Mit einem Spaziergang durch die Innenstadt forderte heute Nachmittag der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) mehr Geld für die Hochschulen des Landes. Etwa 45 Studenten beteiligten sich an der Aktion, die an den Wahlkreisbüros verschiedener im Landtag vertretener Parteien vorbeiführte, um dort Protesbriefe zu überreichen.
„Bildung braucht Priorität“ hieß es auf einem großen Banner, mit welchem zur Teilnahme an einer gleichnamigen bundesweiten Petition aufgerufen wurde. Mit diesem zog die Gruppe zuerst an dem Wahlkreisbüro der Linkspartei in der Langen Straße vorbei. Die AStA-Vorsitzende Johanna Ehlers überreichte der Abgeordneten Mignon Schwenke im Namen der Studierendenschaft einen Brief, in dem die besondere Rolle der Universität Greifswald als „Motor der Region“ hervorgehoben wird, der junge Menschen in das strukturschwache Vorpommern ziehe.
Weiter heißt es, die Universität „schafft Arbeitsplätze, trägt durch das Wirken und das Engagement ihrer Mitglieder entscheidend zur Weiterentwicklung der Region bei, bereichert das kulturelle Leben und bietet mit innovativen Forschungsideen Zukunftsperspektiven für das Land Mecklenburg-Vorpommern und die Bundesrepublik Deutschland.“ Dies sei durch das sich anbahnende Haushaltsdefizit gefährdet, daher endet der Brief mit der Aufforderung, sich bei der nächsten Haushaltsdebatte des Landtags im Herbst für die Hochschulen einzusetzen. Die beiden Volluniversitäten des Landes seien zu erhalten.
Schwenke sagte ihre und die Unterstützung ihrer Fraktion zu und beteiligte sich an dem Protestmarsch, der weiter Richtung Steinbeckerstraße zog, wo das Büro der Grünen liegt. Dort nahm die Abgeordnete Ulrike Berger den gleichen Brief entgegen und sprach sich ebenfalls für die Aktion aus. Bei Egbert Liskow (CDU) und Erwin Sellering (SPD) hatten die Protestanten weniger Glück, denn es war jeweils nur ein Vertreter im Haus. Zum Schluss passierte auch der Oberbürgermeister Arthur König auf dem Fahrrad den Protestzug. Auf die Frage, ob er nicht bleiben wolle, sagte er nur: „Sagen Sie doch früher Bescheid!“
Johanna Ehlers zog am Ende des Spaziergangs ein positives Fazit, mit mehr Teilnehmern hätte sie nicht gerechnet. Unter diesen befanden sich überwiegend bekannte Gesichter aus der Hochschulpolitik, große Massen ließen sich am Ende der Vorlesungszeit und vor allem mit nur wenigen Tagen Werbung nicht mobilisieren. Anfang Juni planten die Studierendenschaften des Landes für den heutigen 4. Juli eine gemeinsame Demonstration. Diese fand aber nicht statt, da vom Land und den Hochschulen noch keine genauen Zahlen veröffentlicht wurden und somit nicht klar war, ob Protest nötig sein wird oder nicht, wie Ehlers begründete. „Außerdem befindet sich der Landtag gerade in der Sommerpause, da lohnt es sich nicht, mit drei Bussen nach Schwerin zu fahren.“
Nach dieser und weiteren kleinen Aktionen soll im Herbst die landesweite Demonstration folgen, an der Studierende aus allen Hochschulen in Rostock, Wismar, Neubrandenburg, Stralsund und Greifswald teilnehmen sollen. Zu diesem Zeitpunkt wird eine Entscheidung vom Landtag erwartet, ob das Millionendefizit der Hochschulen gedeckt werden wird, welches nach neuen Zahlen allein in Greifswald mehr als 6 Millionen Euro im nächsten Jahr und über 7 Millionen für 2015 betragen soll.
Fotos: Simon Voigt
..und dieses große, absolut unauffällige Banner hat sage und schreibe 136€ gekostet….jedes kreativ bepinselte, aufschreiende Laken hätte eindeutig mehr Aufsehen erregt als dieses Banner. Und die aufgedruckte Aufforderung die Petition "Bildung braucht.." zu unterstützen, hätte auch anders gestaltet werden können. Denn die Petition endet laut Homepage selbiger in 67 Tagen…
Soviel zu meinem Ärger, das hier ,meiner Meinung nach, Geld zum Fenster rausgeworfen wurde…
45 Teilnehmer sind "optimistisch" gezählt. Auf diese Zahl kommt man nur, wenn man die ASTA-Mitglieder selbst (offiziell hauptsächlich "Ordner"), sowie den Webmoritz-Reporter mitzählt.
Ich war (meiner persönlich Einschätzung der Teilnehmer nach) als einzige "nur" Mitarbeiterin der Universität Greifswald beim Spaziergang dabei.
Insgesamt kann ich mich über die geringe Teilnehmer-Zahl nur wundern. Es scheint bei den Studierenden der Universität Greifswald eine Art "politische Gleichgültigkeit" zu herrschen.
Daraus kann ich persönlich nur schließen, dass der überwiegende Teil der Studierenden (lassen wir die Mitarbeiter mal außen vor, denn dies war eine vom ASTA organisierte Demo) mit der aktuellen und in Aussicht gestellten Situation zufrieden ist. Das wiederum kann eigentlich nur daran liegen, dass man es hier nicht anders kennt.
Ich persönlich nehme als ehemalige Studentin und Mitarbeiterin einer finanziell sehr viel besser ausgestatteten Universität mit einer größeren, aber auch sehr viel aktiveren Studierendenschaft, die Einschränkungen in Greifswald massiv wahr. Hier gibt es, was ich vorher nie gesehen habe:
Diskussionen darüber, welche Planstellen man "auf Lücke" für ein oder mehr Semester unbesetzt lässt, um Geld zu sparen. Das geht zu Lasten der Studierenden.
Universitätsgebäude, bei denen aus Geldmangel nur die Hälfte der Fenster neu lackiert werden. Universitätsgebäude, in denen es in bestimmten Gebäudeteilen durchs Dach regnet.
Doktoranden, die durch Stipendien bezahlt werden, stehen nur stark eingeschränkt Fördermittel für den Besuch von wissenschaftlichen Konferenzen zur Verfügung (dabei sind doch gerade die mit den umkämpften Stipendien herausragend gute Leute, die man besonders fördern sollte).
Diese Liste lässt sich noch lange fortführen.
Warum also sind die Studierenden so gleichgültig? Der Leistungsdruck in der Prüfungszeit mag hoch sein, aber 90 Minuten mehr oder weniger gelernt – das macht meistens keine großen Unterschied mehr.
Katharina Hoff