Der Streit um die künftige Organisationsform der städtischen Kindertagesstätten geht weiter. Am vergangenen Mittwoch beschloss die Bürgerschaft, dass die kommunale Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft (WVG) die Verkehrswerte der Grundstücke und Gebäude der ebenfalls städtischen Kitas ermitteln soll. Oberbürgermeister Dr. Arthur König soll dies anstoßen, kündigte aber schon an, dass er den Beschluss beanstanden könnte.
Im letzten Jahr wurde bekannt, dass sich bei den städtischen Kitas im Jahr 2012 anstatt der geplanten 210.000 Euro ein Fehlbetrag von 867.000 Euro ergab. Dadurch geriet Sozialsenator Ulf Dembski (SPD) im Sommer 2013 unter Druck. Verschiedene Modelle, mit denen die Kosten verringert werden können, sind in der Prüfung. Die Ausgaben in den städtischen Kitas sind höher als bei den privaten Trägern. Dies liegt unter anderem an einer besseren Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher durch den Tarifvertrag Öffentlicher Dienst. Im Dezember 2013 favorisierte die Bürgerschaft einen Eigenbetrieb für die städtischen Kitas und wollte eine Übertragung der entsprechenden Immobilien an die WVG prüfen. Dies ist einer der wesentlichen Konfliktpunkte. Unklar war damals noch, ob Grunderwerbssteuer (sie fällt an, wenn Gebäude/Grundstücke den Eigentümer wechseln) anfällt oder nicht. Eine Auskunft des Finanzamtes ergab im Februar diesen Jahres eine Steuerpflicht.
Befürworter: Es geht nur um eine Kostenprüfung
Um den Dezemberbeschluss umzusetzen, entschied nun die Bürgerschaft, dass König in der Gesellschafterversammlung der WVG einen Beschluss zu fassen hat, der die Ermittlung der Verkehrswerte der städtischen Kitas vorsieht. Die Befürworter aus SPD, Grünen, Linken und dem fraktionslosen Professor Hardtke wollen damit weitere Informationen haben, um in der Bürgerschaftssitzung Ende April eine endgültige Entscheidung treffen zu können. Die Gegner (CDU und Bürgerliste) kritisierten, dass die Entscheidung nun nicht mehr offen sei, sondern schon in eine Richtung gehe.
In diese Richtung will auf jeden Fall der Gesamtelternrat der Kitas. Ihr Mitglied Siri Buck äußerte: „Wir begrüßen die Neubewertung und brauchen keine Debatte um die Grunderwerbssteuer. Wir müssen jetzt in einem Strang ziehen. Das wäre ein Vorbild für Mecklenburg-Vorpommern.“ Prof. Frank Hardtke betonte, dass es jetzt nur um eine Bewertung gehe. Im April will die Bürgerschaft entscheiden, ob es zu einem Eigenbetrieb oder einer Einbringung in die WVG und damit einer Anstalt öffentlichen Rechts komme. Beide Möglichkeiten seien rechtlich nah beieinander, fügte Rechtsanwalt Hardtke hinzu.
Gegner: Das verursacht höhere Kosten und ist rechtswidrig
Die Gegner fuhren schwere Geschütze auf. Die Grunderwerbssteuer werde mehrere hunderttausend Euro kosten, warnte Sozialsenator Dembski gleichzeitig auch vor höheren Kosten durch die Miete, welche die WVG dann von der Stadt nehmen würde. Eigentliches Ziel sei aber, zu erreichen, dass die Kosten sinken und nicht steigen. So wird laut mittelfristiger Finanzplanung für die Zeit zwischen 2015 und 2017 eine Einsparung von 1,2 Millionen Euro angestrebt. Zudem gab es von den Gegnern auch juristische Bedenken. „Die Vorlage (gemeint war der spätere Beschluss) hebelt den Aufsichtsrat der WVG aus, was rechtlich nicht zulässig ist“, bemängelte CDU-Fraktionsvorsitzender Axel Hochschild. Entsprechend kündigte OB König an, dass er eine Beanstandung des Beschlusses prüfen will, welchen er für „planlos und nicht ausgereift“ halte.
Foto: Simon Voigt, David Vössing (beide Archiv)
"Die Gegner fuhren schwere Geschütze auf. Die Grunderwerbssteuer werde mehrere hunderttausend Euro kosten, warnte Sozialsenator Dembski gleichzeitig auch vor höheren Kosten durch die Miete, welche die WVG dann von der Stadt nehmen würde."
Ich möchte das an dieser Stelle gerne einmal kommentieren:
Das Ziel aller Beteiligten ist eine Senkung der Kosten, aber im Rahmen dessen, was sozialverträglich ist, also ohne Gehaltskürzungen und Stellenabbau. Des weiteren möchte der Gesamtelternrat, als auch das Fraktionsbündnis, dass die Häuser möglichst schnell saniert und auf Kurs gebracht werden, damit sie wieder wettberwebsfähiger werden. Eine Aufgabe, die in der Stadtverwaltung jahrelang keine Priorität genoss.
Dabei sollen keine Mehrkosten auf die Stadt und die Mieter abgewälzt werden. Ziel ist es, dass die WVG die Kitas im Rahmen des finanziellen Spielraumes, den die derzeitigen Abschreibungen, die inden jetzigen Platzkosten bereits enthalten sind, saniert werden. Sollte das nicht ausreichen, so sehe ich die Stadt in der Pflicht ihrer Verantwortung als Verursacher der Misere nachzukommen und den Einrichtungen wenigstens solange mit einem Personalkostenzuschuss unter die Arme zu greifen, bis die ärgsten Probleme beseitigt sind. Das nennt man gemeinhin Anstand.
"So wird laut mittelfristiger Finanzplanung für die Zeit zwischen 2015 und 2017 eine Einsparung von 1,2 Millionen Euro angestrebt."
Das Einsparpotenzial von 1,2 Mio. EUR ist auch ein Luftschloss. Ohne Kürzungen beim Personal, sind mehr als 600T€ einfach nicht drin. (siehe dazu: http://kommunale-kitas-hgw.blogspot.de/2014/02/ub…) Eine Umstrukturierung und Verjüngung des Personalstammes benötigt zudem auch Zeit und geht nicht von heute auf morgen vonstatten. Mind. 5 Jahre muss man dafür einplanen!
Es wird auch nie erwähnt, dass ein Teil der Erzieherinnen bereit ist, sich vorzeitig in den Ruhestand zu begeben. Das ist insofern ehrenrührig, da nach 20 Jahren in Teilzeit ohnehin keine nennenswerte Rente mehr herumkommt und weil diese Erzieherinnen dann auch noch Abschläge auf diese Rente in Kauf nehmen.
Ganz nebenbei gibt es noch andere Problemkreise, die mit zu der jetzigen Misere geführt haben, die in der öffentlichen Diskussion jedoch weitestgehend ausgeblendet werden, weil Sie einfach nicht in das Weltbild passen oder unbequeme Wahrheiten zu Tage fördern.
Zum Beispiel, dass die Stadt, als Sie noch selbst Träger der Jugendhilfe war, jahrelang diverse Praktiken einiger[sic!] Freier Träger duldete oder einfach nicht sehen wollte, die zu einer höchst ungleichen Verteilung von Kindern aus sog. "nicht leistungsfähigen" Elternhäusern zwischen Kommunalen Kitas und den Kitas Freier Träger führte.
Mit diesem Problem stehen die Kommunalen derzeit nach wie vor allein auf weiter Flur. Und das ist nur ein weiterer Aspekt. Dumm nur, dass das jedoch ganz knallharte finanzielle Auswirkungen zur Folge hat, weil die Kostenrechnung der KItas dadurch in Schieflage gerät und die Beitragseinnahmen nicht mehr kostendeckend sind, selbst bei Vollauslastung!
Und so erscheint eine Kürzung der Personalkosten noch einmal in einem ganz anderen Licht.
Die Lösung wäre im Übrigen sehr einfach und fast umsonst zu haben: Zentrale Anmeldestelle für alle Kitas, die die Plätze nach Anmeldungseingang und vorheriger Priorisierung durch die Eltern (Elternwahlrecht) vergibt. Fertig.
Damit wäre allen Eltern geholfen, außer natürlich denen, die gerne eine Extrawurst für sich beanspruchen… Das sind jedoch die Wenigsten.
Wer das problematisch findet, der sollte sich noch einmal kurz vergegenwärtigen, dass jeder Träger ca. 75% seines Budgets vom Staat bezieht und der Auftrag für alle Träger gleich lautet: Sicherstellung des Angebots an frühkindlicher Förderung.
Wer dennoch Extrawürste braten möchte, dem steht es frei eine Privatkita zu eröffnen, die sich dann vollumfänglich aus den Elterngebühren speist, also etwa 900€/Monat an Elternbeiträgen kostet.
Und so ließe sich noch einiges hier schreiben….
Mit freundlichen Grüßen
André Carls
-Sprecher des Gesamtelternrates der kommunalen Kitas und Horte-