Am vergangenen Mittwoch wurden im Rathaus die Ergebnisse des Fahrradklimatest 2012 vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) öffentlich vorgestellt, bei dem Greifswald in der Gesamtwertung nur auf Platz 39 landete. Die Beteiligung an der Diskussion war mäßig, nur wenige Bürger waren vor Ort. Senator Jörg Hochheim signalisierte, dass für die Bürgerschaft der Test allein keine Handlungsanweisung darstelle.
Schulnote 3,3 für Greifswald
Radfahrer bewerten ihre Situation in Greifswald durchwachsen. Bei dem Fahrradklimatest konnten in verschiedenen Kategorien Schulnoten vergeben werden, die Hansestadt erlangte die Gesamtwertung von 3,3. Die Teilnehmer waren sich einig, dass das Stadtzentrum sowie die meisten anderen Ziele zügig und direkt erreichbar sind. Schlechter sieht es beim Fahrraddiebstahl aus, der in Greifswald ausgesprochen oft vorkomme. „Wir nennen das hier Bikesharing“, scherzte Jörg Hochheim. Außerdem wurde häufig die Qualität des Winterdiensts auf den Radwegen bemängelt, und dass es schwierig sei, das Fahrrad in öffentlichen Verkehrsmitteln mitzunehmen. „Die Radfahrstreifen sind Ostereier“, beschwerte sich ein Bürger, der schon seit 60 Jahren Fahrrad in Greifswald fahre. Er werde häufig von Autofahrern bedrängt, da die Wege viel zu klein seien.
Auffällig ist, dass Greifswald unter den verglichenen Städten (bis 100.000 Einwohner) mit 854 Interviewten bundesweit die absolut höchste Beteiligung aufwies. ADFC-Bundesvorstandsmitglied Thomas Böhmer führte aus, dass Studenten überproportional oft die Fragebögen ausfüllten. Dies konnte er auch damit belegen, dass, nachdem über den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) ein Aufruf zur Teilnahme an alle Studierenden versandt wurde, diese sprunghaft anstieg. Deswegen wurde am Test kritisiert, dass die Teilnehmergruppen nicht repräsentativ für die Stadt seien. Allerdings betonte dabei Michael Steiger (Grüne), das gerade Studenten häufig am Tag unterwegs sein müssen, sie also eine wichtige Zielgruppe seien.
Titel „Fahrradhauptstadt“ kann angezweifelt werden
In der Gesamtwertung landete Greifswald in seiner Kategorie auf Platz 39. Der Titel „Fahrradhauptstadt Deutschlands“, mit dem sich die Stadt schmückt, kann also aus gutem Grund angezweifelt werden. Er stützt sich ausschließlich auf den quantitativen Wert, dass 44 Prozent der Bevölkerung das Fahrrad für ihre Alltagswege nutzen, was bundesweit Spitze ist. Dabei wird aber eine qualitative Bewertung der Lage, wie es der ADFC versucht, völlig ausgeblendet. Trotzdem meinte Hochheim, dass es aus Marketing-Gründen weiter gut sei, den Titel der Fahrradhauptstadt zu führen. Er meinte auch, dass sich nur aus dem Test keine direkten Handlungsanweisungen für die Stadt ableiten ließen, allerdings werde über mehr Leihfahrräder nachgedacht.
Kay Karpinsky, verkehrspolitischer Sprecher des grünen Kreisverbandes, sprach sich in einer Pressemitteilung dafür aus „die Bemühungen zu verstärken, um vor allem das alltägliche Radfahren in Greifswald attraktiver zu gestalten.“ Es müsse ein „Klima der Akzeptanz“ befördert werden, bei dem Radverkehr gleichberechtigt neben den anderen Verkehrsteilnehmern betrachtet werden. Der Test habe die herausragende Bedeutung des Fahrradverkehrs belegt.
ADFC will Autos aus Innenstädten verdrängen
Der ADFC bewertet die die Situation der Radfahrer in Mecklenburg-Vorpommern nach dem Test als „überwiegend heiter“. Greifswald landete bei den Städten unter 100.000 Einwohnern auf Platz zwei hinter Waren an der Müritz (2,85) und vor Wismar (3,46). Rostock (3,64), als einzige Stadt in der Kategorie mit über 200.000 Einwohnern, belegte im bundesweiten Vergleich den achten Platz, allerdings mit einer schlechteren Wertung als Greifswald. Steffen Burkhard, Vorsitzender vom ADFC-Landesverband in Mecklenburg-Vorpommern führte aus, dass der Anteil der Radfahrer am Gesamtverkehr im Bundesland überdurchschnittlich hoch sei. Das Fahrrad hätte immer mehr an Bedeutung gewonnen, weiter sprach er sich, wie auch die Grünen, für verstärkte Investitionen in die nötige Infrastruktur aus, da diese weitaus geringer seien als jene für den Autoverkehr.
Der Fahrradklimatest des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC) fand seit 1988 zum fünften Mal statt, im Vergleich zum letzten Test im Jahr 2005 hatte sich die Zahl der Teilnehmer auf rund 79.000 verdreifacht. Davon waren 63 Prozent männlich und 81 Prozent keine Mitglieder im ADFC. Die Umfrage wurde durch das Bundesverkehrsministerium sowie einen Fahrradfachhändler gefördert. In den Fragebögen konnte in 27 Aussagen angegeben werden, wie gut die Teilnehmer die Situation der Radfahrer in ihrer Stadt oder Gemeinde bewerten. Die beste Gesamtwertung erhielt Münster (2,61). Alle gewonnenen Daten und die Fragebögen können auf der Internetpräsenz vom ADFC eingesehen werden.
Fotos: Simon Voigt, Tori_HGW via Flickr (Petershagen-Allee, alle Rechte vorbehalten)
Die Ignoranz der Volksvertreter gegenüber den Wählerinteressen ist einmal mehr faszinierend. Sicher ist der ADFC hinsichtlich einer allgemeingültigen Repräsentanz von Radfahrerinteressen nicht das Gelbe vom Ei, aber einen so deutlichen Fingerzeig am Verkehr interessierter und partizipierender Bürger einfach zu missachten ist frech. Hier geht es nicht nur um Marketing und wenn Herr Hochheim sich ernsthaft mit den Zahlen anderer Umfragen mit einer ähnlich hohen Validität befassen würde (z.B. http://www.soziale-stadt-mobil-gemacht.de/) wüsste er, dass das Gedeihen des Radverkehrs gerade nicht von Leihfahrrädern abhängt.
Es wäre doch schön, wenn in Pommern aus Missständen so etwas wie Innovationen und neue Identifikationspotenziale entstehen könnten. Eine Fahrradhauptstadt sollte nicht nur einen quantitativen, sondern vor allem einen qualitativen Radverkehr aufweisen. Vielleicht reist Herr Hochheim ja im Laufe seines Lebens irgendwann einmal nach Kopenhagen….
Wayne? Wenn man die Leute fragt, dann gibts doch immer was zu meckern. Vor allem wenn 90% der Befragten vom Weltverbesserer-Karrieristen-Gutmenschen-Kartell des ASTA kommen.
Immer dieses Rumgejaule. Ich komme hier prima zu Fuß und mit dem Fahrrad überall hin. Und an der Euro-Kreuzung kann ich auch ruhig mal 1 Minute warten.
Erste-Welt-Probleme nichts anderes…
"Das Fahrrad hätte immer mehr an Bedeutung gewonnen, weiter sprach er sich, wie auch die Grünen, für verstärkte Investitionen in die nötige Infrastruktur aus, da diese weitaus geringer seien als jene für den Autoverkehr."
Eeeeecht… Investitionen für Radwege sind geringer als für Autoverkehr?
Können die Nazi-Bauarbeiter und Fascho-Handwerker nicht auf alten Straßen fahren oder mit dem Fahrrad morgens zum Bau fahren, so wie die edlen und viel schlaueren Politikwissenschaftsstudierend_In_nen das auch tun?
"Weltverbesserer-Karrieristen-Gutmenschen-Kartell des AStA" – Also Weltverbesserer ist ja OK. Aber Karrieristen? Sorry, aber studentisches Engagement ist im Hinblick auf Karriere eher hinderlich, weil es das Studium deutlich verlängert. Im Hinblick auf Karriere ist es doch sinnvoller, jegliches ehrenamtliches Engagement links liegen zu lassen, immer fleißig zu lernen, um am Ende seine 1,0 auf dem BWL-Diplom stehen zu haben oder den Bachelor "Carreer-Management and Carrer Diversity" mit 1,0 in Regelstudienzeit abzuschließen. 😉
Der Nutzen der Übernahme eines Referates o.ä. besteht eher in den persönlichen Erfahrungen, der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit selbst, weniger in einer engen Abstimmung der Tätigkeit auf die eigene Zukunftsplanung.
Abgesehen davon, dass ich auch der Meinung bin, dass Greifswald den Titel "Fahrrad-Hauptstadt" nicht verdient, lag der Fokus der Invesitionen meiner äußeren Wahrnehmung nach in den vergangenen Jahren deutlich bei der Verbesserung der Radweg-Infrastruktur. Seien es die "Übergangsbrücken" (oder wie man sie nennt) in der Petershagen-Allee, sei es die Einrichtung und der Ausbau von Fahrradstraßen, die Neugestaltung der Wallanlagen, die vor allem auch Fahrradfahrern zu Gute kommen, das Ziehen neuer Fahrradschutzstreifen usw.. Letztendlich gibt es in Greifswald in meinen Augen eine sehr starke Fahrrad-Lobby. Auch die gescheiterte Diagonalquerung ändert nichts an dieser Tatsache (und das sage ich, also einer, der lieber Schlittschuh, der Teil des "Weltverbesserer-Karrieristen-Gutmenschen-Kartells" ist. 😉 )
Naja komm. Die Meisten sind doch im ASTA-FSR-Stupa usw. nur weil sie irgendeinen Scheiß studieren und ihre Berufsaussichten erhöhen wollen, damit das in ihrem Lebenslauf drin steht: ASTA-Referent für Ersti-Tüten
Oder weil sie ein halbes Jahr länger Bafög beziehen dürfen.
Dich als Altruist darzustellen, der um die Belange der Studenten besorgt ist halte ich für unehrlich.
Der AStA hat lediglich den Hinweis an alle Studierenden weitergeleitet, womit die Chance hoch ist, dass nicht nur die Leute aus dem, nennen wir es doch "näherem Umfeld vom AStA", teilgenommen haben.
Außerdem steht im Artikel nichts von Nazis, Faschos und edlen Politikwissenschaftsstudierenden, somit können solche plumpen Klischees und Unterstellungen gerne woanders, aber doch bitte nicht hier angebracht werden.
Wer liest denn auf der ASTA-Seite? Nur Linke und paar Leute die Probleme haben.
Ich habe nichts davon mitbekommen. Oder meine Freunde.
Es sind doch nun mal nur Linke, die es verstehen, die allgemeine Politikverdrossenheit für ihre Zwecke zu nutzen. Ist ja deren Recht.
Aber es spiegelt nicht die Meinung der Greifswalder Bürger wieder.
Jeder normale Angestellte hier würde Radfahrer am Liebsten tot fahren, wenn er dürfte, so dreist wie die manchmal sind.
Du hast schon ein wenig den A…. offen, oder?
Einfach den Troll nicht weiter füttern. Schlittschuh hat schon vor Wochen seinen letzten Kommentar hier versprochen, bezog das allerdings offenbar leider nur auf einen Artikel. Seine Kommentare hier sagen alles Wissenswerte über ihn aus, erspart euch einfach die Mühe — es bringt nichts!
+1
Hinzu kommt immer die gnadenlose Selbstüberschätzung einiger Beteiligten. Sei es politisch oder verkehrstechnisch.
Wahllos wird in allen Einbahnstraßen den Radfahrern das Einfahren in entgegengesetzter Richtung erlaubt, die neuen Streifen sind für Autofahrer genauso misslich (vor allem auch durch unsiche und ungestüme Radfahrer) und die Fahrradstraße wird nach meinen Beobachtungen sehr schlecht angenommen – hier ist oftmals das Prinzip Fressen oder Gefressen werden an der Tagesordnung. Auto- wie Radfahrer benehmen sich dort oftmals einfach frech.
Manchmal kommt es mir vor, als spielen die Verantwortlichen hier SimCity. Ein paar Streifen hier und dort und dann darf man sich wohl auch Fahrradhauptstadt nennen. Diese Personen sollten mal Bocholt oder Münster besuchen und dortige Leitsysteme begutachten. In Greifswald sollte man mal Grundlegendes überprüfen.
Man kann und darf nicht mit allen Mitteln versuchen, diesem Titel hinterher zu hecheln. MIttlerweile bekommen Besucher nicht einmal mehr ihr Auto in oder nahe der Innenstadt geparkt (geschweige denn es gäbe endlich mal öffentliche Toiletten).
In allen Belangen wird doch nur Flickschusterei betrieben – und gewinnen kann niemand hieraus. Auch nicht die Fahrradfahrer, die trotz ssicherlich schlechter Verhältnisse nicht gewzungen werden durch die Fußgängerzone zu pesen oder auf Gehwegen den dicken Max zu machen, Verkehrsregeln gelten auch dann imemr noch.
Die Einrichtung der Fahrradstreifen und das Abschrauben von Radwegeschildern ist eine sehr sehr späte Umsetzung einer Änderung der StVO von 1996 oder 1998. Demnach gelten Fahrräder genauso wie KFZ als Fahrzeuge uns sind mit Ausnahme besonderer Gefährdungssituationen ausschließlich auf Straßen zu führen. In der Hinsicht hinkt aber nicht nur Pommern Jahrzehnte hinter der gesetzlichen Realität hinterher.
Was Tiefgaragen und Parkhäuser anbelangt arbeitet die Stadt sehr wohl mit Interessengruppen wie dem ADAC zusammen. Privatfahrzeuge haben in einer Innenstadt meiner Meinung nach nichts verloren, da sie zu Lasten der Allgemeinheit Lärm und Abgase verursachen. Nach Verfehlen der Klimaschutzziele wäre hier sowieso die Einrichtung einer Umweltschutzzone angesagt, aber da muss wohl erst die EU die Daumenschrauben fester anziehen.
Klimaschutzzonen? Ist das diese hinterhältige Steuer der Regierung?
Bei der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren ist Greifswald im Gletscher versunken. Und das war noch ne harmlose Eiszeit.
http://www2.klett.de/sixcms/media.php/76/letzte_e…
Ich finde es ziemlich angenehm, dass die sich kontinuierlich ändernde Sonnenaktivität momentan die Temperatur in Europa steigen lässt.
http://www.wottreng.ch/TmpkurveGross.jpg
Wer weiß wie das in hundert Jahren aussieht.
Schade, dass man durch CO2-Austoss nicht noch mehr globale Wärme erzeugen kann. Da dies nur ein gigantischer Betrug ist, damit die Bürger freiwillig ihre Kohle abdrücken.
Ich empfehle Dir Bildung oder einen Blick auf den Aufkleber Deiner Windschutzscheibe 🙁
Wie gesagt: nach meinen Beobachtungen und dann eben aus Perspektive aller Beteiligten. Viel befahren war die Straße seit eh und je. Und die "Fahrradstraße" hat eher die Fronten verhärtet. Warum akzeptieren Autofahrer den Status genauso wenig wie Radfahrer gewisse Situationen ausnutzen?
Aus meiner Sicht fehlt es bei allen Verkehrsteilnehmenden an Kenntnissen der StVO und dem Willen sie einzuhalten. Fahrradfahren lernt man irgendwann in der Grundschule und danach noch mal in der 7. Klasse – so war das zumindest bei mir. Die Regeln vergisst man aber und sie ändern sich. Manches Fehlverhalten liegt aber auch an den Fehlern der Infrastruktur.
Ach und wahllos wird hier keine Einbahnstraße für Radverkehr geöffnet. Das wird vorher immer geprüft.
Wie man das so hält mit dem "Prüfen", nä 😉
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