Die Ampel auf der physikalischen Fakultät steht seit dem 22. Dezember wieder auf Grün. Doch was heißt das? Und was bedeutet das für uns Greifswalder und den Rest der Welt?

Es gibt Dinge, die scheinen einfach nicht zu passen.
Man kann sie sich noch und nöcher zu Bewusstsein führen und versuchen, mit Logik an die Dinge heranzugehen, aber es will einem einfach nicht gelingen.
Dazu zählen Fokuhilas und das neue Jahrtausend; ein Deutschland, das geschlossen hinter seiner Nationalelf steht und dann gibt es da noch das Wetter im All.

Was genau ist das Weltraumwetter und was hat es mit der Ampel auf der physikalischen Fakultät zu tun?

Weltraumwetter ist der zusammenfassende Begriff für alle Phänomene, die im Weltall auftreten können. Dazu zählen z.B. Meteoritenschwärme, Teilchenstürme und Kometen.
Von allen Phänomen des Weltraumwetters betrifft uns eines am stärksten: Sonnenwinde.
Sonnenwinde entstehen durch Eruptionen auf der Sonnenoberfläche, durch die wolkenähnliche Gebilde, bestehend aus Plasma und geladenen Teilchen, fortgeschleudert werden.
Nicht selten kommt es vor, dass eine dieser Wolken auf ihrem Weg durchs All die Erde passiert. In solchen Fällen wird das Leben dort zum Teil erheblich beeinflusst.

Die Universität Greifswald nimmt seit Anfang 2005 unter der Leitung von Dr. Jansen an einem in Europa einzigartigen Projekt teil: Die Erfassung von Daten über Sonnenwinde und solare kosmische Strahlung, und Voraussagen über das Eintreffen von Sonnenwinden auf unserer Erde. Das Projekt wurde von der ESA, der europäischen Raumfahrbehörde, gestiftet und besteht im Wesentlichen aus einem Teleskop, MuSTAnG* genannt. Dieses misst die von der Sonne fortgeschleuderten Teilchen und vergleicht sie mit der üblichen Teilchenanzahl. Daraus kann geschlossen werden, wie schnell sich eine solare Materiewolke der Erde nähert. Außerdem ist MuSTAnG ein Frühwarnsystem, da es zeitig erkennen kann, ob eine Wolke in Erdnähe gelangt.
Mit Hilfe des MuSTAnG-Teleskops ist es möglich, 20-24 Stunden vor Eintreffen der Wolke mögliche Prognosen zu stellen (zum Vergleich: Satelliten gelängen eine solche Prognose erst eine bis anderthalb Stunden vor Eintreffen der Wolke).

Dr. Jansen, physikalische Fakultät

Die Universität Greifswald betreibt mit drei weiteren Städten ein Netzwerk, um bestmögliche Ergebnisse zu erziehlen und einen möglichst großen Erdradius abzudecken. Diese Partnerstädte sind Matsumoto, Japan, Hobart, Australien und Sao Martino, Brasilien.

Doch warum sind die Sonnenwinde von solcher Bedeutung? Sonnenwinde, bzw. die in ihnen mitgeschleuderten geladenen Teilchen, können zum Teil erheblich auf unser Leben Einfluss nehmen. So ist 1989 in Québec, Kanada, für neun Stunden der Strom ausgefallen, weil ein Teilchensturm die Stromleitungen überlastet hat und in der Folge reihenweise Transformatoren abgebrannt sind. Im gleichen Jahr konnte man in Berlin Polarlichter sehen. 1997 musste die US-Amerikanische Firma AT&T einen Verlust von USD 135 Millionen verzeichnen, weil ein magnetischer Teilchensturm die Elektronik eines erst drei Jahre alten Satelliten zerstört hatte.
Das Weltraumwetter beeinflusst uns ununterbrochen. Sei es in der Luftfahrt, in der Telekomunikation, in der Stromversorgung oder in anderen Bereichen. Trifft ein Sonnenwind die Erde, ist die Beeinflussung jedoch um ein Vielfaches stärker und nimmt in vereinzelten Fällen dramatische Ausmaße an.

Um der Greifswalder Bevölkerung unmittelbar Ergebnisse und Prognosen mitzuteilen, wurde auf dem Dach der physikalischen Fakultät die Weltraumwetter-Ampel installiert. Steht die Ampel auf Grün, ist die Sonnenaktivität gering. Steht sie auf Gelb, hat sich eine Wolke aus Plasma und Teilchen von der Sonne gelöst und ist möglicherweise auf dem Weg zu Erde. Steht die Ampel auf Rot, hat die Wolke die Erde erreicht.

Wenn die Ampel also wieder mal auf Rot steht, sollten alle Greifswalder des Nachts mal aus dem Fenster sehen: Bei schweren Sonnenwinden können auch im nördlichen Deutschland Polarlichter auftreten.

*Muon Spaceweather Telescope Anomaly Greifswald

Geschrieben von Tobias Winkler