Podcasts revolutionieren die Hörgewohnheiten

„Es gibt keine Geheimnisse, nur Informationen, die du bislang noch nicht hast,“ lautet das derzeitige Motto der Generation Download. Dieses Zitat stammt von Adam Curry, dem Erfinder des Podcast.
Podcasts sind private Sendungen, die dem Radio nur insofern ähneln, dass man sie hören kann. Podcast richtet sich nicht an alle, sondern bietet Special-Interest-Themen in loser Folge, wöchentlich oder täglich.

Adam Curry war der Meinung, dass eine ständige Online-Verbindung, um auf dem Laufenden zu sein, noch lange nicht Realität sein wird. Er wollte Infos parat haben, ohne ständig auf das Internet zurückzugreifen.
Der Name Podcast stammt von dem berühmtesten mp3-Player, Apples iPod und dem englischen „broadcast“ (etwa: „senden“ oder „Rundfunksendung“). Das bedeutet aber noch lange nicht, dass man zum Hören einen iPod braucht. Die Sendungen sind auf jeden mp3-Player übertragbar oder am PC anzuhören.
Was früher eine Nische für Nerds und Tech-Freaks gewesen ist, etabliert sich inzwischen weltweit. So auch in Deutschland. Jeder kann einen Podcast jederzeit und überall hören. Auf dem Weg zur Uni, am Strand oder beim Einkaufen.
„Ich quatsche in meinem Podcast „Schlaflos in München“ spontan und meist unvorbereitet drei bis fünf Minuten über ein Stichwort, dass ich mir ausdenke, oder das mir Hörer schicken. Mal informativ, mal skurril, je nach Laune,“ sagt Annik Rubens, die einen festen Teil ihrer Hörer im Ausland, wie Kalifornien oder Kanada hat.
Für Norman Osthus war Radiomachen schon immer ein Traum, den er jetzt durch seinen Podcast näher gekommen ist. In seiner Sendung „Normcast“ bringt er News, Aktuelles, IT-Themen, aber auch Neues aus der prominenten Welt untermalt von Musik und unterhält seine Hörer damit aufs Feinste, spielend leicht und mit einer sehr sympathischen Stimme. „Radiojournalismus war früher mein Jugendtraum, der heutzutage nicht ganz so unrealistisch daherkommt,“ schwärmt der studierte Mathematiker aus Gütersloh.
Zu den Special-Interest-Podcasts zählt Thomas Wanhoff mit seiner Wissenschaftssendung „Wanhoffs wunderbare Welt der Wissenschaft“ (WWWW), die er einmal wöchentlich produziert. In denen streift er schon einmal mit Biologie-Studenten durch die hessischen Wiesen und Auen. Oft reist der Zeitungsredakteur ins Ausland und moderiert Themenschwerpunkte von fernen Orten, wie den Philippinen oder Bali. Für ihn ist Podcast die logische Weiterentwicklung des Weblogs. „Ich habe mich anfangs reingehört bei Adam Curry und auch gleich meine erste Sendung produziert: „Sammelstelle“. Darin geht es um Musik aus Deutschland, ich stelle Bands vor, die GEMA-frei sind und noch nicht so bekannt“, berichtet er.
Das Prinzip Podcast ist einfach: Ein Podcaster stellt seine Audio-Datei ins Netz. Programme wie iPodder oder Nimiq reagieren auf diese Dateien und laden diese automatisch auf den Rechner des Hörers. Dabei findet sich für jeden Geschmack etwas: Rock, Metal, Punk, Blues, Literatur, Audio-Tagebücher, Religion, Stadtrundgänge und mehr. Live-Aufnahmen von der Verkündigung des neuen Papstes auf dem Petersplatz, Business-Themen oder Philosophisches wie Hegels Phänomenologie des Geistes – es gibt fast nichts, das es nicht gibt.
Die ersten Gehversuche waren aber nicht immer einfach, weiß Annik Rubens. „Anfangs hat mir ständig die Technik einen Strich durch die Rechnung gemacht.“ Derzeit laden mehr als 550 Leute ihre Show, bei „Normcast“ sind es 500, „Wanhoffs wunderbare Welt der Wissenschaft“ hören sich 800 Interessierte an, bei der englischen Ausgabe „Sciencecast“ sind es 400.
„Ich möchte möglichst spontan und spannend bleiben und die Hörer überraschen. Und ich hoffe, dass mir die Themen nicht ausgehen“, wünscht sich Annik Rubens. Die Amerikanistin sieht ihren Podcast eher als tägliche Kolumne und beschreibt die Welt mit einem Augenzwinkern. Das Glamour-Girl des Podcast erzählt vom Komiker Dieter Nuhr, von der Münchner Allianz-Arena und der geschichtlichen Entwicklung der Münchner Biergärten unter Ludwig I. oder dass sie gerade die Lederrücken ihrer alte Bücher mit farbloser Schuhcreme geputzt hat. Nichts wirklich Wichtiges, aber sehr unterhaltsam.
Gerade die kleine enge Zielgruppe des Podcast ist gleichzeitig seine Stärke, denn in ihnen kommt es auf den Inhalt an und nicht darauf, Massen zu erreichen. Der Podcast ist keine Medienrevolution, er stellt eher ein buntes Sammelsurium dar und ist auch nicht wirklich mit dem Radio zu vergleichen. Was bleibt, entscheidet jeder selbst mit seinem Speicherplatz auf der Festplatte.

Podcast im Internet

podster.de:
Übersicht deutschsprachigen Podcasts, eine Art Suchmaschine, unterschiedliche Podcasts werden vorgestellt und können heruntergeladen und auch abonniert werden
xaudible.de:
ausgewählte Artikel aus der Audio-Ausgabe der ZEIT

Empfehlenswerte Sendungen:
WWWW – Wanhoffs wunderbare Welt der Wissenschaft:
Wissenschaftssendung, die sich regelmäßig mit spannenden Phänomenen beschäftigt

Unterhaltungsshows mit aktuellen Themen:
Normcast
praegnanz.de
Mike?s Lounge
dailysourcecode.com: mit Podfather Adam Curry
Kultpavillon – Der Schweizer Roger setzt in jeder Sendung einen anderen unterhaltsamen Themenschwerpunkt

Musik:
Sammelstelle: Musik aus Deutschland, GEMA-frei
Bens Pod Blog – Metal: Neuestes aus der Rock und Metal-Szene
KonferenzRaum: NuJazz, Ambient, Chillout
Lindis Podcast: beste Blues-Musik

Geschrieben von Judith Küther