„Die Oberläche“ feiert Uraufführung

Wenn alle den Mund öffnen und reden, scheinbar einander zuhören, viel eher Monologe vor sich her sagen, dann ist die Verändigung gestört. Das Gehör funktioniert einwandfrei, doch der Kopf ist nicht in der Lage aus seiner subjektiven Weltsicht herauszutreten und sich im Umgang mit anderen Menschen Mühe zu geben. Das richtige Gespräch will halt gelernt sein. Viel schlimmer aber, wenn verlernt wurde sich an die Vorraussetzungen gelungener Kommunikation zu halten.

 Vom Zustand auszugehen, das die Figuren im Stück „Die Oberfläche“ noch nie funktionierende Konversation betrieben ganz zu schweigen. Die Personen, durchnumeriert, weil nicht benannt, stehen symbolisch für die gesamte gesellschaftlichen fehlerhafte Kommunikation. In Zeiten immer neuerer technischer Spielereien der Übermittlung von Gedanken, Interessen und Wünschen stellt der polnische Autor Szymon Wróblewski in seinem Schauspiel eine Familie in den Vordergrund, die aufgrund vom falschen Zuhören, Hineininterpretieren in die Aussagen anderer zu Grunde geht. Vater und Mutter unterbrechen sich regelmäßig. Inhaltlich interessieren sich beide ebenfalls nicht für einander. Die Tochter steht zwischen den Stühlen. Einmal von der Mutter falsch verstanden, fällt sogleich das Beil des Henkers über den Vater. Der Vorwurf lautet Missbrauch der eigenen Tochter. Dem Beobachter ist nicht klar, ob das nicht gesehene, sondern nur von den Figuren ausgesproche wahr ist. Vielleicht fehlt es einem selbst an der Fähigkeit zuhören, besser verstehen zu können. Dies ist durch den Autoren beabsichtigt. Ein Blick in den alltäglichen Spiegel der menschlichen Monologe scheint „Die Oberfläche“ zu sein. Nur das Timing der Darstellenden auf der Bühne lässt sich außerhalb der Bühne nicht finden. Um zu wissen, wann der Einsatz des eigenen Selbstgesprächs trotz Zuhörender beginnt und endet, dazwischengesprochen werden kann, ist nicht einfach auswendig lernbar. Die einzelnen Rollen müssen verkörpert werden. Und sind.

Geschrieben von Björn Buß