Es ist 12 Uhr Mittags, ich bin seit fünf Stunden auf den Beinen, versuche gerade, einem französischen Kochbuch mit Hilfe des Wörterbuchs das Rezept für Lasagne zu entlocken, während ich meiner Gastmutter telefonisch versichere, dass „es mir gar nichts ausmacht, wenn sie heute Abend etwas später kommt“. Im Hintergrund mosert Charlotte, dass sie die Schuhe ihrer Barbie nicht finden könne. Ich beende das Telefonat, erläutere dem vierjährigen Zwerg neben mir, dass es Sommer und gar nicht schlimm sei, wenn Barbie barfuss laufe, sehe zu, wie sie zufrieden abzieht und wende mich wieder dem Mittagessen zu.

Wie schön könnte es jetzt doch sein, in der Uni zu sitzen und eine ganz normale Konversation mit erwachsenen Menschen zu führen, denke ich kurzzeitig, während ich gleichzeitig schon überlege, was wir diesen Nachmittag noch alles unternehmen können.
Multitasking ist als Au-Pair unerlässlich, genau wie die Fähigkeit, sich ständig und immer auf Neues einzulassen, man weiß nie so genau, was den lieben Kleinen als Nächstes einfällt. Seit drei Jahren verbringe ich meine Sommer jetzt damit, mir als Au-Pair bei verschiedenen Familien im Ausland etwas Geld dazu zu verdienen und nebenbei Sprachkurse zu besuchen und so meine Sprachkenntnisse zu verbessern – wo kann man das besser als in dem Land, in dem die Sprache gesprochen wird?
Dieses Jahr hat es mich nach Belgien verschlagen, genauer gesagt nach Brüssel, wo ich sieben Wochen lang bei einer Familie mit zwei Kindern gelebt und gearbeitet habe und dreimal die Woche zu einem Sprachkurs gegangen bin. Gearbeitet habe ich ca. 50 Stunden die Woche, das ist im Sommer normal, denn die Kinder haben Ferien. Wer sich überlegt, diesen Job zu machen, sollte also auf jeden Fall gerne den ganzen Tag mit Kids arbeiten – und auch genug Ideenreichtum mitbringen, um sie den ganzen Tag zu beschäftigen.
Ein besonderer Vorteil des Lebens als Sommer Au-Pair ist die Tatsache, dass die meisten Familien im Sommer in Urlaub fahren und das Au-Pair mitnehmen, so kann man kostenlos einige Wochen z.B. am Meer verbringen, auch wenn man sich natürlich weiterhin um die Kinder kümmert, aber da die Eltern ja mit dabei sind, meist nicht in dem Umfange wie zu normalen Zeiten. So habe ich in den letzten drei Jahren meine Urlaube in Luxemburg, an der belgischen Nordsee und der Cote d’Azur verbracht. Die Wochenenden hat man als Au-Pair meist frei, genug Zeit also, um sein Gastland genauer kennen zu lernen, oder sich dem Lernen zu widmen.
Wie wird man nun Sommer Au-Pair? Dank offenem Arbeitsmarkt ist der Au-Pair Aufenthalt innerhalb der EU relativ einfach zu regeln. Eine Familie findet man über eine der Hunderten von Onlinedatenbanken (zum Beispiel www.greataupair.com). Voraussetzungen gibt es offiziell keine, die meisten Familien nehmen allerdings lieber ein Au-Pair mit Erfahrung. Das Gehalt ist frei verhandelbar, richtet sich meist nach der Erfahrung des Au-Pairs, der zu arbeitenden Stunden und der Anzahl der Kinder. Wen es in die USA zieht, der muss den Weg über eine Agentur wählen, nur so kommt man an ein Visum. Das Programm dort ist viel stärker geregelt, es gibt nur zwei feste Ausreisetermine, die aber leider meist nicht mit den Semesterferien zusammen fallen. Die Arbeit als Au-Pair ist sicherlich nicht immer einfach, aber zumindest für mich einer der schönsten Sommerjobs der Welt. Ich habe alle meine „Sommerkinder“ ins Herz geschlossen und noch immer regen Kontakt zu den Familien – und ich habe meine Sprachkenntnisse nicht unerheblich verbessert.

Geschrieben von Sarah Rieser