Die legendarische Genese einer Idee
„Mahlzeit!“ – „Mahlzeit. Wasser oder Sprite?“ – „Sprite. Danke.“ – „Bitte.“
„Servietten sind nicht mehr.“ – „OK. Kann man nichts machen.“
„Vorsicht!“ – „Oh! ’Schuldigung!“ – „Macht nichts.“ „Na, da ist er ja endlich.“ – „Das ist wirklich ein echter Kampf da durchzukommen.“ – „Ich will mal nicht so sein. Mein Rucksack kann ja auch unten stehen.“ – „Danke. Sehr großzügig! – Ach, endlich sitzen.“
„Das sieht ja mal wieder ziemlich einheitlich aus.“ – „Na was willst du sonst nehmen?“ – „Stimmt. An Ausgabe vier hätte ich mich auch nicht angestellt. Der Milchreis ist eigentlich ganz lecker, aber da wird man ja auch nicht satt.“ – „Man kann ja auch eine Schüssel nehmen.“
„Ist euch schon aufgefallen, dass die in letzter Zeit immer weniger Beilagen draufpacken?“ – „Ja, genau. Die Pommes scheinen sie wirklich schon abzuzählen und durch das Püree konnte man gestern auch den Teller sehen.“ – „Ja, ja. Überall muss gespart werden. Jetzt auch schon beim Essen.“
„Apropos sparen. Gestern war ja wieder so eine Senatssitzung. Da haben sie im Vorfeld wieder ordentlich demonstriert.“ – „Und du wieder mittendrin, oder was?“ – „Na ihr wolltet ja nicht mitkommen.“ – „Das ist doch alles nur Pillepalle. Solange ihr nicht anfangt, Mülltonnen anzuzünden und Autos umzuwerfen, brauche ich auch nicht mitzumachen.“ – „Oha! Das ist ein bisschen sehr krass.“ – „Wieso? Denkst du, die Politiker schauen sich ernsthaft irgendwelche Transparente und Pappschilder an? Und auch die Leute selber werden bestimmt bald keinen Bock mehr haben, sich mit Trillerpfeifen irgendwo hinzustellen.“
„Aber das ist ja genau das Ding. Natürlich wollen die Politiker die Demo-Leute nicht sehen. Deswegen ist es ja gerade wichtig, sie weiter zu nerven.“ – „Aber wenn man jemandem zu sehr auf den Geist geht, kann sich das auch negativ auswirken. Ich glaube, das bringt alles nichts.“ – „Ja, ich glaube auch. Wir sollten die „große Fächervielfalt“ nutzen, solange wir sie noch haben. Die ganzen Pläne gehen uns doch eigentlich eh‘ nichts mehr an.“ – „Oh, der alte Mann meldet sich auch mal zu Wort!“ – „Na, wer muss denn hier noch seine Scheine zusammenkriegen?“
„Moment mal! Wegen der großen Fächervielfalt. Vielleicht müssen wir den Spieß einfach umdrehen!“ – „Hä?“ – „Ich meine eine ‚Positiv-Kampagne’.“ – „Was für eine Kampagne?“ – „Vielleicht sollten wir nicht immer nur meckern, sondern den Leuten zeigen, was die Uni momentan alles zu bieten hat.“ – „Und wie willst du das machen? Willst du ein Foto in die Lange Straße hängen und drunter schreiben: ‚Ich studiere Ukrainistik, weil es das nur hier gibt.’?“
„Na wieso nicht? Man müsste vielleicht versuchen, ein breites Spektrum an Personen zu portraitieren, möglichst großformatig und vor allem in Farbe.“
„Also mich erinnert das irgendwie an diese komische ‚Du-bist-Deutschland’-Sache.“ – „Ja genau. Da machen doch auch irgendwelche Klofrauen und Arbeiter genauso wie der Günther Jauch mit.“ – „Ja. ‚Du bist die Hand. Du bist 82 Millionen.’ Ganz toll. Wer sich das ausgedacht hat.“ – „Neulich habe ich gesehen: ‚Du bist das Huhn’.“ – „Ja, ja, ‚Huhn, Huhn, Runkel, Huhn … Hör zu, Runkel, leih mir deine Zange…“
„Helge ist schon ’n Chef – aber mal im Ernst. Vom Prinzip her ist die Sache schon in Ordnung – ‚und was die können, können wir schon lange’. Wir müssen dem Abstraktum der Lehrstühle und Institute ein ‚Gesicht’ geben!“ – „Du meinst: ‚Ich bin der Professor Sowieso. Ich finde Greifswald soo toll. Bitte kürzt mich nicht weg!’?“
„Eigentlich meine ich genau das. Die Abstraktion und Verschleierung, die Rektor und Co. mit den Zahlen treiben, kann man so vielleicht aufbrechen. Wir brauchen ‚Ikonen’ die man dem Gegner schützend entgegenhalten kann.“ – „‚Ikonen’. Da spricht schon wieder der Kunsthistoriker.“ – „Ja, gut. Man denkt halt in solchen Kategorien.“ – „‚Die heilige Gottesmutter von Greifswald’“ – „Na du erst. Aber du kennst dich ja da in Russland besser aus als wir.“ – „Er hat recht. Genau solche ‚Galionsfiguren’ brauchen wir.“
„Es gibt doch genügend Leute, denen etwas daran liegen könnte, dass hier nicht alles den Bach runtergeht.“ – „Ja genau. Günther Grass kommt Hand in Hand mit der schwedischen Königin und sagt den Leuten: ‚Das ist aber gar nicht gut, was ihr hier macht!’“ – „Na warte mal ab, es ist ja noch ein halbes Jahr hin. ‚Man weiß nie was so passiert…’“
„So, nun sieh zu! Dein Essen wird kalt. – Wollen wir noch in die Cafeteria?“ – „Wieso nicht.“– „Ja. Ich beeile mich.“
Geschrieben von Arvid Hansmann