KreistagGreifswald-David-VössingIm späten Oktober hatte der Kreistag den Doppelhaushalt 2012/2013 verabschiedet, welcher in beiden Jahren jeweils ein Defizit von 35 Millionen Euro vorsieht. Aus diesem Grund musste der Haushalt vom Innenministerium genehmigt werden, welches die Defizite mit jeweils 38 Millionen Euro angibt. Das Innenministerium genehmigte den Haushalt für 2012 nur unter Auflagen und lehnte in für 2013 komplett ab.

Nach der Kreisgebietsreform hatte der neue Landkreis Vorpommern-Greifswald Schulden der vorherigen Kreise Ostvorpommern und Uecker-Randow von 116,3 Millionen Euro übernommen. Abzüglich einer Strukturbeihilfe des Landes von  etwa 9,1 Millionen Euro sanken die Kreisschulden auf  107,2 Millionen Euro. „Strukturelle Probleme, wie eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenquote und die damit verbundenden Soziallasten, das niedrige Lohnniveau und die unterdurchschnittliche Steuerkraft in der Region belasten den Haushalt zusätzlich“, heißt es in einer Pressemitteilung des Landesinnenministeriums.

Innenminister Lorenz Caffier will neue Schulden des Kreises vermeiden.

„Ziel muss es sein, die Aufgaben an die Leistungsfähigkeit des Landkreises anzupassen und neue Schulden zu vermeiden“, erklärte Innenminister Lorenz Caffier (CDU).  Deshalb beanstandet das Land den Haushalt für 2012 teilweise und für 2013 vollständig. Nur für unaufschiebbare Investitionsvorhaben oder solche, die überwiegend durch Fördermittel bezuschusst sind, erlaubt das Innenministerium eine Kreditaufnahme von weniger als einer Millionen Euro. Dazu gehören überwiegend Baumaßnahmen an den Kreisstraßen. Durch die Beanstandung des Haushalts 2013 startet der Landkreis wieder mit einer vorläufigen Haushaltsführung (damit darf der Kreis zum Beispiel keine freiwilligen Leistungen zahlen) und ist weiterhin zum Sparen gezwungen. „Zur Unterstützung wird das Innenministerium dem Landkreis im kommenden Jahr einen ‚beratenden Beauftragten‘ zur Seite stellen“, heißt es weiter in der Pressemitteilung. Mit anderen Worten: Dem Kreis droht die Zwangsverwaltung. Der „beratende Beauftragte“ soll den Kreis ab Mitte 2013 beim Sparen beraten. Der Landesrechnungshof untersucht momentan die Personalausstattung des Kreises, auch hinter dem Hintergrund, dass der Nachbarlandkreis Vorpommern-Rügen mit verhältnismäßig weniger Personal auskommt.

Landrätin Sybre kritisiert Entscheidung

Landrätin Dr. Babara Syrbe (Linke) kritisierte die Entscheidung des Innenministeriums, unter anderem weil Geld für den Straßenbau erlaubt werde, Mittel für die Ausstattung der Schulen aber nicht. „Das Innenministerium ist nicht bereit, die angelegten Daumenschrauben zu lockern“, sagte Syrbe der Ostsee-Zeitung. Syrbe bemängelte ebenfalls, dass das Land keinen Vorschlag für Einsparungen mache. Die Einnahmen kann der Kreis nur durch eine höhere Kreisumlage generieren, welche allerdings die Städte und Gemeinden des Kreises belastet. „80 Prozent der Gemeinden haben keinen ausgeglichen Haushalt“, sieht Syrbe kaum Spielraum in dieser Richtung. Bereits auf der Kreistagssitzung im Oktober machte die Landrätin deutlich, dass sie zwar einen Konsolidierungsberater des Landes begrüßt, aber sich gegen eine Zwangsverwaltung durch einen Berater wehrt. „Damit würden wir das letzte Heft der kommunalen Selbstverwaltung aus der Hand geben“, äußerte Syrbe damals. Den Weg der Haushaltskonsolidierung wolle man selber gehen.

Kochhan (Grüne): „Ohrfeige für Frau Syrbe“

Das vom Kreistag ebenfalls verabschiedete Haushaltssicherungskonzept, um das Defizit im Haushalt zu reduzieren, sei „nicht ausreichend [und] eine Mogelpackung“, wie Gregor Kochhan, Vorsitzender der grünen Kreistagsfraktion der OZ sagte. Darin seien Einsparungen enthalten gewesen, die sowieso gesetzlich vorgeschrieben gewesen seien. „Die Reaktion des Ministeriums ist eine Ohrfeige für Frau Syrbe“, sieht Kochhan, dass der Kreis seine Hausaufgaben nicht gemacht habe.

Dahlemann (SPD): „Beauftragter ist eine Chance für den Landkreis“

Landrätin Babara Sybre  will das Heft des Handelns in der eigenen Hand behalten und lehnt eine Zwangsverwaltung ab.

Die SPD lehnte den Kreishaushalt im Oktober ab, auch weil sie die jetzt vom Innenministerium getroffene Entscheidung befürchtet hatte. Der Beauftragte sei „eine Chance für den Landkreis“, äußerte Kreistagsmitglied Patrick Dahlemann (SPD) gegenüber dem webMoritz, der zeigen könne, „an welchen Stellen wir Geld zum Fenster raus werfen und wo die uns übertragenen Aufgaben nicht ausfinanziert sind“. Dadurch werde auch deutlich, „dass nicht auf Kosten unserer künftigen Generationen gehaushaltet werden kann“, ergänzte Patrick.

Wulff (FDP): „Besser mit Zwangsverwalter“

Kreistagsmitglied David Wulff (FDP) sieht das Innenministerium im Recht: Es „hatte gar keine andere Möglichkeit als den Haushalt zu beanstanden“ bei einem solchen Defizit. „Außerdem sind nach wie vor keine ernsthaften Konsolidierungsanstrengungen seitens der Kreisverwaltung zu erkennen“, bemängelt David und ergänzt: „Wenn der Innenminister konsequent wäre, dann müsste er am besten gleich die Stelle des Zwangsverwalters ausschreiben. Dann kann er das gleich mit Schwerin [Anmerkung der Redaktion: Der Landeshauptstadt droht auch wegen Überschuldung die Zwangsverwaltung] in einem Abwasch erledigen.“

 

Fotos: David Vössing, Christine Fratzke (Caffier)