Mucker und Starrer, das war Heinz Strunk, wenn man ihm das alles so glauben darf, fast sein ganzes Leben lang. Er tingelte mit „Tiffanys“, einer Showband, durch das norddeutsche Umland seiner Heimat Hamburg-Harburg. Davon und vom Starrertum handelt sein Buch „Fleisch ist mein Gemüse“.

War er nach einer mehr als anstrengenden Kindheit mit „Tiffanys“ unterwegs, so waren es immer Leiden und Glauben zugleich, diesein Leben bestimmten. Leiden unter der Verachtung, die jeder mühelos für so eine Showband aufbringen kann. Glauben daran, dass einem irgendwann doch einmal etwas Gutes widerfahren müsste. Es lässt auf sich warten.
Strunks ganz persönliches Elend zieht sich durch das komplette Buch. Er ist intelligent und trotzdem verloren. Der Leser schließt den selbsternannten Starrer Heinzer in sein Herz, so mitreißend klagt und verachtet er zugleich. Man winselt, man geifert, man keift und man liebt mit Heinzer, wenn er einem von Kasinoeskapaden, Alkoholleichen, Fickspechten und immer wiederkehrend von den Biestern erzählt. Auch der vom Gesundheitswahn entnervte wird hier bedient: „Der Mensch ist kein Beilagenesser“. Jede Szenerie wird der eigenen Imagination so treffgenau beschrieben, dass man ihn – die Musikkellerluft schon fast riechend – noch einmal durch sein Leben begleitet.
Zu einem der unterhaltsamsten Momente zählt die Definition des Starrers. Starrer „empfinden jede halbwegs attraktive Frau gleichzeitig als Provokation und als Demütigung.“ Und: „Starrer stehen auf der alleruntersten Stufe der sexuellen Hierarchie, sie sind das ausgemusterte Subproletariat.“ Den weiteren Ausführungen zum Thema Starrer stellt er sein großartiges Gedicht „Stupor“ hintenan, das zwar nicht durch Zurückhaltung glänzt, dafür aber bei jedem mit eigenem Erfahrungsschatz für brüllendes Lachen sorgt.
Abwechslungs-reich, wortgewandt, jedoch nicht abgehoben und mit gnadenlosem Brechreizsarkasmus prügelt Strunk den Leser durch sein Leben. Pessimismus wird zum Lebensstil. Nicht freiwillig, dafür aber umso nachvollziehbarer.

Das Taschenbuch „Fleisch ist mein Gemüse“ von Heinz Strunk ist im Rowohlt Verlag erschienen und kostet 8,90 Euro.

Geschrieben von Stephan Kosa