Seit Dezember 2011 arbeitet die Universität Greifswald ihre eigene Geschichte zur Zeit des Nationalsozialismus auf. Am Freitag und Samstag werden die ersten Ergebnisse der Arbeit öffentlich im Konferenzsaal des Uni-Hauptgebäudes (Domstraße 11, Eingang 2) vorgestellt.
Das Projekt „Die Universität Greifswald im Nationalsozialismus“ hat zum Ziel, den „aktuellen Forschungsstand zur Greifswalder Universitätsgeschichte zwischen 1933 und 1945 für breite Interessentenkreise in zusammengefasster Form“ (Presseinformation) verfügbar zu machen, indem sie auf einem Onlineportal veröffentlicht werden. Neben der fachlichen Darstellung gibt es auch digitalisierte Originaldokumente, allerdings zeigen sich an einigen Stellen noch Lücken. So fehlt in den Darstellungen bislang beispielsweise die Umbenennung in „Ernst-Moritz-Arndt-Universität“ durch den damaligen Minister Hermann Göring.
Innerhalb eines Workshops sollen am Freitag und Samstag die Forscher ihre Fragestellungen zum Thema zusammenführen, so die Ankündigung. Die ersten Ergebnisse werden anhand von Referaten präsentiert. Diese beginnen am Freitag um 9 Uhr und sind in vier Sektionen aufgeteilt, die nacheinander unter den nachfolgenden Überschriften stehen:
- „Die gleichgeschaltete Universität im Führerstaat“
- „Die mobilisierte Universität im Krieg“
- „Internationalität von Lehre und Forschung im Nationalsozialismus“
- „Profile“
Die Vorträge sind auf jeweils 40 Minuten begrenzt. Neben Projektkoordinator Dirk Alvermann referieren auch weitere wissenschaftliche Mitarbeiter des Projekts und der Universität Greifswald. Einige Referenten reisen aus Stockholm, Lund, Rostock, Moskau oder Halle an. Die Vorträge sind öffentlich. Diese Übersicht wurde aus dem Flyer zur Veranstaltung entnommen:
Freitag, 12. April
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Sonnabend, 13. April |
09:00 UhrBegrüßung durch den Vorsitzenden des wissenschaftlichen BeiratesSektion I
Die gleichgeschaltete Universität im Führerstaat 09:20 Uhr Mathias Rautenberg (Rostock) Politische Macht, Ressourcenkonstellationen und der Anspruch akademischer Freiheit 10:00 Uhr Gabriele Förster (Greifswald) Nationalsozialistische Bildung und Erziehung an der Universität Greifswald 10:40 Uhr Kaffeepause 11:00 Uhr Ulrike Michel (Greifswald) Die Berufungspolitik an der Medizinischen Fakultät 1933 – 1935 11:40 Uhr Jan Mittenzwei (Greifswald) „Dem Führer entgegen arbeiten“ – NS-Studentenbund und NS-Dozentenbund in Greifswald 12:20 Uhr Stephanie Thalia Dietrich (Greifswald) Die Studierenden der Universität Greifswald im Nationalsozialismus – quantifizierende Analysen mit besonderer Berücksichtigung des Frauenstudiums 13:00 Uhr Mittagspause Sektion II Die mobilisierte Universität im Krieg 14:00 Uhr Henrik Eberle (Halle) Die Universität als Rüstungsbetrieb? 14:40 Uhr Klemens Grube (Greifswald) Das Wirtschaftswissenschaftliche Institut Oder-Donau im Spannungsfeld von Lobbyismus, Wissenschaft und Krieg 15:20 Uhr Sascha Barz (Greifswald) Zwangsarbeit in der Universität und auf den Universitätsgütern 1939 – 1945 16:00 Uhr Kaffeepause 16:20 Uhr Vladimir Vsevolodov (Moskau) Dokumente zur gerichtsmedizinischen Untersuchung der Greifswalder Anatomie durch die russische Militärkommission 1947 in russischen Archiven 17:00 Uhr Dirk Alvermann (Greifswald) NS-Opfer für die Anatomie – Zur Herkunft der Greifswalder Anatomieleichen 1939 – 1945 |
Sektion IIIInternationalität von Lehre und Forschung im NationalsozialismusModeration: Jens E. Olesen
10:00 Uhr Tina Schüßler (Greifswald) Ausländische Studenten an der Universität Greifswald 1933 – 1945 10:40 Uhr Marco Nase (Stockholm) Forscher, Diplomaten, Spione – Die Nordischen Auslandsinstitute der Ernst-Moritz-Arndt-Universität 11:20 Uhr Nils Hansson (Lund/Göttingen) Begeisterung – Skepsis – Distanz. Schwedisch-Deutsche Beziehungen in der Medizin 1933 – 1945 12:00 Uhr Mittagspause Sektion IV Profile 13:30 Uhr Ekkehard Henschke (Berlin/Oxford) Junge Akademiker, völkische Ideologie und was daraus wurde: Greifswalder Biographien 13:40 Uhr Ulrich Wiegmann/Andreas Pehnke (Berlin/Greifswald) Der Greifswalder Erziehungsphilosoph Walter Schulze-Soelde (1888 – 1984)
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Artikelbild: Universität Greifswald im Nationalsozialismus (ohne CC-Lizenz)
Die Nicht-Berücksichtigung der Uni-Namensverleihung innerhalb dieses sog. Aufarbeitungsprojekts ist tatsächlich beachtlich – zumal nach der Senatsentscheidung zugunsten der Beibehaltung Arndts als Namenspatron doch eine kritische Auseinandersetzung in Aussicht gestellt wurde. Wann wäre die Gelegenheit günstiger gewesen, als jetzt, da es diese Kommission gibt? Man muss ja jetzt nicht wieder das gesamte Debattenfass aufmachen, aber ein leichtes Stirnrunzeln ist wohl angebracht. Vielleicht hätte das anders ausgesehen, wenn nicht ausgerechnet Alvermann diese Kommission geleitet hätte…