Ein schwarzer Vorhang öffnet sich und der Besucher des Pommerschen Landesmuseums gelangt in einen abgedunkelten und voll klimatisierten Raum. Was gibt es hier zu entdecken? Welches Kunstwerk verbirgt sich in dem Dunkel des Raumes? Die Antwort ist schnell gefunden. Der Croy-Teppich, der mit seinen imposanten Maßen von 4,46 m x 6,90 m eine Wand des Raumes einnimmt, zieht alle Blicke auf sich.
Seit der Neueröffnung des Pommerschen Landesmuseums am 6. Juni 2005 wird dieser gold- und silberdurchwirkte Behang, der zu den wertvollsten Stücken aus dem Kunstbesitz der Universität Greifswald zählt, dauerhaft ausgestellt. Im Auftrag des Herzogs Philipp I. von Pommern-Wolgast (1515-1560) wurde der Teppich 1554 von dem niederländischen Künstler Peter Heyman in Stettin geschaffen. Darauf dargestellt ist die Trauung Philipps mit Maria von Sachsen-Wittenberg in Torgau 1536, vollzogen von Martin Luther. Neben dem wohl bekanntesten Reformator sind auch Philipp Melanchthon und Johannes Bugenhagen sowie Angehörige des sächsisch-ernestinischen und des pommerschen Fürstenhauses in das textile Gewebe eingewirkt. Der Behang ist zunächst von 1554 bis 1625 im Schloss zu Wolgast auf der Schlossinsel aufbewahrt worden und gelangte schließlich über Stettin und Stolp/Hinterpommern 1648 in den Besitz der Universität Greifswald. Ernst Bogislaw von Croy, der Neffe des letzten Pommernherzogs, hatte der Universität den wertvollen Teppich testamentarisch übereignet. Verknüpft mit der Stiftung war die Bestimmung, künftig alle 10 Jahre eine Gedenkfeier für seine verstorbene Mutter Anna von Croy abzuhalten. Entsprechend diesem Vermächtnis wurde der Teppich lange Zeit äußerst selten, meist anlässlich der Croy-Feste, gezeigt. 1710 konnte erstmals eine Croy-Feier nach den Vorstellungen des Stifters ausgerichtet werden. Von da an ehrte die Universität durch diesen Festakt regelmäßig alle zehn Jahre das Andenken nicht nur der letzten Nachkommen, sondern auch bald das gesamten pommerschen Fürstenhauses als Wohltäter der Universität. 1940, nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, fiel die Croy-Feier erstmals aus und konnte durch eine kriegsbedingte Auslagerung des Teppichs in den folgenden 50 Jahren nicht wieder aufgenommen werden. Erst 1992 wurde wieder ein Croy-Fest gefeiert und damit eine alte Tradition der Greifswalder Universität neu belebt. Die meiste Zeit aber blieb der Teppich, eingerollt in einer Holzlade, der Öffentlichkeit unzugänglich. Nun jedoch hat das Kunstwerk einen dauerhaften Platz im Pommerschen Landesmuseum gefunden. Hinter einer Glasvitrine, auf geneigter Ebene und mit Klettverschlüssen befestigt lässt sich der Teppich in voller Pracht bewundern.
Im Jubiläumsjahr der Universität wird am 7. Juli 2006 im Anschluss an die feierliche Vergabe der akademischen Grade und in Andenken an den Stifter Ernst Bogislaw von Croy wieder ein Croy-Fest stattfinden. Ort der Gedenkfeier, zu dem Gäste der Universität wie auch Greifswalder Studenten eingeladen sind, wird das Pommersche Landesmuseum sein.
Geschrieben von Grit Preibisch