Hannelore Weber möchte im Oktober zur Rektorwahl an der Universität Greifswald antreten. Die Professorin für Psychologie ist überdies Mitglied im akademischen Senat und Ombudsfrau für Fragen wissenschaftlichen Fehlverhaltens an der Universität Greifswald. Für ihre mögliche Zukunft als Rektorin hat sie schon konkrete Ziele, auch was die Zusammenstellung des Rektorats betrifft. Der webMoritz befragte sie außerdem zu ihrer Einstellung zu Studiengebühren und anderen studentischen Interessen.
Guten Morgen Frau Weber, warum wollen Sie Rektorin der Universität Greifswald werden?
Im nächsten Jahr bin ich zwanzig Jahre hier in Greifswald Hochschullehrerin. Das Institut für Psychologie habe ich mit aufgebaut und ich fühle mich dieser Universität sehr verbunden. Ich hatte 2004 einen Ruf an die Universität Heidelberg und das wäre für mich eine Möglichkeit gewesen, in meine alte Heimat zurückzukehren. Ich habe mich damals aber bewusst für Greifswald entschieden und dabei gemerkt, wie sehr ich an dieser Universität hänge. Das war für mich eine endgültige Entscheidung für Greifswald. Eine Entscheidung, die ich nie bereut habe.
In den letzten Monaten, als sehr viele Kolleginnen und Kollegen an mich herangetreten sind mit der Bitte, dass ich kandidieren möge, habe ich zunächst gezögert, weil ich mit Leib und Seele Hochschullehrerin bin und diese Aufgabe sehr gerne weitergeführt hätte. Mir wurde aber klar, dass Rektorin zu sein, zumal die erste Rektorin dieser Universität, eine ganz wichtige und bedeutsame Aufgabe ist. Ich würde sie sehr gerne übernehmen.
Rektor Rainer Westermann hat mal in einem Interview gesagt, dass Psychologen die besseren Führungspersönlichkeiten sind. Sie sind, wie er, auch Psychologin. Stimmen Sie dem zu?
Das kann man nicht so sagen. Die Psychologie befähigt uns natürlich, bestimmte Dinge zu erkennen und menschliches Verhalten besser zu verstehen. Das ist sicher eine gute Voraussetzung dafür, eine Führungsposition zu übernehmen. Aber es ist nur eine von vielen Voraussetzungen. Eine Führungspersönlichkeit beruht, wie der Name schon sagt, auf der gesamten Persönlichkeit eines Menschen. Das Fach, das ein Mensch vertritt, ist nur ein Element.
Ungefähr zwei Jahre ist es her, als das Institut für Psychologie von der Philosophischen in die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät gewechselt ist. Damals waren Sie geschäftsführende Direktorin von der Psychologie. Wie bewerten Sie diesen Schritt heute? War das eine gute Entscheidung?
Das war eine gute Entscheidung. Es war eine Entscheidung, die von dem gesamten Institut getroffen wurde, nicht nur von den Hochschullehrern, sondern von allen Mitgliedern des Instituts, auch den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und den Studierenden. Es war ein im hohen Konsens getragener Entschluss, diesen Wechsel vorzunehmen, und wir haben diesen Wechsel nicht bereut.
Das Moritz-Magazin hatte damals den Titel: „Der geplante Verfall der Philosophischen Fakultät“. Ist es denn so, dass unter Rektor Westermann dieser Verfall vorangetrieben wurde?
Nein, der ist nicht vorangetrieben worden. Klar, wenn ein Institut eine Fakultät verlässt, wird die Fakultät um dieses Institut verkleinert. Das ist einfach so. Auf der anderen Seite hat sich die Fakultät in meinen Augen, auch durch eine Anzahl von Neuberufungen und durch starke Anstrengungen in der Forschung, prächtig entwickelt. Ich finde, dass gerade die Philosophische Fakultät eine sehr gute Entwicklung nimmt und dass die Verkleinerung um die Psychologie dieser Fakultät nicht geschadet hat.
Es gab bei der letzten Vollversammlung einige Forderungen der Studierendenschaft an den neuen Rektor oder die neue Rektorin. Darin stehen Dinge wie Ausbau und Erhalt des Lehramts, Unterstützung der studentischen Kultur oder Studierendenschaft als Partner begreifen. Was sagen sie dazu?
Zum ersten Punkt, der demokratischen Partizipation: Hier ist die Beteiligung der Studierenden auf der Ebene der Institute ein ganz wichtiger Punkt. Das ist etwas, was die Grundordnung im Prinzip auch so vorsieht. Sie legt fest, dass bei wichtigen Entscheidungen im Institut auch die Mitarbeiter und Studierenden zu beteiligen sind und dass hier Fakultätsordnungen entsprechende Regeln vorsehen können. Der nächste Schritt wäre also, dass wir solche Ordnungen auf den Weg bringen, was aber jede Fakultät für sich tun muss. Die Ordnungen müssen diskutiert und erstellt werden, damit die durch die Grundordnung vorgesehene Partizipation umgesetzt wird.
Das wäre ein Projekt, das Sie anstoßen würden?
Ja, das werde ich anstoßen. Denn es geht ja darum, dass etwas, was vorgesehen ist, auch umgesetzt wird. Das ist im Übrigen der Passus der Grundordnung, der auch damals Grundlage für den Fakultätswechsel war, wo wir, weil es um eine wichtige Frage des Instituts ging, die Studierenden entsprechend beteiligt haben.
Wollen Sie noch etwas zu einer anderen Forderung sagen?
Der Forderung nach Unterstützung und Wertschätzung der studentischen Kultur kann ich mich nur anschließen und das aus ganz nahe liegenden Gründen: In Greifswald müssen wir allein schon wegen der geografischen Lage und der Kleinheit der Stadt um Studierende werben. Diese Universität ist kein Selbstläufer, was ihre Attraktivität für Studierende betrifft.
Die Werbekampagnen, die schon laufen, „Studieren mit Meerwert“ zum Beispiel, machen uns nicht größer und nicht zentraler. Das heißt, wir müssen noch mehr tun. Die entscheidenden Werbeträger für diese Universität sind die Studierenden selbst und ihre Zufriedenheit mit dieser Universität. Die geht zum einen aus den formalisierten Evaluationen hervor, z.B. dem CHE-Ranking, in dem Greifswald sehr gut abschneidet. Aber es geht nicht nur um die Bewertung des Studiums allein, sondern auch um die Zufriedenheit der Studierenden mit dem Standort und dem, was er über das reine Studium hinaus bietet.
Das heißt, dass alles, was in die Wege geleitet wird und was an studentischen Initiativen entsteht, um diesen Standort für Studierende attraktiver zu machen, prinzipiell zu fördern ist. Wie das nun im Einzelnen umgesetzt werden kann, da muss man sich zusammensetzen. Das ist eine gemeinsame Aufgabe der Uni. Die Werbung um Studierende wird sich in Zukunft eher verstärken, und das können wir nur mit unseren zufriedenen Studierenden.
Wo wir beim Werben sind. Was halten Sie denn von Studiengebühren?
Da bin ich prinzipiell dagegen. Einmal möchte ich nicht, dass befähigte Schülerinnen und Schüler vom Studium abgehalten werden. Außerdem haben wir bereits jetzt in Deutschland eine viel zu starke sozioökonomische Selektion, die durch Studiengebühren noch einmal verschärft werden würde. Und ich möchte auch verhindern, dass durch Studiengebühren eine Dynamik in Gang gesetzt wird, die zu einer stärkeren Spreizung der Universitäten führt, wie sie z.B. für Großbritannien oder die USA typisch ist.
Was für Ziele haben Sie noch für diese Universität? Was soll verändert werden, was soll vielleicht so bleiben, wie es ist?
Die Forschungsschwerpunkte, die sich herauskristallisiert haben, finde ich sehr gut, die sollten wir beibehalten. Die vorhandenen Stärken und die Ressourcen sollten wir nutzen und weiter ausbauen. Landschaftsökologie ist ein ganz spannendes Thema, das der Entwicklung bedarf. Wir haben allerdings eine Reihe von „offenen Flanken“, die wir angehen müssen. Wir stehen in der Gleichstellung noch zu schlecht da. Wir haben zu wenige Hochschullehrerinnen, Frauen sind zu wenig in Leitungspositionen vertreten. Wir müssen an einem Gleichstellungskonzept arbeiten.
Außerdem müssen wir uns mehr um Internationalisierung kümmern. Bei einem Ranking der Alexander-von-Humboldt-Stiftung hat Greifswald beispielsweise einen erbärmlich schlechten Platz. Wir haben zu wenige ausländische Studierende und Promovierende. Hier müssen wir für eine stärkere Internationalisierung werben. Außerdem müssen wir mehr auf den wissenschaftlichen Nachwuchs achten, der – gemessen an seinem hohen Stellenwert für die Forschung und auch die Lehre – noch zu wenig in der universitären Öffentlichkeit mit seinen Anliegen präsent ist. Die Graduiertenakademie ist ein ganz wichtiger Schritt, hier Abhilfe zu schaffen. Dann denke ich, dass wir die Vernetzung zwischen den Fakultäten verstärken müssen, das bietet sich bei vielen Themen an, etwa bei der Landschaftsökologie.
Wir sollten zudem mehr DFG-Mittel einwerben. Wir haben sicherlich eine sehr gute Bilanz im Hinblick auf die Einwerbung von Drittmitteln insgesamt; wir haben aber noch keine gute DFG-Bilanz. Hier müssen wir in der Breite mehr Kolleginnen und Kollegen ermuntern, dass sie einen Antrag bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft stellen.
Was macht diese Universität denn besonders im Vergleich zu anderen Universitäten?
Zum einen natürlich, dass sie klein ist und dennoch eine Volluniversität. Das ist ganz ungewöhnlich, denn die meisten anderen kleinen Standorte sind im Hinblick auf ihr inhaltliches Spektrum begrenzter. Es ist einfacher, klein zu sein, wenn man auf einige wenige Fächer begrenzt ist. Wir aber müssen uns immer wieder der Diskussion stellen, wie wir angesichts der geringen Ressourcen die Vielfalt erhalten können.
Das heißt aber auch, dass wir die vorhandene Vielfalt besser nutzen müssen, z.B. durch eine stärkere Vernetzung der Fakultäten und eine bessere Einbindung der jungen Forschenden. Das stellt uns vor ganz besondere Herausforderungen, und das macht diesen Standort so besonders.
Der Rektor oder die Rektorin arbeitet immer mit einem Team, dem Rektorat. Haben Sie sich schon überlegt, wen Sie gerne als Prorektor in Ihrem Team hätten?
Ja, sehr konkret, ich habe auch schon entsprechende Gespräche geführt. Für mich ist es wichtig, dass sich die inhaltliche Breite dieser Hochschule auch in der Hochschulleitung abbildet. Ich freue mich sehr, dass Wolfgang Joecks bereit ist, für ein Prorektorat zur Verfügung zu stehen. Außerdem hoffe ich, Eckhard Schumacher aus der Germanistik gewinnen zu können. Mit ihm wäre auch die Philosophische Fakultät eingebunden, und es wäre ein Prorektor dabei, der in der Lehramtsbildung engagiert ist. Das wären meine beiden Wunschkandidaten.
Das Gespräch führte Simon Voigt.
Hochschulöffentliche Anhörung am Dienstag
Hannelore Weber wurde vom Rat der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät und mehreren Senatoren als Kandidatin vorgeschlagen. Für das Amt des 352. Rektors der Universität Greifswald gab es außerdem noch eine Bewerbung, und zwar vom Vizepräsidenten der Universität Potsdam, Robert Seckler, mit dem wir in der letzten Woche ein Gespräch führten. Am kommenden Dienstag, dem 18. September, stellen sich die beiden Anwärter auf einer Anhörung den Fragen der Hochschulöffentlichkeit. Einen Tag später findet die nächste Senatssitzung statt, auf der beide Kandidaten nominiert werden können, damit sie im Oktober zur Wahl antreten dürfen.
Fotos: Simon Voigt
Ich hoffe es passiert auch mal was in Richtung Ernst Moritz Arndt. In Münster wurde ja auch von Befürwortern des Hindenburgplatzes betont wie wichtig eine differenzierte Auseinandersetzung mit Geschichte gerade an Hand solcher Bennenungen ist. Ich warte weiter und habe Geduld…
bin ich froh nächstes jahr fertig zu werden, dann muss ich mir diese ganze nicht endende diskussion von euch nicht mehr anhören
Wer nicht studiert oder arbeitet, braucht halt eine andere Daseinsberechtigung, um an der Uni verweilen zu dürfen.
aber das war jetzt nicht auf arndt bezogen, oder? tschihi..
Klar, als Toter kann man ja schlecht studieren oder arbeiten. Aber stimmt schon, eigentlich sollte Arndt hier studieren, anstatt einfach bloß nen toten Patron zu mimen. 🙂