radio 98eins führt Hörspiel im Theater urauf
Der Saal ist bereits eine halbe Stunde vor Beginn ausverkauft. Vor dem Theater Vorpommern stehen einige Dutzend, die es versäumt haben, eine Karte zu reservieren. Es ist der 1. November 2006. Im Theater wird das Hörspiel „er.ich“ uraufgeführt, die erste Produktion aus der Kooperation von radio 98eins und dem Theater Vorpommern.
Den Abend in Wohnzimmeratmosphäre eröffnet Chefredakteur Philipp Dreesen im Interview mit Hörspielautor Jan Decker, der über seine Archivrecherchen zum Greifswalder Theaterskandal um die Aufführung der „Dreigroschenoper“ 1928 berichtet. Auch geht es um die Frage, inwieweit Theater auch heute noch ein solch polarisierendes Medium sei. Lichtwechsel.
„Deutschlands reaktionärste Universitätsstadt Greifswald blamiert sich bis auf die Knochen“, schreibt die „Leipziger Volkszeitung“ und meint damit den Skandal, den die Aufführung der „Dreigroschenoper“ 1928 am Theater Vorpommern auslöst. Auf einer gegenüberliegenden Bühne sitzen jetzt die Schauspieler Christian Holm und Hannes Rittig, die dem Publikum mittels szenischer Lesung anschaulich und humorvoll die Hintergründe zum Skandal vermitteln.
Pause.
Thematisch eingestimmt und mit Kaltgetränken versorgt, wartet das Publikum gespannt auf das nun folgende Hörspiel. Von dezenten Lichteffekten unterstützt, erzählt die radio 98eins-Produktion von den politischen Auseinandersetzungen um die Aufführung der „Dreigroschenoper“. Das wegen Tumulten abrupt abgesetzte Stück und dessen „bereinigte“ Wiederaufnahme spaltet die Stadt. Konservative Kreise schäumen, die Universität verhält sich liberal und die drei Freunde Jupp Meier, Erich Felge und der junge Wolfgang Koeppen fiebern dem Skandalstück aus Berlin entgegen. Doch noch vor der Premiere wird Jupp, der im Jazz-Orchester der Oper spielt, ermordet. Aus Berlin reist der Journalist Hans Kloetzel an, um Licht in die Vorfälle zu bringen.
Beifall für einen gelungenen historisch-politisch-künstlerischen Abend mit kriminellem Einschlag.
Geschrieben von Kathrin Klein