Ein Erlebnisbericht

„Es ist Prag!“ Ich kann mich ganz genau daran erinnern, wie ich durch meine WG gehüpft bin und immer wieder diesen Satz gerufen habe. Das ist jetzt erst ein dreiviertel Jahr her, und trotzdem ist alles schon wieder vorbei. Vor zwei Wochen musste ich meine Traumstadt vorerst hinter mir lassen, um zurück an die Greifswalder Uni zu gehen – kein guter Tausch.

Ich studiere hier Deutsch, Philosophie und Deutsch als Fremdsprache auf Lehramt. Unsere Stu­dien­ordnung sieht einen „studienrelevanten Auslandsaufenthalt“ vor, den ich im letzten Wintersemester angetreten habe. Natürlich gibt es eine Vielzahl von Angeboten, die alle sehr interessant und in der Regel sehr kostspielig sind. Daher war ich begeistert, als ich von dem Programm „Völkerverständigung macht Schule“ der Robert-Bosch-Stiftung hörte. Ich habe mich also für Mittel- und Osteuropa beworben, auf die Tschechische Republik gehofft und von Prag geträumt. Für mich war es daher ein riesiges Geschenk, als ich die Nachricht mit meinem ‘Einsatzort’ erhalten habe. Ein halbes Jahr als Fremdsprachenassistentin in Prag – ich konnte den Praktikumsbeginn kaum abwarten. Etwas nervös war ich zugegebenermaßen auch. Ich konnte kein Wort Tschechisch, hatte bis zu meiner Abfahrt keine Wohnung – aber das Versprechen, dass es bisher immer irgendwie funktioniert habe – und wußte, dass ich an einer Grundschule am Stadtrand unterrichten würde. Allerdings hat mich Prag mit mehr als offenen Armen empfangen. Ich habe für die ersten Wochen eine kleine Wohnung mitten im Zentrum Prags bekommen und lebte somit in direkter Nachbarschaft zum „Reduta Jazz Club“, dem Nationaltheater und dem Büro von Ex-Präsident Vaclav Havel.
Meine Praktikumsschule lag in der Nähe von Wäldern, Wiesen und vielen kleinen Seen. Die Lehrer waren alle furchtbar freundlich zu mir und haben, wenn es gerade nicht die Deutschlehrer waren, ihre letzten Deutschkenntnisse ausgegraben, um mir zum Beispiel „Viel Spaß!“oder „Einen schönen Tag!“ zu wünschen. Richtig toll waren aber meine Schüler. Ich war hauptsächlich in achten und neunten Klassen und habe nur gute Erfahrungen gemacht. In Tschechien werden die Klassen im Sprachunterricht geteilt. So sind es nie mehr als fünfzehn Schüler im Deutsch-/Englischunterricht, was natürlich hervorragende Vorraussetzungen zum Sprachlernen und –lehren sind.
Mit zwei achten Klassen habe ich ein Projekt durchgeführt. Dabei handelte es sich um ein Planspiel, dass den Schülern nicht nur interessante Redeanlässe geben, sondern sie gleichzeitig in die Grundlagen der Entwicklung von Staatengemeinschaften einführen sollte. Die Schüler hatten sehr viel Spaß und waren dementsprechend fleißig bei der Arbeit.
Um in Prag „überleben“ zu können, muss man nicht unbedingt Tschechisch sprechen. Trotzdem habe ich ein Semester lang einen Kurs an einer Sprachschule in Prag besucht. Es hat großen Spaß gemacht, ich habe interessante Leute kennen gelernt und vor allem sehr viel Verständnis für meine „armen Schüler“ entwickelt. Außerdem begegnen einem die Prager noch herzlicher, wenn man zumindest versucht, sich in der Landessprache verständlich zu machen. Und wenn ich dann doch einmal den falschen der sieben Fälle erwischt habe, gab es oft sehr nette Nachhilfe. So habe ich an einem Kiosk, an dem ich eigentlich nur eine Telefonkarte kaufen wollte, die Zahlen bis dreihundert gelernt.
Freizeit hatte ich natürlich auch, aber jetzt sämtliche Möglichkeiten aufzuzählen, die mir die Stadt geboten hat, wäre doch sehr aufwendig. Und ich habe sie mit Sicherheit nicht zum letzten Mal genutzt.

Geschrieben von Stephanie Dahn