Resümee über eine misslungene Vorstellung

„Das Theater Vorpommern kann ein wenig Extravaganz in seinem Programm dringend gebrauchen.“ Dieser oder jedenfalls ein Gedanke in der Richtung muss Regisseurin Christina Emig-Könning auf die Idee gebracht haben, die „Prinzessinnendramen III, I und V“ im Theater auf der Probebühne (TaP) in Greifswald zu inszenieren. Ein grundlegender Fehler. Sie hat damit weder sich selbst noch dem Publikum einen großen Gefallen getan.

Das eigentlich fünfteilige Stück aus der Feder Elfriede Jelineks, Literaturnobelpreisträgerin 2004, strotzt vor Abstraktionen und Gesellschaftspessimismus. Die Menschen sind laufende Traumata. Die Männer impotente Lustzwerge, die Frauen unterdrückte Opfer der männlichen sowie der eigenen Geilheit. Niemand ist dazu fähig, aus all dem oktroyierten Elend auszubrechen. Lösungen für das akkumulierte Leid sind nicht einmal in Sicht, das Ventil dafür ist Selbst- und Fremdverstümmelung. Emig-Könning hat aus einem insgesamt 38-seitigen Skript eine fast dreistündige Monstrosität produziert, die an den Nerven zehrt und wenig erkennbare Botschaft bietet. Repräsentativ für eine ganze Gesellschaft ist etwas Anderes. Anerkennung ringt man sich da allenfalls noch für die Schauspieler ab, die die Aggressivität und Verzweiflung ihrer Charaktere mit Verve unter die Leute spielen. Das Bühnenbild hingegen ist liebevoll erbaut, aber sinnlos. Selbst der Skandal bleibt aus, auch wenn „BILD“ ihn erkannt zu haben meint. Eine Szene mit nackten Brüsten im Halbdunkel, sieh an, sieh an. Nichts Außergewöhnliches, auch nicht in der armselig gestellten Masturbationsszene, die nur lachhaft wirkt. Pseudokünstlerische Tricks wie das von völligem Dunkel begleitete minutenlange Schweigen geben dem Ganzen dann den letzten Abschliff. Der letzte Teil nach der Pause hätte auch wegbleiben können, man dämmert sowieso nur noch vor sich hin.
Alles, was einem beim Verlassen des Theaters bleibt, ist ein gesteigertes Harmoniebedürfnis. Und natürlich Enttäuschung ob der verpassten Chance. Denn begrüßt hätte man es ja, wäre durch ein Wagnis eine gute Inszenierung in Greifswald zustande gekommen.

Geschrieben von Stephan Kosa