Bildungsminister Prof. Dr. Dr. med. Hans-Robert Metelmann über Studenten, Rektoren und Hasenwinkel
moritz: Sehr geehrter Herr Bildungsminister, wie ist der Stand der Debatte um die Hochschulen im Land?
Hans-Robert Metelmann: Ergebnisse im Augenblick zu erwarten, ist sicherlich noch zu früh. Wir sind in einer Phase, wo man sehr viel einsammeln muss, damit das Nacharbeiten nicht unerträglich lang wird.
Welche Bedeutung haben die Universitäten aus Sicht der Landesregierung?
Unstrittig ist: Die Hochschulen stellen insgesamt nicht nur einen Wert an sich dar, sondern sie haben etwas Wesentliches mit der Entwicklung des ganzen Landes zu tun.
Die Universitäten im Lande würden nicht mehr in der ersten Liga spielen – Was heißt das eigentlich oder was verbirgt sich dahinter?
Wenn sie mir zusagen, dass sie nicht alles das glauben, was von mir in der Zeitung steht, dann versichere ich ihnen, dass ich auch nicht alles glaube, was von den Universitäten in der Zeitung wieder rüber kommt.
Wir haben zu kleine Institute: Genau das ist unser Problem. Wir haben zu viele zu kleine Einrichtungen, die die Lehre vollständig abdecken müssen. Von ihrer zeitlichen Beanspruchungen und ihrer Kapazität sind sie gelegentlich nahezu erschöpft und dann sollen sie auch noch Forschung betreiben. Aber wenn wir keine Forschung betreiben, dann fehlt eine unserer wichtigsten Unterscheidungspositionen – die Differentia Specifica. Sie wird doch nicht in erster Linie an der Lehre – die ist in deutschen Universitäten mehr oder weniger vergleichbar und standardisiert – sondern gerade an den Forschungsschwerpunkten festgemacht. Wir müssen gucken, dass wir in der Forschung so stark sind, dass wir auch im DFG-Ranking und im CHE-Ranking höher rutschen.
Welche Bedeutung haben die Tagungen in Hasenwinkel?
Wir stehen, grundsätzlich gesprochen, im Moment vor zwei Aufgaben. Die eine Aufgabe ist: Wir müssen mit dem Geld, was wir im Haushalt haben, auskommen. So die Haushaltsaufgabe. Eine ganz andere Aufgabe ist die Frage ?Qualität der Hochschulen?. Wie sind wir für den Wettbewerb im europäischen Hochschulraum gerüstet? Das hört sich ein bisschen nach Quadratur des Kreises an: Die Finanzaufgaben und die Hochschulentwicklungsaufgaben in Übereinstimmung zu bringen. Um das hinzubekommen, brauchen wir ein geordnetes Verfahren. An diesem Verfahren gibt es jetzt heftige Kritik in der Öffentlichkeit. Im Februar dieses Jahres war ?Hasenwinkel 1? das erste Treffen. Damals haben die Hochschulen ihre eigenen Vorstellungen vorgelegt. Die wurden zunächst durch ihre Rektoren vertreten, was ganz legitim ist. ?Hasenwinkel 2? war dann im März. Da haben die Fachhochschulen ihre ersten Entwürfe – wesentlich weniger konturiert als das, was die Universitäten vorgelegt haben – auf den Tisch gelegt. Jetzt schauen wir auf ?Hasenwinkel 3? Ende März/ Anfang April. Da geht es darum, dass das Land seine eigenen Vorstellungen auf den Tisch legt. Denn das Land hat einige Bedürfnisse, die wir ansprechen müssen.
Wie beurteilen Sie das Diskussionspapier der beiden Rektoren?
Völlig richtig. Es ist immer ausgesprochen schwierig, so einen Prozess weiter voran zutreiben. Und das, was die Rektoren auf den Tisch gebracht haben, ist nicht völlig aus der Luft gegriffen. Schließlich haben sie die selbst gegossene Grundlage vom Winter 2003 vor Augen gehabt. Ich glaube, es ist die Pflicht eines Rektors in so einem Prozess ein Papier auf den Tisch zu legen, dem man dann als Senat und als Konzil entweder hundertprozentig zustimmt oder das man hundertprozentig in der Luft zerreißt. Aber dazwischen wird man rauskommen. Wenn die Rektoren ein Papier auf den Tisch gelegt haben, in eigener Verantwortung – zunächst einmal als Diskussionspapier – dann halte ich es nach wie vor als einen recht entschlossenen Schritt. Respekt beiden, dass sie erst einmal einen Stein ins Wasser geworfen haben.
Was sagen Sie zu dem bisherigen Studentenprotesten?
Völlig legitime Aktionen. Auffällig ist, dass der Informationsstand allerdings aus verschiedensten Gründen – das ist auch Selbstkritik – gelegentlich gering war. Zweite Auffälligkeit: Der Verfahrensweg ist sicherlich vielen nicht bewusst gewesen. Es ist ein Prozess, der sich sicherlich noch eine ganze Weile erstrecken muss und wird. Wir wollen bis 2020 zum Ende kommen. Es ist aber auch schon eine ganze Menge Zeit verstrichen. Ich sage nur September 2003. Vielen Studierenden ist offensichtlich nicht bewusst, dass wir bereits ein Kernaussagenpapier haben, und dass das ganz öffentlich (Landtagsdrucksache 4/784 [d. Redaktion]) ist. Da hätte gelegentlich ein Blick in dieses Kernaussagenpapier gereicht, um zu sagen, die Beschlusslage ist im Moment eine andere.
Stichwort Landesuniversität.
Eine Landesuniversität birgt immer die Gefahr einer Erbsensuppe. Alle kommen in einen Topf und es wird eine unkenntliche Einheitsmasse daraus. Das brauchen wir ganz sicher nicht. Was wir brauchen, ist eine bessere Abstimmung der Hochschulen untereinander. Das Problem der Rektoren und überhaupt der Gremien ist, dass sie eigentlich nicht in der Lage sind, über die Grenzen des eigenen Campus hinweg zu agieren.
Wie entstand die Zusammenarbeit von Prorektor Classen von der Greifswalder Universität mit der Landesregierung?
Da muss ich den Prorektor ausdrücklich in Schutz nehmen. Ich habe ihn selbst gebeten, die Landesregierung an dieser Stelle zu beraten. Er ist erstens auf diesem Gebiet als Fachmann versiert, zweitens kennt er die Situation der Hochschulen als Prorektor bestens. Drittens er ist einfach ein Mann, der mir immer wieder auffällt als jemand, der versucht Lösungen zu finden, der nicht in der Konfrontation festfriert und sagt, das machen wir nie, sondern der sagt: ?Hier ist ein Problem.? Mit diesen drei Eigenschaften schien er mir persönlich ideal geeignet zu sein für diese Aufgabe. Deshalb nehme ich es gerne auf meine Kappe und werde es auch dem Greifswalder Senat in seiner Sitzung am 13. April auch noch einmal sagen. Es ist in der Tat so, dass wir juristische Beratung brauchen.
Wie kam es zu Ihrer Entscheidung, das damalige Rektorenamt niederzulegen und nach Schwerin ins Bildungsministerium zu wechseln?
Ich kann nur das sagen, was mir in den Tagen, nachdem mich der Ministerpräsident gefragt hat, durch den Kopf gegangen ist. Der Ministerpräsident hat einen durchaus mutigen Schritt an dieser Stelle getan. Er hat an allen Parteikarrieren vorbei einfach einen Parteilosen angesprochen. Wohl wissend, dass er sich in der eigenen Partei mit Sicherheit nicht sehr viele Freunde macht und der Öffentlichkeit deutlich macht, die Hochschulentwicklung in die Hand von Leuten zu geben, die sich damit auch auskennen. Das ständige Auskämmen an den Hochschulen des Landes hat uns all die kleinen Institute beschert, über die wir heute die Stirn runzeln und uns fragen, warum sie nicht stärker in der Forschung etc. sind. Meine Intention war, auch in 10 bis 15 Jahren im Lande Hochschulen haben zu wollen, die auf ihren Gebieten exzellent sind.
Geschrieben von Uwe Roßner