moritz traf zwei Austauschstudenten aus Greifswald….
Zum Studium nach Polen? Warum beim Auslandsaufenthalt nicht gen Osten statt gen Westen? Inzwischen ist Studieren in Polen nicht mehr nur für Slawistik-Studenten attraktiv. Tendenziell kann man dort jedes Fach studieren, ein Platz in einem Austauschprogramm sogar kurzfristig bekommen.
Nichstdestoweniger ist gute Planung vonnöten: Auf jeden Fall empfehlen sich Polnisch-Kenntnisse, die vorab in einem Sprachintensivkurs erworben werden sollten. Teilweise werden Sprachkurse von den Austauschprogrammen oder den polnischen Universitäten angeboten. Andererseits gibt es Studiengänge auf Englisch, vereinzelte Seminare und Vorlesungen bisweilen auch auf Deutsch.
Erste Anlaufstelle für Studenten, die ins östliche Nachbarland wollen, ist das Akademische Auslandsamt (AAA) in der Domstraße 8. Dort wird eine ausführlicher Beratung anboten und es liegen Infoblätter und Broschüren aus.
Das Studiensystem in Polen ist dem deutschen sehr ähnlich. An den meisten Hochschulen gibt es aber keine Semester sondern das akademische Jahr.
Die Lebenskosten sind in Polen gering. Hat man ein Stipendium, entfallen die Studiengebühren an der jeweiligen Hochschule. Auslands-BAföG ist möglich.
Das SOCRATES/ERASMUS-Programm erlässt nicht nur die Studiengebühren, sondern zahlt zusätzlich ein monatliches Stipendium von rund 75 Euro. Sprachkurse vor und während des Aufenthalts werden angeboten, ein Lernvertrag zwischen den beteiligten Hochschulen soll das nahtlose Weiterstudieren nach der Rückkehr ermöglichen. Anmeldeschluß für das nächste Wintersemester beziehungsweise das Sommersemester 2007 ist Ende Februar 2006.
Auch der Deutsche Akademische Auslandsdienst (DAAD) vergibt Stipendien, allerdings stärker leistungsbezogen. Daneben bietet er jeden Sommer Polnisch-Sprachkurse an, die in diesem Jahr so wenig ausgelastet waren, dass sich der Anmeldeschluß auf den 15. Dezember verschiebt. Die Teilnahme ist immer ein gutes Argument für eine spätere Bewerbung um ein DAAD-Stipendium.
Georg Laaß
studiert Französisch, Englisch und Polnisch; ist zurzeit in Torun für sein (obligatorisches) Auslandssemeste
Was unterscheidet polnische von deutschen Studenten?
Der polnische Student ist dem deutschen überwiegend ähnlich. Es gibt dennoch Unterschiede: Er hat in der Regel bedeutend weniger Geld zur Verfügung. Nichtsdestotrotz geht der polnische Student leidenschaftlich gerne aus. Studenten in Polen sind sehr westeuropäisch orientiert und haben im Allgemeinen gute Fremdsprachenkenntnisse. In Polen lebt man als Student in der Regel zu zweit, zu dritt oder gar zu viert in einem Zimmer und bezahlt im Schnitt etwa 200-300 Zloty (50-80 Euro) pro Monat.
Was unterscheidet Studieren in Polen von Studieren in Deutschland?
Ein wichtiger Unterschied zum Studium in Deutschland ist die jahresbezogene Strukturierung des Studiums. Der Eindruck, dass das Studium “verschulter“ ist, ergibt sich aus der Tatsache, dass in den Veranstaltungen Anwesenheitspflicht herrscht und dass in den Seminaren eine permanente mündliche Leistung gefordert wird – Schlafen selten möglich. Zur Beantwortung der im Unterricht gestellten Fragen ruft der Dozent oft rigoros aus der Liste der Teilnehmer auf. Die Studienbedingungen sind gut, man kann sogar sonntags in der Unibibliothek arbeiten, in den Fachbibliotheken auch samstags.
Wie klappt der „interkulturelle Austausch“?
In der Regel gut. Jeder der Erasmusstu-denten hat eine/n Mentor/in zur Lebens-bewältigung im neuen Umfeld zur Seite. Man ist in Polen offen und herzlich, freundet sich schneller an als in Deutschland. Ein Nachteil ist die quasi-separate Unterkunft der Erasmusstudenten. Es gibt das Bewusstsein für eine europäische Identität und das Wissen über den westlichen Nachbarn ist in der Regel größer als unser Wissen über Polen.
Thomas Maier
ist inzwischen wieder in Greifswald; studierte im Sommersemester 2005 Polonistik
in Krakau
Über welches Austauschprogramm bist du nach Polen gekommen?
Ich war über das Erasmus-Programm in Krakau. Im November des Vorjahres ging ich zum Akademischen Auslandsamt, das mich gleich weiter zu meinem Polonistik-Prof schickte. Er hat dann alles in die Wege geleitet. Nach Krakau zu gehen war überhaupt kein Problem. Ich bekam dort sogar einen Platz im Studentenwohnheim, habe dann aber doch privat gewohnt.
Was unterscheidet polnische von deutschen Studenten?
Auf jeden Fall feiern sie beide gleich viel! Und polnische Studenten sind ungeheuer kreativ und improvisationsfähig: Wenn einen der Prof in Krakau dazu verdonnert, ein Buch zu lesen, das es nur in der Bibliothek von Danzig gibt, dann wird irgendwie eine Kopie organisiert.
Was ist unterscheidet Studieren in Polen von Studieren in Deutschland?
Die polnischen Studenten müssen fleißiger sein. Das liegt sicherlich auch an dem deutlich hierarchischeren System an den polnischen Unis. Es gibt zwar genauso wie bei uns die Humboldtsche Einheit von Forschung und Lehre, aber die Distanz zwischen Studenten und Lehrenden ist größer.
Wie schätzt du die Beziehungen zwischen Polen und Deutschland allgemein ein?
Nach dem aktuellen Regierungswechsel gibt es die Ankündigung, kompromissloser mit Deutschland und der EU zu sein. Andererseits wachsen beide Länder auf der menschlichen Ebene stark zusammen. Die größte Gruppe der Erasmus-Studenten in Polen sind Deutsche. Man wird in Polen eigentlich immer mit offenen Ohren und warm empfangen – besonders dann, wenn man ein wenig Polnisch kann!
Geschrieben von Arvid Hansmann, Ulrich Kötter