Campus Europae und der lange Weg nach Westen
Katharina Miller hat einen Traum. Sie träumt davon, dass in Zukunft fast jeder zweite Student ohne Schwierigkeiten ein Jahr im Ausland verbringen kann. Derzeit nehmen nur zwei Prozent ein Austauschjahr wahr.
Damit sich das ändert, wurde vor vier Jahren das Projekt „Campus Europae“ gegründet. Ausgangspunkt ist dabei die Bologna-Konferenz von 1999, wo das 7-Punkte-Programm für die international geltenden Studienabschlüsse Bachelor und Master für alle EU-Länder festgelegt wurde. Zu der Zeit einigten sich die EU-Staaten auf die Einrichtung eines Austauschprogrammes für die Studenten, die diesen neuen Studiengang wählen würden. „Campus Europae“ sollte anders als andere Austauschorganisationen für eine optimale Versorgung des Studenten im Ausland sorgen und hinterher die Anerkennung des Austauschjahres an der Heimatuniversität regeln, so dass ein reibungsloser Studienverlauf ohne zeitlichen Verlust gewährleistet ist.
Katharina Miller ist die Präsidentin des „Campus Europae Student Councils“, das heißt, sie vertritt die Studierendenschaft aller teilnehmenden Universitäten, und was sie vorhat ist ein Mammutprojekt. Bereits 2003 organisierte sie eine „Tour d’europe“ quer durch 10 Länder zu 11 Universitäten. Zusammen mit 23 ausländischen Studenten präsentierte sie an jeder Universität das Projekt „Campus Europae“. In diesem Jahr soll eine weitere „Tour d’europe“ stattfinden, um weitere Unis für dieses Projekt zu begeistern und zu engagieren. Vor einigen Wochen besuchte Katharina die Universität in Moskau, die ebenfalls am Projekt teilnehmen möchte.
Mittlerweile sind es 17 Unis, die an dem europäischen Austauschprogramm teilnehmen – in Deutschland ist es neben der Universität Greifswald noch die Universität Hamburg. Doch hier wie auch dort gibt es Schwierigkeiten, die das ganze Projekt immer wieder behindern.
„Gerade in westeuropäischen Ländern ist das Engagement an diesem Projekt noch längst nicht so groß, wie an osteuropäischen Unis“, stellt die ehemalige Fachschaftsrätin für Jura fest. Lettland beispielsweise habe eine eindrucksvolle CD-ROM zusammengestellt, mit der das Land für seine Kultur wirbt. Etwas Vergleichbares gebe es hier nicht. „Vor allem die Unis in Osteuropa sind der treibende Motor“, erzählt sie weiter und bemängelt damit gleichzeitig die schwache Bereitschaft der Greifswalder Universität. Dass die Universität zurzeit Opfer der eigenen Hochschulpolitik geworden ist, trage dazu bei, dass das Projekt momentan in den Hintergrund gerückt ist.
Obwohl der ehemalige Rektor Hans-Robert Metelmann wie auch Rektor Rainer Westermann ihre Zustimmung gegeben haben, finden sich immer noch nicht genügend Professoren aus den sprach- und geisteswissenschaftlichen Fachbereichen, die „Campus Europae“ unterstützen. Nur wer Jura mit dem Abschluss „Bachelor of Laws“ studiert, hat Glück. Zurzeit sind drei Studenten im Rahmen ihres Jurastudiums für ein Jahr nach Limerick in Irland gegangen; nach ihrem Aufenthalt ist die Anerkennung ihres Austauschjahres gesichert. Doch wenn beispielsweise Germanistikstudenten ins Ausland möchten, müssen sie sich über eine andere Organisation bewerben, denn es hat sich bisher noch kein Professor gefunden, der Germanistikstudenten betreuen würde. Das klassische Argument lautet, dass man Germanistik nicht im Ausland studieren könne.
Dabei bietet „Campus Europae“ Vorteile, die man anderswo nicht findet. Es setzt sich beispielsweise dafür ein, dass ein Austauschstudent im Ausland mehr als acht Stunden die Woche arbeiten darf, um seinen Unterhalt zu finanzieren. Und es versucht auch zu garantieren, dass aufgrund der unterschiedlichen Standards der Universitäten keine Nachteile entstehen.
„Eigentlich ist es schade, dass die osteuropäischen Unis nicht mit zu den Entscheidungsträgern gehören“, bedauert Katharina. Denn ohne ihr Engagement würde das Projekt heute noch in den Startlöchern stehen.
Dabei spricht die große Anzahl an Interessenten für eine positive Resonanz bei der Studentenschaft. Und mit dem Engagement von Katharina und ihren europäischen Kollegen wird ihr Traum eines Tages vielleicht doch noch wahr.
Geschrieben von Kati Sass