m 20. Januar wird in den USA George Bush offiziell seine zweite Amtszeit antreten und während sich die Europäer und ihr Held Michael Moore noch genüsslich über die Unrechtmäßigkeit des IrakFeldzuges auslassen, tobt innerhalb Amerikas schon lange ein ganz anderer Krieg: Ein Krieg um Moral und Werte.
Und wie alle Kriege, die im Namen der Religion ausgefochten werden, wird mit harten Bandagen und allen Mitteln gekämpft. Doch wurde dieser Konflikt mit seinem Helden George Bush an der Spitze bis jetzt vor allem unter der Oberfläche und unter dem Radar der meisten Amerikaner ausgefochten, wird er wohl in den nächsten vier Jahren ganz offen zu Tage treten. George Bush hat nichts mehr zu verlieren, seine zweite Amtszeit wird (nehmen wir jetzt mal an, er schafft es nicht, die Verfassung zu ändern) seine letzte sein. Und die Möglichkeit, Amerika für die nächsten Jahrzehnte seinen Stempel aufzudrücken, wird er sich nicht entgehen lassen.
Bei seiner Vereidigung als 44. Präsident der Vereinigten Staaten am 20. Januar (die mit der Hand auf einer Bibel und nicht auf der Verfassung geleistet wird) werden für George W. Bush und seine Wähler die Schlussworte ?…so help me God? (die übrigens nicht als vorgeschrieben in der Verfassung stehen wie die restlichen 36 Worte des Schwurs) nicht nur eine Formalie, sondern ein Versprechen sein. Für den liberalen Teil der Bevölkerung ist es dagegen eher eine Drohung, denn an den jetzt schon republikanisch regierten Bundesstaaten können sie sehen, wie sich Bush die Zukunft des ganzen Landes vorstellt: Homosexualität gilt als Verbrechen, Abtreibung ebenso, Darwin und Aufklärungsunterricht sucht man an vielen Schulen vergebens. Schon bei den Wahlen wurden 10 Referenden gegen die Homoehe mit großer Mehrheit angenommen.
One Nation, under God – mit Gottes Gesetzen in der Auslegung von Bush und den anderen so genannten ?Born Again Christians?. Ihr mächtigster Verbündeter könnte dabei das höchste Gericht der Vereinigten Staaten, der Supreme Court, werden. Von den neun Richtern, die auf Lebenszeit ernannt werden, ist schon heute nur einer jünger als 65 Jahre, ihre Vorsitzender, der noch unter Nixon ernannte Rehnquist, ist 80 und schwer krank. Es ist also mehr als wahrscheinlich, dass Bush die Gelegenheit bekommen wird, mindestens einen, wenn nicht sogar mehrere der Posten neu zu besetzen und sich damit eine Schar von Aposteln zu schaffen, die seine Politik auch noch lange nach dem Ende seiner zweiten Amtszeit sichern und fortführen werden. Besonders den in den Augen der Republikaner viel zu liberalen (er verfasste die Entscheidung, nach der die Gefangenen von Guantánamo ihre Inhaftierung von amerikanischen Gerichten prüfen lassen dürfen) Richter Stevens, mit 84 der Älteste, sähen sie nur zu gerne im Grab, um ihn mit einem Richter vom Schlage des erzkonservativen Trios Rehnquist, Scalia, Thomas zu ersetzen. Damit würde das sowieso schon fragile 5-4 Verhältnis, mit dem die meisten Entscheidungen des Gerichts getroffen werden, endgültig zu Gunsten der Konservativen kippen. Vor allem Minderheitenrechte und das Recht auf Abtreibung stehen dann auf dem Spiel.
Doch Widerstand formiert sich. Langsam aber stetig erwacht Amerika aus seinem 9/11 Schock und macht seinem Ärger über die Veränderungen im Land der schon lange nicht mehr unbegrenzten Möglichkeiten Luft. Die Demonstranten während des Parteitages der Republi-kaner und der ?March for Women’s Lives? im April letzten Jahres sandten das deutliche Si-gnal an die Bush-Administration, dass viele Amerikaner nicht bereit sind, sich von der Regie-rung Bush entmündigen zu lassen.
Angesichts der derzeitigen Übermacht erzkonservativer Republikaner bleibt allerdings so manchem Demokraten nur ein hoffendes: ?May God bless America!?
Geschrieben von Sara Rieser