Vielleicht wollte das Ensemble nur noch einmal vertonen, was die meisten Parteien im Kreistagswahlkampf forderten: Unsere Türen schließt hier niemand, das Greifswalder Theater wird so schnell nicht geschlossen! Denn genau so wirkte die Inbrunst, mit der das versammelte Ensemble bei der Premiere am 17. Mai “La nozze di Figaro” aufführte, die weltberühmte Oper von Wolfgang Amadeus Mozart.
Die Handlung ist schnell erzählt, und dürfte manchem sogar bekannt sein: Der Diener Figaro möchte seine Geliebte Susanna, ihres Standes auch Dienerin, heiraten. Allerdings will der Graf, vordergründig das Recht der ersten Nacht verteufelnd, liebend gerne seine Triebe an der jungen, attraktiven Dienerin ausleben, und nicht an seiner mit ihm gealterten Gattin. Figaro versucht dies zu verhindern, indem er wechselnde Persönlichkeiten des Schlosses gegen den Grafen auszuspielen versucht.
Ein Intrigengewirr entsteht im Verlauf des Stücks. Dabei verliert man schnell den Überblick, wer gerade wen mit welchem Lügenkonstrukt herein legt – ein Blick in die Inhaltszusammenfassung von Wikipedia könnte helfen.
Doch auch ohne die vorherige Lektüre des Programmheftes macht es Spaß dem großen Spielensemble zuzuhören, wie sie überaus tonsicher diese von Mozart vertonte Komödie zum reinsten Ohrenschmaus gestalten. Für den ungeübten Operngänger könnten vor Allem die hochfrequenten Gesangseinlagen nach guten drei Stunden zum berüchtigten Ohrenklingeln nach lautstarken Konzerten führen. Das mit allen Altersklassen vertretene, knapp 340 Personen zählende Publikum war sichtlich angetan von dieser imposanten Darbietung.
Liebe, Verzweiflung, Glück und Verrat
Der Regisseur Horst Kupich, der nun schon das dritte Mal Mozarts Figaro mit neu übersetztem Text aufführt, stand kurz nach der Premiere dem webmoritz für einige Fragen zur Verfügung. Angesprochen auf die Schwierigkeit gerade diesen Stücks, bekannte er, dass er keine direkte Lieblingsfigur habe, sondern versuche, jeder Figur seine volle Aufmerksamkeit als Regisseur zu widmen. Denn jede Figur und deren Motive seien einzigartig, und nie nur ein plattes Weiß oder Schwarz, gut oder böse. Und Aufgabe der Oper sei es seiner Meinung nach, selbst den schlimmsten Bösewicht und seine Motive, in diesem Fall den lüsternen Grafen, durch das Schauspiel verständlich erscheinen zu lassen.
Die Ansprüche einer Oper? Laut Kupich seien dies die großen Themen der Menschheit: Liebe, Verzweiflung, Glück und Verrat – an welchen sich dieses Stück durchaus messen lassen kann.
Geschichtlich gesehen ist die Entstehung des Figaro nicht wenig brisant: Das Theaterstück von Beaumarchais durfte lange Zeit nicht im Theater laufen, und erst eine Entschärfung von Seiten Mozarts führte dazu, dass 1786 diese mehr schlecht als recht vesteckte Kritik an der damaligen Gesellschaft eine breitere Öffentlichkeit erfuhr.
Für einen so geringen Betrag wie etwa 13,50 Euro bekommt man im Greifswalder Stadttheater hiermit ein mehr als gutes Argument gegen Kulturverdrossenheit jeder Art. Die Forderung nach dem Erhalt des Theaters war bekanntlich auch Thema im Kommunalwahlkampf. Ob nun der Spruch „Für die Sanierung unseres Theaters“ auf den Wahlplakaten der CDU die zahlreichen Stimmen für diese in Greifswald begründen kann, bleibt hier aber offen, schließlich hatten sich auch die anderen Parteien die Kultur auf die Fahne geschrieben.
Die nächsten Aufführungen:
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28. Mai, 19:30 Uhr, Greifswald, Großes Haus
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13. Juni, 20:00 Uhr, Putbus, Theater Putbus
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15. Juni, 16:00 Uhr, Greifswald, Großes Haus
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22. Juni, 16:00 Uhr, Stralsund, Großes Haus
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28. Juni, 19:30 Uhr, Stralsund, Großes Haus
Karten können an der Kasse oder über die Webseite des Theaters erworben werden
Warum nennt ihr eigentlich schon wieder einen falschen Ticketpreis? Die ermäßigten Karten gibt es schon für 8 Euro … (So, das Meckern musste sein)