Julius, Thea, Hans und Gerd Futter, 1938 verhaftet, 1943 nach Auschwitz deportiert.

Dr. Gerhard Koche, mutmaßlicher Tod: 1943 in Auschwitz.

Dr, Rudolf Kaufmann: 1942 erschossen.

Elise Rosenberg, ehemals wohnhaft in der Friedrich-Löffler-Straße 3.

Alice Weißmann und Paula Sichel, 1943 und 1944 in Theresienstadt gestorben.

Friederike und Georg Feldmann, 1940 deportiert, später ermordet.

Opfer zum zweiten Mal ermordet

Was diese Menschen eint, ist ihr Tod. Sie wurden zwischen 1933 und 1945 in Konzentrationslagern des Dritten Reiches ermordet. Doch es gibt noch etwas, dass sie gemeinsam haben: In Gedenken an die Opfer des Naziregimes wurden auf den Greifswalder Gehwegen, an den Stätten, an denen sie wohnten oder wirkten, kleine, aus Messing gefertigte Stolpersteine errichtet. Als am neunten November 2012 den Opfern der Reichspogromnacht gedacht werden sollte, waren die Steine verschwunden. So, als wenn man Menschen ihrer Gräber beraubt, klafften große Löcher an den Stellen, an denen einstmals Stolpersteine waren. Mutmaßliche Neonazis haben die Opfer jüdischer Verfolgung offensichtlich noch ein zweites mal umgebracht, und zwar symbolisch. „Diese Straftat ist eine ungeheuerliche Provokation neuen Ausmaßes“, erklärte Oberbürgermeister Dr. Arthur König der Presse und hob mit Nachdruck hervor, dass die Täter schnell gefasst werden sollen.

Polizei tappt nach wie vor im Dunkeln

Vor dem Pharmakologischen Institut gestohlene Stolpersteine

In der Zwischenzeit hat die Stadt Greifswald einen Strafantrag gestellt, die Polizei des Landes Mecklenburg-Vorpommern hat eine Belohnung versprochen, wenn Menschen die geraubten Stolpersteine finden oder Informationen zu Tat und Tathergang der Polizei mitteilen würden. Der Finderlohn, den die Polizei auszahlen würde, beträgt 2.500 Euro. Die Stadt Greifswald lobt darüber hinaus eine eigene Belohnung aus, die ebenfalls 2.500 Euro betragen soll. Nach Angaben der zuständigen Neubrandenburger Polizeipräsidiums seien bislang noch keine Hinweise zu Tat oder Tätern eingegangen. Fest steht lediglich, dass sich hinter der Tat eine politische Motivation verbirgt, weshalb bei der Ermittlung zum Fall der Staatsschutz des Landes Mecklenburg-Vorpommerns eingeschaltet worden ist. „In den vergangenen Tagen wurden Befragungen um die Tatorte durchgeführt, die eher weniger befriedigend gewesen sind“, erklärte Andreas Scholz, Pressesprecher des Polizeipräsidiums in Neubrandenburg. Es werde sowohl in die Richtung der Tat eines Einzeltäters, als auch in die Richtung einer möglichen Gruppentat ermittelt. Um welche Gruppen es sich handelt oder handeln könnte, ist noch nicht bekannt.

Stadt organisiert Gedenkrundgang mit Kirchen und Vereinen

Um eine zügige Neuverlegung der Stolpersteine ermöglichen zu können, richtete die Evangelische Studentengemeinde Greifswald ein Spendenkonto ein. Am 14. November verabschiedete das Studierendenparlament der Greifswalder Universität mit deutlicher Mehrheit einen Beschluss, den Spendenaufruf mit bis zu 300 Euro unterstützen zu wollen. Darüber hinaus wird es am 21. November um 16.30 Uhr einen Gedenkrundgang in Erinnerung an die geraubten Stolpersteine und den genannten Opfern des Nationalsozialismus geben. Er wird in der Gützkower Straße 39 vor dem ehemaligen Wohnhaus der von Nazis ermordeten Greifswalder Friederike und Georg Feldmann beginnen und in der Domstraße 9a vor dem historischen Institut enden.

Mit diesem Rundgang soll gemahnt werden, die auch in Greifswald geschehenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. An jedem Ort, an dem zuvor Stolpersteine in die Straßen eingelassen waren, werden von den Initiatoren  der Veranstaltung Texte der Erinnerung vorgetragen. Organisiert wird der Rundgang unter anderem von der Stadt  Greifswald, der Greifswalder Ökumene, der Evangelischen Studentengemeinde, dem Kirchenkreis Pommerns, der Universität sowie dem Arbeitskreis Kirche und Judentum. In den kommenden Monaten sollen alle Stolpersteine von der Stadt mit Hilfe der gesammelten Spenden vollständig ersetzt werden. Ob die Täter doch noch über jene Steine stolpern werden, die sie raubten, bleibt abzuwarten.

Spendenkonto:
ESG Greifswald Konto: 8586020 BLZ: 15061638 Volks- und Raiffeisenbank Greifswald Kennwort: Stolpersteine“
http://www.esg-greifswald.de/

Fotos: Gabriel Kords/ webMoritz-Archiv, Dr. Michael Gratz/ blog.17.vier (Stolperstein vor Pharmakologie & Hintergrundinfos zum Tod der Opfer)

Anmerkung des Verfassers (20.11.2012, 15.10 Uhr): In dem Beitrag hatten sich inhaltliche Fehler eingeschlichen, die entsprechend korrigiert worden sind.