Raoúl Ruís’ „Klimt“

Ein Spiegel zerbricht. In den Scherben zeigt sich die illustre Gesellschaft in Wien um 1900 – ein Maskentheater. Ein „Star“ auf dieser Bühne ist Gustav Klimt (1862-1918) (in gewohnter Perfektion: John Malkovich). Von vielen in ihrer Doppelmoral als Provokateur verdammt, lebt er dennoch mit ungebrochenem Selbstbewusstsein unter den Fittichen nobler Gönner. Seinen unzähligen, freizügigen Modellen steht eine ebenso undefinierte Zahl von oft schon vergessenen Kindern gegenüber. Die „offizielle“ Lebensgefährtin Midi (Veronica Ferres) duldet dies schwermütig. Als Klimt mit der mysteriösen Lea (Saffron Burrows) bekannt gemacht wird, beginnen die Grenzen von Fiktion und Realität zu verschwimmen… .

Der chilenische Regisseur und Drehbuchautor Raoúl Ruíz besaß nicht den Anspruch, ein biographisches  Malerporträt zu schaffen. „Klimt“ ist ein im Gewand eines filmischen Kunstwerkes gehülltes Gesellschaftsporträt: alles scheint in goldene Farben gehüllt und vom teilweise hypnotisierenden Tanz der Kamera beschwingt, haptisch zu sein – und ist gleichzeitig nur Allegorie, wie der verwahrloste Soldat, der in die mondäne Kaffeehaus-Atmosphäre stürmt und von der Weltkriegsfront berichtet.
Dem Ende nähernd sitzt der Zuschauer zusammen mit Klimts  Meisterschüler Egon Schiele (Nikolai Kinski) am Sterbebett des syphilliskranken Künstlers und gleichzeitig in einer ganzen Epoche.
Wem das Werk zu viele Fragen aufwirft, dem werden einige mit dem „Making of“ beantwortet. Diese offenbaren auch nicht verwendete Szenen, die man dem DVD-Käufer noch als „Extra“ hätte gönnen können.

Geschrieben von Arvid Hansmann