Das Thema „studentische Verbindungen“ im Zusammenhang mit der studentischen Selbstverwaltung taucht eigentlich nur noch in schöner Regelmäßigkeit bei den Erstsemesterwochen auf: Dann mokieren sich wieder AStA-Referenten und StuPisten, dass es doch nicht sein könne, dass die Verbindungen offensiv auf Ersti-Anwerbung gehen. Zwischen den Ersti-Events ist es normalerweise ruhig, was vielleicht auch daran liegt, dass weder im AStA noch im StuPa ein einziger Verbindungsstudent vertreten ist.
Irgendwann während des letzten Semesters soll gar ein AStA-Referent die Bewerbung eines Verbindungsstudenten für einen AStA-Posten vor dessen Augen zerrissen haben, bekennen will sich jedoch keiner.
Wider Erwarten stand das Thema nun plötzlich mitten im Semester gleich zweimal auf der StuPa-Tagesordnung, das sich auf seiner Sitzung am 29. November – im Zusammenhang mit dem abgesagten Rugia-Vortrag (siehe Nebenseite) – gegen Vorträge rechter Redner an der Uni ausgesprochen hatte.
Der vermeintliche Eklat um die verhinderte Rhonhof-Lesung zog unerwartet eine Studentin auf den Plan, die sich berufen fühlte, in den Kampf um die Meinungsfreiheit an einer aufgeklärten Universität einzugreifen. Eine von ihr gestaltete Homepage zum Thema erschien im Internet, der AStA sah sich auf seiner montäglichen Sitzung mit der Frage konfrontiert, warum er gegen die zugeschlossene Tür nichts unternommen habe. Weil die Referenten einen eigenen Tagesordnungspunkt zum Thema anberaumten und mal wieder alles zu lange dauerte, war am nächsten Morgen im Internet zu lesen, dass einzelne Referenten persönlichen Hass gegen Burschenschaften hätten.
Der Homepage-Text kursierte auf den E-Mail-Verteilen der HoPo-Aktiven und im AStA erwog man gar, einstweiligen Rechtsschutz gegen die Studentin zu fordern. Die löschte derweil die Internetseite und lud mehrere Verbindungen, unter anderem die Burschenschaft Rugia als Hauptbetroffene zur abendlichen StuPa-Sitzung ein, um sich den rechte-Redner-Beschluss erläutern zu lassen.
Während sich der Pressesprecher der Rugia mit Meinungsfreiheitsflos-keln mühte, dem Vorwurf entgegenzutreten, seine Vereinigung sei eine Kaderschmiede der rechten Szene in Deutschland, erklärte ein Vertreter der Vereinigung deutscher Studenten, er wisse gar nicht, was er hier überhaupt solle. Unter Türenknallen verließen die Verbundenen schließlich den Saal – die Studentin, die alles angeleiert hatte, kündigte an, die Buchvorstellung erneut zu organisieren.
Das StuPa beauftragte daraufhin den AStA, das zu unterbinden, was ihm dann auch fast durch eine Raumbelegung mit Vortrag „Zur Geschichte der Azoren“ á la „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ gelungen wäre. Doch ein zu früh endendes Seminar ließ die Buchvorstellung dann doch passieren. Allerdings wurde das Werk Schultze-Rhonhofs von anwesenden Geschichtsstudenten demontiert – die Organisatorin selbst soll es übrigens nicht mal gelesen haben.
Geschrieben von Ulrich Kötter