Das Institut für Anglistik/Amerikanistik zum Unijubiläum
Entläßt eine Aktiengesellschaft Mitarbeiter, freuen sich die Vorstandsmitglieder und verkünden den Aufschwung, den – insgeheim als „collateral profit“ verbucht – auch ihr eigenes Depot nehmen wird. Ähnlich mutet die zur Schau gestellte Hausse an, die mit dem 550er Jubiläum an der Universität Greifswald Einzug gehalten hat. Man feiert sich, und wie es sich für eine Feier großen Stils gehört, werden den höheren Mächten Opfer dargebracht.
Was aber, wenn der aufsteigende Rauch verpufft ist? Nun, der Futures-Index läßt verheißungsvoll Zukunftsmusik erklingen – wenngleich nicht für alle.
Im Verbund mit der Greifswalder Universitätsleitung „bereinigt“ derzeit die Landesregierung ihr Portfolio der Hochschulbildung und opfert im Jubiläumsjahr durch Jahre des Erfolgs gehärtete Werte, darunter das derzeit noch voll funktionsfähige Institut für Anglistik/Amerikanistik.
Als im 19. Jahrhundert die Universitäten gründlich nach Humboldtschen Maßstäben reformiert wurden, nahmen die an den Philosophischen Fakultäten versammelten Disziplinen einen ungekannten Aufschwung. Nicht zuletzt der philologische Bereich erstarkte in einer Weise, die in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zu einer Diversifizierung und zur Etablierung neuer Fächer führte. Damals gelang es der Universität Greifswald, nicht nur mit der allgemeinen Entwicklung mitzuhalten, sondern – zumindest punktuell – Vorreiterin zu sein. Die Einrichtung ordentlicher Lehrstühle für die modernen Philologien Romanistik und Anglistik im Jahr 1881 gehörte dazu und war angesichts der Bedeutung dieser Fächer sowie der durch sie vertretenen Sprachen im folgenden Jahrhundert zukunftsweisend. Es ist dies nicht der Ort, die mit den in der Folge etablierten Instituten verbundenen Namen herausragender Forscher und Hochschullehrer im einzelnen aufzuführen – dafür wird andernorts Gelegenheit sein. In der jüngsten Vergangenheit, und bislang noch immer, gehört das Institut für Anglistik/Amerikanistik mit ca. 800 Studierenden zu den studentenstärksten Einrichtungen der Universität. Die hier ausgeübte Lehre und Forschung und die auf beiden Gebieten erfolgreich etablierten langjährigen internationalen Kontakte haben die Universität stets bereichert. In Zeiten, wo die allgemein prekäre Lage bereits der ordentlichen Abwicklung des regulären Lehrbetriebs zunehmend engere Grenzen setzt, verbuchen wir dies durchaus als Erfolg. Dennoch soll das Institut im 125. Jahr seines Bestehens nach den Maßgaben des Landes und der Universitätsleitung jedoch keine Option auf Zukunft mehr erhalten und kurzerhand wesentlich dezimiert, potentiell gar ganz abgeschrieben werden.
Die ProfessorInnen, MitarbeiterInnen und Studierenden der Anglistik/Amerikanistik begegnen diesen Plänen jedoch nicht in stillschweigendem Einverständnis. Nach einer Vielzahl von Protestaktionen in der Vergangenheit, die durch zahlreiche Unterstützer aus dem In- und Ausland mitgetragen wurden, werden wir die erfolgreiche Arbeit des Instituts und seiner noch existenten Teilbereiche mit einem Fest würdigen. Noch einmal – zum letzten Mal? – wollen wir so die Rolle des Instituts innerhalb der Philosophischen Fakultät, für die Universität sowie für den Unistandort Greifswald vor aller Augen und für alle Ohren deutlich machen. Daher laden wir all diejenigen herzlich zu einem Straßenfest ein, die sich dem Institut, seinen Mitarbeitern und Studierenden verbunden fühlen und die wie wir nicht verstehen, daß eine auf Internationalität setzende Universität im 21. Jahrhundert darauf verzichten will, die englische Sprache und die Literatur und Kultur Großbritanniens und Nordamerikas in einer angemessenen und notwendigen Breite zu erforschen und zu lehren.