Am vergangenen Mittwoch konnte man die meisten Direktkandidaten zur Bundestagswahl bei einer vom AStA organisierten Podiumsdiskussion persönlich begutachten. Die Bundestagskandidaten Claudia Müller (Bündnis 90/Die Grünen), Susanne Wiest (Piratenpartei), Sonja Steffen (SPD) und Kerstin Kassner (DIE LINKE) nahmen teil. Komplettiert wurde das Podium von David Wulff (FDP), der Gino Leonhard vertrat, Egbert Liskow (CDU) anstelle von Angela Merkel und Milos Rodatos, der als StuPa-Präsident studentische Interessen vertreten sollte. Moderiert wurde die Veranstaltung durch die AStA-Vorsitzende Johanna Ehlers.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde war klar, dass sich unter den Anwesenden bei dem zu erwartenden hochschulpolitischen Schwerpunkt kein ausgewiesener Experte für diesen Bereich befand. Dies sorgte für eine gewisse Trägheit, die durch sehr allgemein gehaltene Fragen und sehr großzügige Redezeiten befördert wurde.
Der erste Themenkomplex war, wie die Beteiligten die finanzielle Situation der Hochschulen sehen und ob sie das Kooperationsverbot für sinnvoll halten. Wenig überraschend sprachen sich die linken Vertreter (Kassner, Steffens, Müller, Wiest, Rodatos) durchgehend für mehr Geld für die Hochschulen und eine vollständige Abschaffung des Kooperationsverbotes aus. Unterschiede gab es hier nur in Detailfragen, Milos sprach sich gegen jegliche Elitenförderung aus und Susanne Wiest erklärte, dass die Piratenpartei, ja die Bürger alles entscheiden lassen wolle, klare Forderungen hatte sie trotzdem.
CDU-Vertreter Liskow schob die Schuld an der Nichtabschaffung des Kooperationsverbotes der SPD in die Schuhe und will es zumindest für Hochschulfinanzierung abschaffen und war der Meinung, dass wenn die Hochschulen ihren zusätzlichen Finanzbedarf überzeugend darlegen können, sie diesen auch gedeckt bekommen würden. Den einzigen wirklichen Kontrapunkt setze David Wulff, der sich für das Kooperationsverbot aussprach, da es nur so klare Zuständigkeiten geben würde und bei unklaren Zuständigkeiten nach der Spieltheorie nur auf Aktionen von anderen gewartet werden würde. Außerdem glaubt er, dass es zu viele Abiturienten und Studierende geben würde.
Damit waren die Fronten für Runde zwei, bei der die Diskutanten sich zur sozialen Situation von Studierenden äußern konnten. Wulff, der diesmal anfangen dürfte, nutzte die Gunst der Stunde um sich mit der Forderung nach einem regional unterschiedlichen BAföG und der Aussage, dass Wohnraumknappheit am besten vom Markt gelöst werden würde, bei den linken Vertreten unbeliebt zu machen. Mit Ausnahme von Susanne Wiest, die ihr Lieblingsthema, das Bedingungslose Grundeinkommen, ausführlichst erläuterte (das 7 Monate alte Kind von Claudia Müller fing an dieser Stelle an laut zu weinen), waren sich die Diskutanten der linken Parteien im wesentlichen einig. Alle waren für ein höheres BAföG und mehr Wohnheimplätze. Egbert Liskow blieb bei seiner Linie, dass man machen müsste was nötig sei und warf ein 200.00 Euro Paket für die Studentenwerke (natürlich von der CDU initialisiert) in die Runde.
Nach einer kurzen Diskussion um den Zustand der Landwirtschaft, die auch keine Erkenntnisse brachte, die nicht in den Parteiprogrammen stehen, ging es zu den Publikumsfragen. Hier schaffte es David Wulff einmal mehr den größten Aufreger zu erzeugen, als er bei einer Frage zur Situation im Nahen Osten erklärte, dass Demokratie ja nur eine Staatsform von mehreren sei und man niemandem Demokratie aufzwingen sollte, stattdessen solle jedes Volk selber entscheiden, wie es regiert werden will.
Nach den Abschlussstatements, bei denen jeder nochmal zusammenfassen dürfte, was er vorher gesagt hatte, ging die Veranstaltung nach ungefähr zwei Stunden zu Ende. Wie bei (semi-)professionellen Politikern nicht anders zu erwarten war, gab es kaum unerwartete Aussagen. Mehr und dafür konkretere Fragen bei kürzeren Antwortzeiten, hätten der Veranstaltung sicher gut getan und bei allem Verständnis dafür, die großen Themen abdecken zu wollen, hätten abseitigere Fragen auch zu Antworten führen können, die nicht vorbereitet und voll auf Parteilinie waren.
Fotos: Simon Voigt
Moin,
der Beitrag ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein Bildungsangeber (Ausdruck von Wilhelm Genazino) mit klarer eigener politischer Linie eine selbst entlarvende Position in einen journalistischen Rahmen legt. Mir tut Florian Bonn mit seiner angehenden oder bestehenden Depression leid und ich hoffe auf baldige Besserung seiner persönlichen Umstände.
Nichts desto trotz sei angemerkt, dass eine politische Podiumsdiskussion keine wissenschaftliche Tagung darstellt, auf der es neue Erkenntnisse zu vermitteln gilt. In diesem Rahmen besteht die Funktion darin, die eigenen Positionen zu vermitteln, und selbstverständlich sollten diese auch in entsprechenden Programmen der Parteien nachgelesen können.
Besonders auffällig ist die Fingierung einer auftretenden Korrelation in Bezug auf das bedingungslose Grundeinkommen. Was, Herr Autor, sollte das ausdrücken? Mir bleibt nur, es herausgefordert selbst zu unterstellen, und so zeigt es immerhin die Ablehnung gegenüber Perspektiven, die vielleicht nicht neu in der Überlegung wären, aber neu, sofern sie denn einmal angegangen würden.
Jagen Sie weiter dem Neuen nach, Herr Bonn, das Bestehende kennen Sie ja genau und haben auch eine genaue Vorstellung, was die Vorstellungen in der Zukunft bringen und überhaupt wie der Mensch ist, und das als Biochemiker? Journalismus sieht jedenfalls für mich persönlich anders aus und sollte befreit werden von privater Einflussnahme. Behalten Sie doch bitte Ihre eigene Meinung nächstes Mal für sich in einem politischen Artikel. Dann entsteht auch weniger der Eindruck von Provinzialität.
Grüße
Private
Ah, die bekannte Diskussionskultur der Piraten. Wenn man keine Argumente hat geht es direkt zu persönlichen Beschuldigungen.
Im Hinblick auf Frau Kassners mehrminütiges herummanövrieren um das ihr wohl unbekannte Wort "Kooperationsverbot", dass sie ganz offenbar vor der Debatte noch nicht all zu oft gehört hatte und den sonstigen reichlich abgefeuerten Worthülsen von Frau Wiest, finde ich diese Berichterstattung beinahe unnötig gnädig mit diesen beiden katastrophal unvorbereiteten Diskussionteilnehmerinnen.
Bei den restlichen vier Gästen konnte man sich dann ja halbwegs vernünftig eine Meinung bilden.