Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald

2005 ist Einsteinjahr. Vor 100 Jahren veröffentlichte Albert Einstein, der unbekannte Patentbeamte aus Bern, die Aufsätze, die ihn auf einen Schlag berühmt machten und die Physik revolutionierten. Auch heute noch sind Einstein und seine Relativitätstheorie in aller Munde, und das Einsteinjahr mit seinen Feierlichkeiten und Ausstellungen zu Ehren des Physikers wird, so hofft Professor Friedrich Wagner, der Institutsleiter des Max-Planck-Institutes, auch dazu beitragen, das Interesse an der Physik in der Bevölkerung aufrechtzuerhalten.

Denn die Physik ist überall um uns herum, ihre Entdeckungen und Erfindungen revolutionieren unser Leben. Ohne die Halbleitertechnologie gäbe es keine CD-Player, ohne die Physiker des CERN kein Internet. Und auch Einstein und seine Ideen beeinflussen uns noch heute: Navigationssysteme müssen die Gesetze der Relativitätstheorie beachten. Und vielleicht helfen seine Forschungen eines Tages dabei, die Energieprobleme unserer Zeit zu lösen.
Denn daran arbeiten die Physiker des Max-Planck-Institutes. Es geht um die Kernfusion. Unter hohem Druck und enormen Temperaturen verschmelzen in den Sternen Atomkerne und setzen dabei ungeheure Mengen an Energie frei. Diesen Prozess auf der Erde zu reproduzieren, so dass ein Fusionsreaktor mehr Energie hervorbringt als zur Aufrechterhaltung des Fusionsplasmas notwendig ist, ist eine enorme technische Herausforderung, an der in Greifswald gearbeitet wird. Da der Druck, der zum Beispiel auf der Sonne herrscht, hier nicht herstellbar ist, braucht man eine sehr viel höhere Temperatur von rund 100 Millionen Grad Celsius, um eine Kernfusion möglich zu machen.
Als Grundlage für die Fusion dient ein Plasma. Als Plasma bezeichnet der Physiker ein ionisiertes Gas, das zu einem Anteil aus freien Ladungsträgern – zum Beispiel Elektronen – besteht. Es kommt auf der Sonne und den anderen Sternen natürlich vor, auf der Erde muss es künstlich erzeugt werden. Um es aufrecht zu erhalten, muss ihm ständig Energie zugeführt werden. Geschieht dies nicht, verlischt es wieder. Ein effektiver Kernfusionsreaktor müsste also in der Lage sein, mehr Energie zu produzieren, als zur Aufrechterhaltung des Fusionsplasmas notwendig ist.
Besonders viel Energie wird frei, wenn man schweren und überschweren Wasserstoff (Deuterium und Tritium, das aus Lithium gewonnen wird) miteinander verschmilzt. Die Reaktionsprodukte Helium und ein Neutron haben weniger Masse als die Ausgangsprodukte. Die „fehlende“ Masse wird als kinetische Energie auf die Reaktionsprodukte übertragen. An dieser Verschmelzung wird in Greifswald gearbeitet. Zurzeit wird mit Mitteln der EU, der Bundesrepublik und des Landes ein Großexperiment der Fusionsforschung, der Wendelstein 7-X gebaut. 2010 soll er fertig sein.
Überwindet man die technischen Schwierigkeiten, so hat die Kernfusion als Energiequelle verschiedene Vorteile, wie Institutsleiter Wagner erklärt. Sie würde eine dauerhafte Form der Energieversorgung darstellen, ohne durch CO2-Emissionen die Umwelt zu belasten. Die beiden Grundstoffe Deuterium und Lithium sind in der Natur, im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen wie Kohle, in praktisch unbegrenzter Menge vorhanden. Im Vergleich zur Kernspaltung entstehen weniger radioaktive Nebenprodukte, und die entstehenden haben eine geringe Halbwertszeit von rund 100 Jahren.
Bis zum ersten kommerziellen Fusionsreaktor wird es wohl noch etwas dauern, aber die ersten Schritte sind getan.

Geschrieben von Sarah Rieser