Mit Greifswald verbindet Hans Fallada im Grunde genommen wenig. Außer dass er in Greifswald 1893 geboren wurde und 1924 hier kurzzeitig inhaftiert war. Ansonsten ist sein Lebensweg nicht durch Konstanz gekennzeichnet. 1911 tötet er bei einem Duell einen Mitschüler. Was folgt ist eine gerichtliche Untersuchung und die Einweisung in die Psychiatrie.
Hans Fallada
In den folgenden Jahren verdient er seinen Lebensunterhalt in der Landwirtschaft. Unterbrochen wird seine Berufstätigkeit durch Entziehungskuren wegen seiner Morphiumsucht. 1920 erscheint sein erster Roman ?Der gute Goedeschal?. 1924 ist er kurzzeitig im Gefängnis von Greifswald inhaftiert. Allerdings wird er 1926 wegen Unterschlagung zu über zwei Jahren Haft verurteilt, die er in Neumünster verbringt. Während der Haftzeit entsteht die Idee zu dem späteren Roman ?Wer einmal aus dem Blechnapf frisst?. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis lässt er sich in Neumünster nieder. Dort arbeitet er als Annoncenwerber und Lokalredakteur für den Neumünsteraner ?Generalanzeiger?. In dieser Zeit lernt er seine erste Frau Anna Margarete Issel kennen. In diesen Zeitraum fällt das Aufkommen der Landvolkbewegung in Schleswig-Holstein. Die Ereignisse um dieses Aufkommen bilden den literarischen Stoff für den Roman ?Bauern, Bonzen und Bomben? von 1931. 1932 erscheint der Roman ?Kleiner Mann – was nun??, der ein Welterfolg wird. 1933 zieht er nach Berkenbrück, da er sich dort schon 1931 ein Haus gekauft hat. Von seinem ehemaligen Vermieter in Berkenbrück denunziert, wird er 1933 für 11 Tage von der SA inhaftiert. Er verkauft das Haus und kauft sich bald das Anwesen in Carwitz bei Feldberg. Die nun folgenden Jahre sind trotz Kritik von Seiten der Nationalsozialisten erfolgreich, weil sie Fallada ein beständiges Einkommen ermöglichen. Es erscheinen Romane wie ?Wolf unter Wölfen?, ?Wer einmal aus dem Blechnapf frisst? und ?Der eiserne Gustav?. Nach der Scheidung von seiner ersten Frau wird er wegen seines Alkoholismus 1944 in die Landesheilanstalt Strelitz eingewiesen. In dieser Zeit entsteht das Manuskript zu ?Der Trinker?. 1945 heiratet er erneut und ist kurzzeitig Bürgermeister von Carwitz. Im selben Jahr zieht er nach Berlin. In dieser Zeit bis zu seinem Tod 1947 entsteht der ?Alpdruck? und ?Jeder stirbt für sich allein?. Aus der Sicht eines normalen Menschen erscheint das Leben von Hans Fallada als ?ungeordnet?. Doch diese Tatsache macht sein literarisches Werk wie auch seine Figuren glaubhaft, sympathisch und menschlich, gerade weil sie ihre Schwächen haben.
Wolfgang Koeppen
Das Schaffen eines Schriftstellers ist Marcel Reich-Ranicki zufolge immer ein Produkt der zeitlichen Umstände. Ein anschauliches Beispiel dafür ist Wolfgang Koeppen. Er wird 1906 als uneheliches Kind einer Näherin und eines Augenarztes geboren. Nach der Rückkehr aus Ortelsburg 1919 ist er gezwungen aus finanziellen Gründen die Mittelschule zu besuchen. Aus der Abneigung gegen die Schule wie auch der familiären Situation nimmt er eine Stelle als Laufbursche in einer Buchhandlung an. Nebenher ist er Volontär am Stadttheater und besucht Vorlesungen in Germanistik, Theaterwissenschaft und Philosophie an der Universität. Nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 1925 verlässt er Greifswald entgültig. Zunächst arbeitet er am Theater in Würzburg. Von 1930 – 1933 arbeitet er für den ?Berliner Börsen- Courier?. In dieser Zeit verfasst er über 200 Kritiken sowie Reportagen, Essays und Prosaskizzen. Anfang 1934 reist er über Zürich nach Italien. Auf dieser Reise basiert sein erster Roman ?Eine unglückliche Liebe?. 1935 folgt der Roman ?Die Mauer schwankt?. Diese beiden Romane fallen in die Zeit der ersten Schaffensphase. 1938 kehrt er aus finanziellen Gründen aus den Niederlanden zurück. Bis 1945 arbeitet als Drehbuchautor bei der Bavaria. Von 1951 – 1954 erscheint die Romantrilogie ?Tauben im Gras? (1951), ?Das Treibhaus? (1953) und ?Der Tod in Rom? (1954). Diese Romane der zweiten Schaffensphase sind charakterisiert durch die aggressive Kritik an den restaurativen Tendenzen in den frühen Jahren der Bundesrepublik. Die ?Tauben im Gras? machen die Düsternis der Adenauerjahre zum Ausgangspunkt. „Das Treibhaus“ legt die ?tiefen Leiden? und die Zerrissenheit zwischen der jüngeren Vergangenheit und der Gegenwart der 50er Jahre offen. ?Der Tod in Rom? wurde als Zerrspiegel der deutschen Eigenwahrnehmung abgelehnt. Aus diesen Gründen wurde keiner dieser drei Romane zum Verkaufserfolg. In den Jahren bis 1959 unternimmt Koeppen Reisen durch Europa und Amerika.In seinen späteren Jahren werden die Veröffentlichungen weniger und haben einen stärker autobiographischen Charakter. Bei seinem Hauptwerken spiegelt sich eine menschliche Grunderfahrung wider: Es ist die Erfahrung des Reisens. Es ist aber auch die Erfahrung der Vergeblichkeit der Reise, weil der Mensch im Endeffekt doch anerkennen muss, dass die Schauplätze doch alle gleich sind.
Geschrieben von Melchior Jordan