Der Bachelor in Greifswald soll geändert werden.

Mittwoch, 6. Oktober 2004, 11 Uhr, Hörsaal in der Kiste, Makarenkostraße: Da saßen nun 361 ?Bachelor of Arts?-Studenten in ihrer Erstsemesterwoche. Sie alle hatten sich für die neuen, ?straff organisierten? Bachelorstudiengänge entschieden.
In der ?Bologna-Erklärung? vom 19. Juni 1999 hatten 31 Minister aus 29 europäischen Ländern beschlossen, mit der Einführung von gestuften Bachelor- und Master- Studiengängen bis 2010 einen einheitlichen Europäischen Hochschulraum zu schaffen. Und so hatten sich auch diese 361 Neu-Studenten für den internationalen Studiengang entschieden, der etwas Schwung in die Wirtschaft bringen soll und Studenten erlaubt ohne große Schwierigkeiten an allen europäischen Hochschulen zu studieren.

So weit die Theorie, doch kommt im Leben vieles anders als man es sich vorgestellt hat.
1999 wurde das Projekt ?Bachelor? an der Ernst-Moritz-Arndt Universität, genauer, an der Philosophischen Fakultät, gestartet. Zwei Fachmodule (vergleichbar zwei Hauptfächern im Magisterstudium), unterteilt in einzelne Einheiten, ?Mikromodule? genannt, werden zeitverschoben gestartet, jeweils vier Semester lang studiert und führen mit semesterbegleitenden Prüfungen am Ende des sechsten Semesters zum ?Bachelor of Arts?. Doch mit diesem Fachwissen nicht genug, auch sogenannte ?Schlüsselfunktionen? sollen jedem Studenten nahegebracht werden. Die Geburtsstunde der General Studies. Unterteilt werden diese wiederum in General Studies I und II.
Die General Studies I umfassen Englisch, Rhetorik und Schriftkompetenz. Englisch für eine sichere Kommunikationsfähigkeit in einer Fremdsprache. Rhetorik für Kompetenzen und Fähigkeiten in der freien Rede und die Schriftkompetenz für einen gefestigten Umgang mit Texten verschiedener Arten. In den ersten zwei Semestern soll die Ausbildung in diesen Fächern begleitend zum ersten Fachmodul erfolgen. Das dritte und vierte Semester wird neben dem Studium der zwei Fachmodule als Praktikumzeit angeboten. Abschließend finden dann im fünften und sechsten Semester finden die General Studies II. statt. Dort kann der Student zwischen Wirtschaft/ Recht, Erziehungswissenschaften und Kulturwissenschaften wählen.
Auch die Prüfungsarten haben sich einem Wandel unterzogen. Im Gegensatz zum Magister- oder dem Diplomstudiengang, arbeitet der Bachelor-of-Arts-Student mit dem neuen ECTS Punktesystem (European Credit Transfer System). Mit diesen Leistungspunkten wird der durchschnittliche Arbeitsaufwand (Workload) gemessen, der für die erfolgreiche Teilnahme an einem Modul benötigt wird.
Doch zurück in die Makarenko­straße. Nachdem den 361 Erstis das komplizierte System von Workload und Leistungspunkten mehr als eine Stunde erklärt worden war, ging es zum Brennpunkt der Sitzung. 200 Plätze standen für die General Studies I zur Verfügung – für 361 Studenten. Man muss kein Mathematikstudent sein um die Unmöglichkeit dieser Rechnung zu erkennen.
Schnell wurde eine Übergangslösung gefunden, die zwar alle Lernwillige in Kursen unterbrachte, jedoch nicht unbedingt für Freude sorgte. Einige Studenten bekamen keine Englischseminare, sondern wurden in Englischvorlesungen der Anglistik geschickt. Andere durften nicht an den Schriftkompetenz-Veranstaltungen teilnehmen und wurden in Vorlesungen der Kommunikationswissenschaft geschickt. Kommunikationswissenschaftler dagegen wurden in die ?Logische Propädeutik? des Instituts für Philosophie gesteckt. Dies löste natürlich Unzufriedenheit aus, besonders wenn man in diesen Fächern Prüfungen schreiben muss, die Ergebnisse aber trotzdem unter den vorgegebenen General Studies laufen.
Nun ist Abhilfe dringend vonnöten, denn mit dem Wintersemester 05/06 werden die Magisterstudiengänge an der Philosophischen Fakultät endgültig abgeschafft und es wird mit etwa 600 neuen Bachelorstudenten in den 26 Fächern der PhilFak gerechnet. Ein neues General-Studies-Modell ist deshalb bereits für das Wintersemester geplant und es wird einige Umstellungen mit sich bringen.
?Die Studenten müssen eben flexibel sein?, meint Prof. Udo Friedrich dazu. Das neue System sieht so auch vor, dass kein Student mehr das Recht, sondern nur noch eine Option auf einen Platz in den General Studies hat. Bereits in den General Studies I wird es eine größere Anzahl von Fächern geben, aus denen sich der Student jeweils ein Fach auswählen kann. Jedoch darf er sich auch hier nicht auf ein Fach versteifen. Da nicht alle Studenten Rhetorik belegen können, müssen sie auch flexibel wechseln können.
Die General Studies II werden ebenso neu konstruiert. Die drei Felder bleiben, doch wird besonders der kulturwissenschaftliche Teil ausgebaut. Durch die Verminderung der zu belegenden Fächer, wird auch der Workload der General Studies auf 360 Stunden pro Einheit reduziert.

Geschrieben von Louise Pachtner