Der Applaus wollte und wollte nicht enden. Unter dem Jubel des begeisterten Publikums im gut gefüllten Greifswalder Theater haben sich die Schauspieler des Geistig-Behinderten-Theaters „Die Eckigen“ und Jan Bernhardt, das feste Ensemble-Mitglied des Theater Vorpommern, minutenlang feiern lassen.
Dem vorausgegangen war die ungemein gelungene und humorvolle Aufführung der Moliere-Komödie „Der eingebildete Kranke“. Dieses Prosawerk des französischen Dramatikers, im Jahre 1673 in Paris uraufgeführt, ist schon auf unzähligen Theaterbühnen gezeigt worden. In dieser neuesten Bearbeitung jedoch hat das Stück durch die Zusammenarbeit geistig behinderter und gesunder Schauspieler einen unvergleichlichen Charme erhalten.
Argan, gespielt von Jan Bernhardt, ist ein Hypochonder, der seine Mitmenschen mit eingebildeten Krankheiten tyrannisiert. All sein Denken und Fühlen, das ganz normale Leben zunehmend vergessend, ist auf seinen Körper und dessen Äußerungen gerichtet. Umgeben ist der Hypochonder von seiner Tochter, die einen jungen Arzt heiraten soll, seiner jüngeren Frau, die auf ein vorzeitiges Erbe hofft, dem arroganten Notar, der am Tod verdienen will, und schließlich den Vertretern der Medizin, die an endlosen Behandlungen profitieren. Erst am Ende erkennt Argan, welchen seiner Mitmenschen er vertrauen kann und wem nicht.
In dieser Inszenierung unter der Regie von Gerd Franz Triebenecker ist vor allem die schauspielerische Leistung des Ensemble-Mitgliedes Jan Bernhardt und der geistig behinderten Schauspieler hervorzuheben. Seit mittlerweile zehn Jahren existiert die Theatergruppe der „Eckigen“, dessen Träger das kreisdiakonische Werk in Stralsund ist. Verschiedenste Theaterstücke, wie zum Beispiel „Die Bremer Stadtmusikanten“, „Romeo und Julia“ oder „Don Quijote“, sind im Laufe dieser Zeit zur Aufführung gelangt, wobei nach Worten des Regisseurs Triebenecker „am Anfang gar nicht geplant war, an die Öffentlichkeit zu gehen“. „Von Anfang an aber waren die Resonanzen sehr positiv“, so fährt Triebenecker fort, „so dass der Weg zur Bühne unumgänglich wurde“. Als eine sehr interessante Tätigkeit beschreibt Triebenecker seine Arbeit, die er „nicht missen will“. Auch die geistig behinderten Schauspieler sind, ähnlich eng wie der Regisseur, mit ihrer Arbeit verbunden. So sagt Birgit Lutter, ein langjähriges Mitglied der „Eckigen“: „Wir sind vor jedem Auftritt immer wieder aufgeregt, aber es macht sehr viel Spaß.“
So bleibt nur zu hoffen, dass der Spaß in den nächsten Jahren weitergeht und der Theaterbesucher noch viele gelungene Aufführungen der „Eckigen“ erwarten kann.
Geschrieben von Grit Preibisch