Im Jahre 1185 kommt der Kreuzritter Godfrey von Ibelin (Liam Neeson) in seine alte französische Heimat um seinen unehelichen Sohn Balian (Orlando Bloom) zu suchen. Dieser verdient als Schmied seinen Lebensunterhalt und steht den Plänen seines Vaters, ihn ins Heilige Land zu begleiten, zunächst skeptisch gegenüber.

Durch den tragischen Tod von Frau und Kind zu einer tödlichen Affekthandlung gedrängt, schließt er sich aber wenig später doch seinem Vater und dessen Gefolgsleuten an. In einem Hinterhalt schwer verwundet kann Godfrey seinen Sohn noch bis in die süditalienische Hafenstadt Messina begleiten, wo er ihn im Sterben zum Ritter und seinem legitimen Erben ernennt.
Nach einer abenteuerlichen Seefahrt gelangt Balian nach Jerusalem, das von einem multireligiösen Alltagsleben gekennzeichnet ist. Von hier aus wird ein fragiler Kreuzfahrerstaat regiert, an dessen Spitze offiziell ein todkranker König (Edward Norten) steht. Bald wird aber deutlich, dass der gegenwärtige Frieden mit dem übermächtigen König Saladin (Ghassan Massoud) von verschiedenen Parteien nicht geduldet wird. Nicht zuletzt durch die verbotene Beziehung zu der Prinzessin Sybilla (Eva Green) wird Balian in den intriganten Wettstreit um die Macht in Jerusalem hineingezogen und bald ist es an ihm die heilige Stadt gegen die Armee des Saladin zu verteidigen.

Zwei Meinungen zu Ridley Scotts neuem Film

Meinung Teil 1

„Königreich der Himmel“ überwältigt den Zuschauer mit herrlichen, in Farbe und Ausstattung schwelgenden, sorgfältig durchkomponierten Bildern, die die unentschlossene Geschichte allerdings trotzdem nicht kaschieren können.
Der Held gelangt ins heilige Land und wird dort vom Hufschmied zum Verteidiger der Stadt Christi. Zwischendurch verliebt er sich in eine verheiratete Prinzessin und muss eine Glaubenskrise überwinden. Beide Handlungsstränge verliert der Film aber entweder aus den Augen oder beendet sie mit Hilfe plumper Dialoge.
Die sich dem Zuschauer unweigerlich aufdrängenden, penetranten Parallelen zu „Gladiator“, die sich zum Teil bis auf Farbgebung, Schnitt und Bildmotive erstrecken, stören ebenso, wie die zwischen bemüht wirkendem Tiefgang und handfester Aktion schwankende Handlung. Die Schlachtszenen sind erstklassig und mitreißend gemacht, lassen sich aber nicht mit dem unmotiviert aufblitzenden Pathos zu einem homogenen Ganzen zusammenfügen.
Dadurch wird jede aufkommende Gefühlsregung des Zuschauers für die Helden im Keim erstickt. Dabei sind die Schauspielerleistungen gewohnt (Liam Neeson, Jeremy Irons) bis überraschend gut (Orlando Bloom) und retten den Film über mehrere langweilige Klischees bedienende Szenen hinweg. Geradezu lächerlich ist Balians Brunnenbau mit bitterarmen Kindern, die dann selbstgebastelte Schiffchen auf dem plötzlich sprudelndem Wasser schwimmen lassen. Leider hat die Inszenierung keine Geduld für eine glaubwürdige, langsame Entwicklung ihrer Charaktere und eilt lieber plump zur nächsten Szene, zu mehr Aktion, die die Handlung vorantreiben soll.
Die am Ende des Films eingeblendeten Verweise auf die aktuelle, unruhige politische Lage im gelobten Land sind ebenso unpassend, wie der kurz vor Schluss für wenige Sekunden auftauchende Richard Löwenherz. Beides zusammen scheint dem Film eine historische Authenzität verleihen zu wollen, die völlig unangebracht ist, denn bei der Erschaffung einer eigenen Welt, wie es Scott trotz allem nach „Gladiator“ wiederum gelungen ist, sind solche Verweise fehl am Platz.
Wer sich also drei Stunden lang im 12. Jahrhundert aufhalten will und großartige Bilder liebt, ist in diesem Film genau richtig, Kinogänger, die sich gerne interessante und spannende Geschichten erzählen lassen, werden über weite Strecken enttäuscht werden.

Meinung Teil 2

Es ist durchaus legitim dieses neue Werk von Ridley Scott mit seinem Geniestreich „Gladiator“ zu vergleichen. In der Choreographie der Schlachtszenen steht er ihm in nichts nach, vermag ihn sogar zu übertreffen, was aber durch die in den letzten fünf Jahren gesetzten Maßstäbe eines Peter Jackson zu erklären ist.
Schwieriger sieht es mit der Charakterisierung des Helden aus. Dem tragischen und rachedurstigen Gladiator Maximus wird der „realpolitische“ Balian gegenübergestellt, in dessen Rolle Orlando Bloom sein „Legolas-Image“ ablegen kann, indem er konsequent Pfeil und Bogen gegen das Breitschwert tauscht. Liam Neeson hat als Mentor-Vater-Figur eine Routine entwickelt, bei der er mittlerweile Acht geben muss, dass sie nicht inflationär wird. Auch die anderen hochkarätigen Akteure, wie Jeremy Irons, oder der noch zu wenig beachtete David Thewlis zeigen, dass sie zu komplexeren Dialogen in der Lage sind, als ihnen das Drehbuch vorgibt.
Auch die „Erlöserfunktion“ ist hier etwas anders als beim Gladiator geartet. Dies mag mit der geänderten Definition von „Erlösung“ und „Sieg“ zu erklären sein. Mit der Aussage, dass sich Glauben und „gewissenhaftes Handeln“ nicht im fanatischen Festhalten an einer bestimmten Religion, oder an bestimmten Stätten erschöpft, sondern durch die aktive gute Tat und das lebendig friedliche Miteinander praktiziert wird, ergibt hier ein äußerst versöhnlicher Lösungsansatz.
Etwas kritischer ist die Aussage zu werten, dass diese „Friedensherrschaft“ nur unter einem entsprechend gütigen und gerechten König zu wahren sei. Der Frieden wird also durch diejenigen gefährdet, die sich gegen diesen Monarchen wenden. Dies wird im Film sowohl auf der christlichen, wie auf der muslimischen Seite gezeigt, wenn auch dort etwas dezenter. Die Aufrechterhaltung seiner Autorität lässt Saladin den Sieg erringen.
Fazit: Ein Werterbewustsein, das man gerne als amerikanisch bezeichnet, wird in eine Welt projiziert, in der durchschnittene Kehlen und gespaltene Köpfe, in denen „ein Brei aus Hirn und Kettenhemd angerichtet wird“ (zeitgenössische Lyrik) das Alltagsbild prägten.
Die gewaltigen Bilder und der klare Handlungsverlauf geben diesem Werk einen „massenwirksamen“ Charakter. Dadurch wird an die Tradition eines Sergej Eisenstein angeknüpft, der 1938 mit „Alexander Newski“ ästhetische und dramaturgische Maßstäbe setzte (auch für George Lucas). Wie damals muss auch hier der aktuelle politische Kontext berücksichtigt werden.

Geschrieben von Anne Schürmann, Arvid Hansmann