Auch wenn unsere Hansestadt ein breites kulinarisches Angebot bereithält – Essen und Trinken, zwischen Vorlesung und Seminar, gelegentlich auch mangels Zeit in den Veranstaltungen, stellen für den durchschnittlichen Studenten tagsüber nur eine Befriedigung des Grundbedürfnisses nach Nahrung dar.

Abends hingegen sieht es ganz anders aus: In Greifswald existieren vielfältige Möglichkeiten des mehr oder weniger gepflegten Genusses alkoholischer Getränke, und die können nach einem langen Tag sehr verlocken. Es empfiehlt sich daher, sich für ihre Erkundung einen Abend auszusuchen, auf den kein allzu früher Morgen folgen muss.
Das standardisierte Procedere (geringfügige Abweichungen möglich) sieht dann wie folgt aus: Man trifft sich gegen 20 Uhr in einer der zahlreichen Szenekneipen, um noch für eine Stunde die Happy Hour auskosten zu können. Dort müssen in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Cocktails konsumiert werden, bevor es teuer wird. Je besser man diese Fertigkeit beherrscht, umso großartiger werden die Wetten, auf die man sich in dem dann folgenden Zustand einlässt: „Du schaffst es nie, das gesamte crushed ice, das noch in deinem Glas ist, auf einmal in den Mund zu nehmen.“ „Natürlich schaff ich das!“ Klirr, schluck, prust.
Mit solchen Aktionen lässt sich spielend die Zeit bis zum Öffnen der Studentenclubs überbrücken. Einzig akzeptable Alternativen sind es, etwas zu essen oder Kaffee zu trinken, um das Durchhaltvermögen zu steigern. Sobald dann die Tore geöffnet sind, stürmt man die Tanzfläche – man wird an dem Abend nie wieder sooo viel Platz haben, um sich in Szene zu setzen. Die etwas Schüchterneren unter uns können sich die Zeit im Foyer und an der Bar vertreiben, solange der Pegel konstant bleibt, wird es nicht langweilig.
Obligatorisch sind natürlich Pausen, in denen man das übrige Publikum des Etablissements, in welchem man sich gerade befindet, begutachtet. Wer Glück hat, wird fündig – ob aufregende Blickkontakte oder noch nie da gewesene Styling-Inspirationen. Was auffällt, gewinnt. Über den Wechseln zwischen Tanzfläche, Toiletten, Bar, Draußen, Tanzfläche vergehen die Stunden wie im Fluge. Wer mit Hilfe koffeinhaltiger Alkohol-Mischgetränke durchhält, bis das Licht an- und die Musik ausgeht, kann stolz auf sich sein, er hat ein Etappenziel erreicht.
Und wer dann von mitreißender Musik, freundlich-offenen Mitmenschen und vor allem Getränken noch nicht genug hat, dem bleibt noch die Möglichkeit, in eine einschlägige, 24 Stunden geöffnete Einrichtung zu wechseln, deren liebevoller Spitzname an das Spiel Schiffeversenken erinnert. Mit etwas Glück bekommt man einen Tisch neben ein paar interessanten Vertretern des starken Geschlechtes, die einen mit ihren philosophischen Bemerkungen („Nicht die Politik, die Homosexualität ist es, woran dieses Land zugrunde geht!“), ihrem Erscheinungsbild (Staatsbedienstete mit „Suck my Dick“-Shirts) oder ihren körperlichen Fähigkeiten (mit dem Kopf auf dem Tisch liegen und gezielt zwischen die Füße kotzen) beeindrucken können.
Wer es bis hier ohne den Konsum von Alkohol geschafft hat, sei beglückwünscht und wird mit einzigartigen Möglichkeiten für Sozialstudien belohnt. Durchhalten bis die Sonne aufgeht ist jetzt nur noch eine Kleinigkeit, dann dürfen alle nach Hause, ins Bett oder an den Schreibtisch fallen. Und das Erstaunliche an diesem Teil der studentischen Kultur: Man macht es freiwillig immer wieder. Na dann: Prost!

Geschrieben von Katja Staack