Ein Lagebericht

Mit dem Wort „Hochschulpolitik“ löst man an dieser Universität meist eine von zwei möglichen Reaktionen aus. Zum einen gibt es da die hochschulpolitisch Interessierten. Meist handelt es sich bei dieser Spezies um die engagierten Gremienmitglieder selbst, die sich freiwillig der Aufgabe stellen, mit den Verantwortlichen zu debattieren. Zum anderen gibt es da die Muffelfraktion, die Hochschulpolitik, Proteste und Demos vermeintlich überhaupt nichts angeht. Sie vertreten die Mach-ich-nich-mit-bringt-ja-eh-nix-Mentalität. Wahlquoten unter 10 Prozent und An-wesenheitszahlen bei Vollversammlungen, die keine Beschlussfähigkeit zulassen, beweisen, dass die zweite Gruppe augenscheinlich die absolute Mehrheit an der Greifswalder Universität hat.

Doch sind nicht im April diesen Jahres so einige hundert Studierende mit zur Großdemonstration nach Schwerin gekommen? Das können doch nicht alles Kunstgeschichtsstudierende gewesen sein, die sich das Schweriner Schloss anschauen wollten? Wohl eher nicht: Alle freuten sich, einen Tag unifrei zu haben. Oder political correct: Das brisante Thema der Hochschulreform im Land geht schließlich jeden von uns an.
Im Frühjahr gab es kaum ein wichtigeres Thema. Vorlesungen wurden mit der aktuellen Situation eingeleitet und wo man hinsah, waren Protestlisten ausgehängt und Spruchbänder angebracht nach dem Motto „Stirbt die Uni, stirbt das Land“. Kritiker könnten jetzt fragen, was das alles gebracht hat. Denn die Diskussion hat sich dahingehend verlagert, dass nur noch verhandelt wird, welche Studiengänge als nächstes geschlossen werden.
Ein weiteres Problem ist, dass die Dis-kussion im Sande verlief. Aber ist sie das wirklich? Keiner weiß so recht, welche Entscheidungen als nächstes anstehen. Aber würde eine gründliche Aufklärung der Studierenden überhaupt etwas bringen? Ist es nicht eher so, dass sich wieder nur die Beteiligten mit sich selbst beschäftigen würden?
Und schließlich kann sich doch jeder selbst informieren. Politische Transparenz ist zumindest zu einem großen Teil gegeben. Die Sitzungen der Ausschüsse sind offen, doch leider ist der Einblick in die aktuelle hochschulpolitische Lage mit einem erheblichen Aufwand verbunden. An dieser Stelle kann schnell alle Motivation schwinden.
Trotz aller Diskussionen um die Hochschulpolitik, Einigkeit besteht zumindest darin, dass eine Vertretung der Studierenden wichtig und unerlässlich ist. Selbst kandieren wollen trotzdem die wenigsten. Das Wort „Hochschulpolitik“ bürgt ein riesiges Konfliktpotenzial – Desinteresse vorwerfen lassen will sich schließlich auch keiner.

Geschrieben von Cornelia Leinhos