„Falsch gepaart“ – Ein musikalischer Geschlechterkampf im Theater Vorpommern
Liebe Kati,
manchmal kommt es mir vor, als wäre es ein Traum, die Vorstellung, dass Mann und Frau gleichberechtigt und glücklich zusammenleben könnten.
Wohin ich auch schaue, überall teilt sich die Welt in Männlein und Weiblein. Das ZDF bringt den ?Pisageschlechterkampf?, in Berlin stellt ein einzelner Schauspieler in ?Caveman? die Urinstinkte von Mann und Frau dar und selbst hier in Greifswald bringt das Theater ein Stück auf die Bühne, in dem Mann und Frau stets aneinander vorbei reden.
Doch warum? Sind wir denn alle falsch gepaart?
In diesem Stück, wovon ich gerade sprach, ?falsch gepaart?, gab es eine Silberhochzeit zu feiern und zu Gast waren drei Paare und ein Single. Eine amüsante Konstellation. Aber noch nicht genug; diese Leute schafften es den ganzen Abend ein Vorurteil nach dem anderen zu bestätigen und nach kurzer Zeit fragte ich mich, warum man eigentlich in einer Beziehung lebt, wenn man sich nur Vorwürfe macht und hinter dem Rücken des Partners mit anderen herumknutscht.
Lange Rede, kurzer Sinn: Am Ende hatte ich den Glauben an die wahre Liebe verloren und sah keine große Aussageabsicht des Boulevardtheaters.
Ich ging an diesem Abend hinaus und stellte fest, wie verletzlich der Mensch doch ist, wenn er sich auf das andere Geschlecht einlässt.
Vielleicht weißt Du mir ja weiter zu helfen und siehst die Welt als Frau mit anderen Augen.
Mit freundlichen Grüßen –
Kilian Jäger
Lieber Kilian,
da gebe ich Dir Recht. Mann und Frau passen eben wirklich nur in der Mitte zusammen. Frauen verstehen nicht, wie Männer funktionieren und Männer werden nicht aus den Frauen schlau. Warum das so ist? Ich glaube, diese Frage wird auch in Zukunft nie beantwortet werden können. Allerdings wird es auch nicht besser, wenn immer die gleichen Klischees bedient werden; die verheiratete, sexuell frustrierte Frau geht fremd und der sexuell befriedigte Mann sitzt ahnungslos mit Bier und Fernbedienung vorm Fernseher und guckt Fußball.
Aber haben diese ganzen Vorurteile und Klischees nicht auch ihr Gutes? Was wären wir denn ohne sie? Mann und Frau würden bis an ihr Lebensende in aller Seligkeit friedlich nebeneinander leben bis das der Tod sie scheidet oder zumindest bis zur Silberhochzeit, die dann im tödlichen Dilemma um ein Salzfass endet, wie in dem Theaterstück ?Falsch gepaart?.
Aber wollen wir denn diese ganze Harmonie und das alles denn wirklich? Schließlich ist es doch nur der leidige Perfektionismus des Menschen, seine Sehnsucht nach Idylle, die ihm vorgaukeln, alles müsse eitler Sonnenschein sein.
Ich meine, ist es da nicht viel aufregender, wenn man während eines Streits auf die altbackenen Klischees zurückgreifen kann? Vielleicht ist es ja heutzutage auch gar nicht mehr möglich, ohne Klischees zu leben. Denn welcher Topf sucht sich seinen Deckel denn nicht mehr nach den gängigen Klischees aus? Ohne sie wären die Suche nach einem Partner und die anschließende Beziehung doch langweilig.
Was würden Alice Schwarzer, Simone de Beauvoir und die ganzen anderen Frauenrechtlerinnen dazu sagen, die Begriffe wie Feminismus, Gleichberechtigung und Sexismus prägten? Ich glaube, auch sie würden unsere Sorgen teilen.
Mit freundlichen Grüßen –
Kati Sass
Geschrieben von Kilian Jäger, Katharina Sass