Seit die Nationalsozialisten den ″Tag der Arbeit″ 1933 zum gesetzlichen Feiertag erklärt hatten, gehen alljährlich alle Bevölkerungsschichten auf die Straße, um ihrem politischen Willen Ausdruck zu verleihen. Friedlich, bewusst und bestimmt sollten die Demonstrationen sein. Ohne Angst vor staatlichen Repressionen und ohne Druck. Nachdem 1987 ein Brandstifter einen Bolle-Supermarkt niedergebrannt hatte und die Tat der linken Szene zugeschrieben wurde, hat sich das Bild des 1. Mai jedoch ergreifend geändert. Seitdem wird der 1. Mai mit Chaos und Zerstörung gleichgesetzt, da linke und autonome Extremisten seit 20 Jahren ihre politischen Forderungen in rohe Gewalt umsetzen.
Der 1. Mai 2007 in Neubrandenburg scheint indes eine neue Entwicklung zu beschreiben. Eine Entwicklung, die vor zwei Jahren begann und die allem Anschein nach zu mehr politischer Meinungsäußerung, mehr Festlichkeit und weniger Gewalt führt.
Der Demonstrationszug der NPD, der gegen 12:00 Uhr begann, konnte im Wesentlichen ungestört verlaufen. Die Route verlief im Randbereich Neubrandenburgs und wurde angeführt vom Landesvorsitzenden der NPD in Mecklenburg-Vorpommern Udo Pastörs.
Die linke Szene sammelte sich um 10:00 Uhr und versuchte, den Zug der NPD bis zu dessen offiziellem Ende um 20:00 Uhr zu stören oder gar zu verhindern. Außerdem marschierte die ‚Front Deutscher Äpfel‘ zwischen 11:00 Uhr und 12:00 Uhr, um lautstark und satirisch die nationale Ideologie zu karikieren.
Die Demonstration der NPD wurde von der linken Szene so beeinflusst, dass teilweise die Marschroute geändert werden musste, da Sitzblockaden ein Weiterkommen der NPD verhinderten. Um ca. 16:00 Uhr wurde die Demonstration der NPD beendet. Die Mitglieder der rechtsorientierten Partei wurden unter Polizeischutz zum Bahnhof geführt und geschützt, bis sie abfuhren.
Damit war der 1. Mai in Neubrandenburg insgesamt ein sehr ausgewogener, kaum gewaltreicher Protesttag. Die Demonstranten hatten, bis auf gelegentliche Störungen und Routenänderungen, Gelegenheit, ihre politische Meinung kundzutun. Die Polizei hat sich vollständig zurückgenommen und verfolgt weiterhin die seit einigen Jahren angewandte Strategie der Passivität und Streitschlichtung. Eingegriffen wurde nur in wenigen Fällen, polizeilicher Gewahrsam nur in besonderen Situationen ausgesprochen.
Negativ fielen vor allem die neubrandenburger Bürger auf, weil sie sich kaum am Protest gegen die NPD beteiligten. Einzig die Stadt brachte ihren Protest zum Ausdruck, indem sie versuchte, den Demonstrationszug der NPD zu verbieten und sich durch ein Banner am Rathaus eindeutig von der rechten Szene distanzierte.
Der 1. Mai wurde ein offizieller Feiertag, damit sich jeder deutsche Bürger an der politischen Willensverkündung beteiligen konnte und in der Lage war, für seine Interessen zu demonstrieren, egal welche Interessen er vertritt. In der vergangenen Zeit ist dieses Bild stark ins Wanken geraten. Es kommt jetzt darauf an, dass alle Deutschen den derzeitigen Trend der friedlichen Demonstration aufrecht erhalten, damit in Zukunft alle Bürger ihre politischen Interessen auch verkünden wollen, und nicht nur können.
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