina Herbing und Cornelia Bengsch