In einer nächtlichen Aktion am Mittwochmorgen hat die selbsternannte „Autonome Aktionsgruppe Junge Union Greifswald“ einen Vorplatz im Greifswalder Westend symbolisch in „Helmut-Kohl-Platz“ umbenannt. Die richtige Junge Union hält das für Satire, begrüßt aber das Vorhaben.
Wie zuletzt vor ziemlich genau einem Jahr wird erneut über die Umbenennung eines eigentlich recht unscheinbaren Ortes diskutiert. „Wir, der tiefschwarze Block der Jungen Union Greifswald, haben unserer längst bekannten Forderung nach einem Helmut-Kohl-Platz eigenmächtig Nachdruck verliehen. In der tiefschwarzen Nacht zu Mittwoch stellten wir ein eigens angefertigtes Schild mit der Aufschrift „Helmut-Kohl-Platz“ an der neuen, völlig nutzlosen Buskehre am Karl-Marx-Platz auf“ heißt es in einem anonymen Bekennerschreiben, welches sie am 31. Juli gegen 2 Uhr morgens verschickten. „Nur durch seine beherzte Beharrlichkeit war es möglich, große Landstriche der annektierten DDR in nur kurzer Zeit komplett zu deindustrialisieren und was noch übrig blieb, zu privatisieren“, wird im Schreiben weiter der „große Onkel der Nation“ gelobt.
Zum 20. Jahrestag des Asylkompromisses hebt die AA JU-HGW die in Kohls Regierungszeit beschlossene Drittstaatenregelung hervor, „die uns nicht nur vor vielen Asylbewerbern bewahrt, sondern auch den rechtsextremen politischen Kräften kräftig Wind aus den Segeln genommen hat, da die Forderungen von BILD, DVU und Republikanern einfach erfüllt wurden.“ Als größte Leistung wird allerdings Kohls „beharrliches Schweigen während der von der linken Presse aufgebauschten sogenannten ‚Schwarzgeldaffäre‘“ genannt. Ob Birnenbrand im Spiel und die ganze Umbenennungsaktion gar am Ende einer durchzechten Nacht stand, teilen die Autoren nicht mit. Den kompletten Text zum Nachlesen veröffentlichte der Fleischervorstadt-Blog.
JU findet Aktion „klasse“
Die „AA JU-HGW“ spielt auf eine wirkliche Forderung der Jungen Union Greifswald an, die im Juli 2012 erstmals die Idee äußerte, den damals neugeschaffenen Vorplatz mit einem „geschichtsträchtigen Namen zu versehen“. Der „Einheitskanzler Helmut Kohl“ oder „Platz der Deutschen Einheit“ seien „die richtige Wahl für diesen Ort“, hieß es in einer Mitteilung. „Für uns als JU ist wichtig, dass dort ein Ort geschaffen wird, der sich mit der Wiedervereinigung auseinandersetzt. Zugleich kann dieser Ort und das dortige Kunstdenkmal zukünftige Generationen an den wundervollen Augenblick der Wiedervereinigung erinnern“, meinte Franz-Robert Liskow, Mitglied der Bürgerschaft und JU-Landesvorsitzender in Mecklenburg-Vorpommern.
Diese Forderung sei auch weiterhin aktuell, wie der Greifswalder JU-Vorsitzende Franz Küntzel dem webMoritz mitteilt. „Es ist wirklich klasse, dass durch diese Aktion von Nicht-JUlern das Thema erneut auf die Tagesordnung gesetzt wurde“, freut er sich. Eine „AA JU-HGW“ gebe es innerhalb der Jungen Union nicht, er hält sie für eine Satiregruppe. Einen Grund, gegen diese vorzugehen, sieht er nicht: „Wir finden es super, dass auch andere Greifswalder Bürger und Studenten erkannt haben, dass Helmut Kohl in Greifswald geehrt werden muss. Wir freuen uns, dass wir nun auch von anderen Menschen Unterstützung für unsere Forderung bekommen.“ Allerdings blendeten die Akteure „die vielen guten Seiten von Helmut Kohl komplett aus.“ So sei es seinem Verhandlungsgeschick zu verdanken, dass sich die beiden deutschen Staaten 1990 wiedervereinigen durften. Helmut Kohl trage absolut nicht zu unrecht den Titel „Kanzler der Einheit“.
Fotos: „AA JU-HGW“
Schwarzgeld-Kofferträger-Platz wäre aber auch eine Alternative.