„Es gibt keinen Koch, der keine Brandblasen hat!“ Wenn man als angehender Hobbykoch solche Sätze vor dem eigenen Herd vernimmt, sollte größte Vorsicht geboten sein. Doch Unfälle gab es glücklicherweise nicht beim „Kanzlerkochen“ mit Dr. Thomas Behrens. Der oberste Chef der Uni-Verwaltung hatte sich in Vertretung für Rektor Rainer Westermann bereit erklärt, anlässlich der 50. Ausgabe des moritz mit einigen Redakteuren ein Geburtstagsmahl zu bereiten.

Der Rektor hatte per E-Mail mitgeteilt, dass er außer „Trivialem“ nichts beisteuern könne, doch er folgte dem Beispiel des konstruktiven Misstrauensvotums im Bundestag und lieferte eine Alternative: Kanzler Thomas Behrens.
Auf dem Speiseplan stand etwas ganz Besonderes: Als Vorspeise eine Radeberger Käsesuppe, gefolgt von Wildschwein aus dem Universitätsforst, serviert mit Rosmarinkartoffeln und Apfelrotkohl, abgeschlossen durch ein Stück Quarktorte als Dessert.
Der Kanzler erschien pünktlich um 18 Uhr in sportlich-legerer Kleidung und selbst entworfenem „Nein zu Stellenkürzungen“-T-Shirt in der Küche der Studenten-WG in der Makarenkostraße. Er begann nach kurzem Small-Talk mit der Zubereitung des Wildes und berichtete dabei von seiner Studienzeit in Bochum und Marburg. Das Kochen hat er bei seiner damaligen Mitbewohnerin gelernt. „Sie war eine grandiose Köchin, meinte aber immer, sie könne nicht kochen“, gab Behrens zum Besten. „Ich habe bei ihr also das „Nicht-Kochen“ gelernt“, schmunzelte der passionierte Hobbykoch.
Unter Kommilitonen war Behrens für seine Pizzas bekannt, die 1969 noch sehr selten in Deutschland waren. Er erinnerte sich, dass es in ganz Bochum nur einen Italiener gab und ein Nudelgericht damals 2 Mark 50 kostete. Heute kocht der „Essen und Trinken“-Abonnent für Familie und Kollegen und an diesem Abend auch mit dem moritz-Team.
Gegen 19 Uhr wurde die Vorspeise serviert und die ersten Gläser „Chianti Classico“ getrunken – natürlich auf das Wohl des moritz. Nach einer guten Stunde Garzeit folgten dann der Hauptgang und anschließend das Dessert.
Während des Essens kam der Kanzler auf die Zukunftspläne der Universitätsverwaltung zu sprechen. So soll das Wild, das jedes Jahr im Universitätsforst erlegt wird, in Greifswalder Geschäften angeboten werden. Außerdem soll es bald einen eigenen Uni-Shop geben, in dem Pullover oder T-Shirts mit dem EMAU-Logo verkauft werden. Die Gewinne aus den Verkäufen werden direkt dem Körperschaftshaushalt der Uni zu Gute kommen, aus dem zum Beispiel auch die Renovierung der „Kiste“ bezahlt wurde.
Etwas wehmütig bemerkte der Kanzler gegen Ende des formidablen Mahls, dass die Esskultur heutzutage sehr nachgelassen habe: „Niemand nimmt sich noch die Zeit zu genießen. Jeder sitzt am Tisch für sich alleine und schlingt nur noch sein Essen herunter“.
Bleibt nur zu hoffen, dass wir moritz-Redakteure bei ihm ein besseres Bild hinterlassen haben..

Geschrieben von Michael Boortz