Studiengebühren sind nicht allein in der Diskussion um die Ausstattung von Hochschulen zielführend.

Studiengebühren sind nicht die einzige Möglichkeit, die materielle und personelle Situation an den Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland zu verbessern. Abgesehen von den Privatuniversitäten iegt die finanzielle Ausstattungen von Hochschulen in der öffentlichen Hand.

Irreversible?

„Wenn Studiengebühren vermieden werden sollen, müßte es insgesamt wie vor Kurzem weitergehen“, sagt Rektor Rainer Westermann. „Der Staat finanziert die Bildung zu fast 100 Prozent.“ Die fast landesweite Einführung von Studiengebühren spricht eher dagegen. Unklar bleibt dabei, ob die volle Summe eingezogen werden kann und welcher Anteil davon überhaupt in den Bildungsbereich fließt. „Studiengebühren sind abzulehnen, da sie Haushaltslöcher stopfen sollen und nicht für die Verbesserung der Studienbedingungen eingesetzt werden müssen“, sagt Kathrin Berger, Präsidentin des Studierendenparlaments. Zudem hätten sie für Studieninteressierte eine eher abschreckende Wirkung.
Bisher ist allerdings offen geblieben, woraus die schwieirge Lage des  allgemeine Haushalts resultiert. Die überregionale Berichterstattung in den Medien in diesem Sommer und der gleichzeitige politische Diskurs boten kaum Alternativen zum Thema Studiengebühren. Dabei gibt es genügend Konzepte, die bei einer Überprüfung zur Verfügung ständen.

Abbaubar?

Eine leichte Forderung ist der Abbau von Bürokratie innerhalb von Hochschulen. „Das wäre eine Alternative, wenn die eingesparten Mittel eins zu eins in die Lehre fließen würden“, meint Christian Bäz, AStA-Referent für Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit. Dagegen spricht sich Prof. Rainer Westermann aus. „Das würde den bisherigen Service für die Studierendenschaft verringern und abgesehen davon bei Weitem nicht ausreichen.“ Greifswald hätte bereits jetzt eine kleinere Verwaltung als alle anderen Universitäten.

Abgelehnt

Doch nicht dies allein wäre für die Alma Mater günstig. Eine Privatisierung lehnt Rainer Westermann ab. „Dann könnte man die Uni gleich zu machen.“ Der Gesamtetat von 80 Millionen Euro ließe sich seiner Meinung nach nicht durch private Mittel aufbringen. Zudem: „Keiner würde so viel Geld reinstecken.“

Zweckgebunden

Nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geht auch das Konzept Fundraising nicht  auf. Die Beschaffungen von freiwilligen Spenden sieht Sabine Große-Aust, Leiterin des Fundraising- und Alumni-Büros der Ernst-Moritz-Arndt Universität kritisch. „Das bringt allein nicht genug Geld ein, um als Alternative von Studiengebühren zählen zu können.“ Die eingeworbenen Mittel müßten projektbezogen eingesetzt werden. Dann dürften die acquirierten Gelder beispielsweise nur für die Bestuhlung eines Hörsaals verwendet werden.  

Nachgefragt

Für die Verbesserung der  Arbeit innerhalb von Fakultäten und an Instituten böte sich eine vergleichende Evaluierung an.  Per Fragebogen oder Mausklick lassen sich Daten zu Veranstaltungen erheben. Im Bereich der Medizinischen Fakultät gehört dieses Instrument in Greifswald bereits zum Alltage (siehe moritz Nr. 58 „Erfüllter Erstwunsch“). Ständige Bewertung und die Veröffentlichung der erhobenen Daten vermag Konkurrenz innerhalb einer Hochschule oder im Vergleich zu anderen, den Wettbewerb fördern.

Konkurrenz

Die gegenwärtige Veränderung der Hochschullandschaft in Mecklenburg-Vorpommern bietet keine leichte Ausgangssituation für den bundesweiten Leistungsvergleich. Gerade die erste Runde der Vergabe der Bezeichnung „Eliteuniversität“ machte deutlich, wie gut sich das seit den 50-iger Jahren in Bayern angelegte Geld für Bildung auszahlte. „Hier hätte unsere Uni einen erheblichen Nachteil, weil andere schon viel weiter sind als wir“, meint Christian Bäz, AStA-Referent für Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit.

Zu wenig

Das Budget gemäß der Entwicklung von Fakultäten zu verteilen, sieht er insbesondere für Greifswald kritisch. „Die Fakultäten haben selbst auch zu wenig Geld.“ Die Reduzierung von Stellen hält der Referent für Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit für bedenklich. „Wenn Stellen frei gemacht werden, dann geht das zu Kosten der Lehre.“ Dies sollte in jedem Fall vermieden werden.

Zurückgelegt

Das Modell der Studienkonten ist ein altes. 1989 wurde es in Australien unter dem Titel Higher Education Contribution Scheme (HECS) etabliert. Dem Studierenden wird dabei ein zinsloses Darlehen gewährt, das erst ab einem bestimmten Mindesteinkommen zurückgezahlt werden braucht.
Als eine Sonderform von Studiengebühren werden sie in Deutschland schon lange diskutiert. Bereits 1955 erwähnt der US-amerikanische Ökonom Milton Friedman Studienkonten sie in einem Aufsatz und  stellen dabei nur eine Sonderform von Bildungsgutscheinen dar. Grundsätzlich wird dabei von einem gebührenfreien Studium für jeden Studienanfänger ausgegangen. Bei gleichzeitig für Staat und Gesellschaft begrenzten zur Verfügung stehenden Ressourcen greift die finanzielle Selbstbeteiligung für Studierende nur, wenn diese für den Einzelnen erschöpft sind. Das trifft zum Beispiel bei der Überziehung der Regelstudienzeit zu.
In Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen wurden sie bereits eingeführt. Hierbei verringern die an einer Universität besuchten  Veranstaltungen das Konto des jeweiligen Inhabers. Gemäß einer Regelung der Abbuchung und einer festgelegten Regelstudienzeit greifen bei einem leeren Konto Studiengebühren. Allerdings wurde dieses Modell in Nordrheinwestfalen dieses Modell nach der allgemeinen Einführung von Studiengebühren abgeschafft. Betrafen Studienkonten finanziell schwach ausgestattet Studierende in einer Form der Langzeitstudiengebühr, greift die gegenwärtige Regelung für alle direkt.

Verträglich?

Den sozialen Aspekt von Studiengebühren sieht der Vorsitzende des Allgemeinen Studierenden Ausschuss (AStA) Alexander Gerberding nicht. „Studiengebühren jeglicher Art sind abzulehnen.“ Die Bundesländer müssten ihrer Verantwortung für die Bildung auch in Bereich Hochschule endlich gerecht werden und erkennen, wie wichtig eine auskömmliche staatliche Finanzierung des Bildungssystems sei. Staat und Gesellschaft profitieren schließlich von akademisch ausgebildete Bürger. „Diese Ausbildung jeder und jedem zu ermöglichen“, so Alexander Gerberding, „geht nur über ein gebührenfreies Studium.“

Beschlossen

Der am 6. November 2006 von SPD und CDU unterzeichnete Koalitionsvertrag sieht von Studiengebühren in Mecklenburg-Vorpommern für ein Erststudium nicht vor. Zudem werde die bundespolitische Entwicklung beobachtet.  Damit bekräftigt das Bundesland im Grundsatz, sein maßgebliches Entwicklungspotential in Wissenschaft, Forschung und Hochschulen zu sehen. „Mecklenburg-Vorpommern braucht Studierende“, so Kathrin Berger. „Sie sind ein großer Wirtschaftsfaktor für das Land.“ Dennoch wird es sich zeigen, wie lange dem Druck der anderen Länder standgehalten wird und werden kann. Träte der Fall der Einführung ein, ist sich Kathrin Berger sicher: „Viele müßten hierzulande abbrechen, weil sie es finanziell nicht tragen könnten.“

Geschrieben von Uwe Roßner, Maria Trixa