Angelia Maccarones „Verfolgt“

Es handelt sich um eine Liebesgeschichte der skurrilen, aber nicht witzigen Art. Die beiden Protagonisten wären schon unter normalen Umständen ein komisches Paar. Elsa, Mitte 50, ist beruflich erfolgreich und lebt zusammen mit ihrem Mann in einem Hamburger Vorstadthäuschen.

Ihre Erscheinung weist deutliche Spuren des Alters auf. Jan, 16 Jahre alt, ist gerade auf Bewährung aus der Haft entlassen worden und mutterseelenallein. Mit seinen dunklen Locken und dem melancholischen Blick wäre er die optimale Besetzung für eine britische Indie-Hype-Band.
Aber Elsa ist Jans Bewährungshelferin. Jan ignoriert die für ihn in dieser Konstellation vorgesehenen Rolle. Statt ohnmächtig abzuwarten, ergreift er die Initiative und beginnt, Elsa zu beschatten. Immer unverholener bietet er ihr seine sexuelle Unterwerfung an. Elsa ist zunächst irritiert, lässt sich aber schließlich auf das Wagnis ein. Der Film schildert sehr sensibel, wie die beiden in einen sexuellen Kosmos gezogen werden, der unabhängig von ihren Lebenswelten zu existieren scheint. Hier kann Elsa sich von den institutionellen Fesseln der Bewährungshilfe befreien und ihren autoritären Impetus schlagend und befehlend zelebrieren. Auch Jan intensiviert die ihm in der Lebenswelt zugedachte Rolle als Objekt der staatlichen Hilfestellung, indem er sich gehorsam und geduldig unterwirft.
Diese gefühlvolle Inszenierung der Sehnsüchte von Jan und Elsa wird wiederholt mit brutalen Szenen aus dem wirklichen Leben kontrastiert. Jan treffen die üblichen Pubertätsprobleme doppelt hart: er lebt unverstanden in einer WG mit anderen jugendlichen Straftätern. Elsas Ehe kann man förmlich beim Zerbröseln zusehen. Langsam gerät alles außer Kontrolle. Das Ganze in Schwarzweiß und preisgekrönt (Goldener Leopard beim Cinéastes du Présent in Locarno 2006). Diese Liebesgeschichte, man ahnt es schon, kann einfach nicht gut ausgehen… .   

Geschrieben von Philip Rusche