„Diagonal ist besser – für Rad, Auto und Fuß“, so lautet der neue Name einer Bürgerinitiative, die sich gestern gegründet hat. Ihr Ziel soll es sein, in der Stadt einen breiten Konsens für die Diagonalquerung zu schaffen, damit deren Umsetzung erfolgen kann. Beim Gründungstreffen wurden erste Pläne zu Unterschriftensammlungen, einem gemeinsamen Erkennungszeichen und weiteren PR-Maßnahmen geschmiedet.

Frei von parteigefärbten Debatten soll es in Zukunft ein unabhängiges Bürgerbündnis geben, welches neue und vor allem sachliche Argument als Diskussionsgrundlage liefern will. Die Treffen sollen monatlich stattfinden, zu denen auch Mitglieder der Bürgerschaft eingeladen werden sollen.

Hannes R. und Torsten W. (beide bei den Grünen) hatten zur Gründung dieser Bürgerinitiative aufgerufen, mit dem ausdrücklichen Wunsch überparteilich agieren zu wollen. Ihre Motivation war es, deutlich zu machen, dass die Diagonalquerung viele Befürworter habe und an Wegen zu arbeiten, dies in Zukunft stärker zu propagieren. Eine „Verkehrswende“ solle her, bei der alle Bürger gleichberechtigt vertreten sind.

Diagonalquerung von Polizei und ADAC befürwortet?

Diesem Aufruf sind neun elf Personen gefolgt, die sich am Donnerstagabend im Roten Salon der Brasserie „Hermann“ zusammensetzten. Die Mehrheit war entweder bei den Grünen, den Piraten, der SPD oder dem Fahrradlobbyverein ADFC organisiert. Eine Frau war dabei. Es wurde viel vom Interessenfilz reaktionärer Kräfte in der Stadt gesprochen, den es aufzubrechen gelte. Außerdem betonten sie, dass die Diagonalquerung bereits durch demokratischen Beschluss im Haushaltsplan verankert ist, die Gegner würden sich trotzdem mit aller Kraft dagegenstellen, woran die Umsetzung bisher gescheitert sei.

Die Diagonale würde für alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen von Vorteil sein, nicht nur Fahrradfahrer würden Zeit sparen, wie es oft diskutiert werde. In Greifswald sollen, so ist das Ziel, alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen berücksichtigt werden. Im Laufe der Diskussion wurden einige Pro-Argumente gesammelt, beispielsweise dass die Diagonalquerung für eine höhere Sicherheit an der Europakreuzung stünde, was auch von der Polizeidirektion Anklam, dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft und dem ADAC festgestellt wurde. Genaue Quellen fehlten allerdings, ebenso in dieser Mitteilung der Grünen.

Als größtes Problem der Diagonalquerung wurde die für viele Bürger unklare Höhe der Kosten angesehen, welche in Vergangenheit durch Populismus und falschen Argumentationen in der Ostseezeitung oder durch Kreisverbände verschiedener Parteien vollkommen falsch angegeben worden sei. Viele Greifswalder würden vor der großen Summe von rund 180.000 Euro zurückschrecken, wobei dieses Geld für den kompletten Umbau der Europakreuzung angesetzt sei und nicht nur für die Fahrraddiagonale. Weiterhin würde der Preis nie in Relation zu anderen Verkehrsprojekten gesehen, welche in Vergangenheit weitaus größere Summen bei geringem Nutzen verschlungen hätten, so der Konsens unter den Beteiligten. Zukünftig will die Bürgerinitiative aus diesem Grund die genauen Kosten des Umbaus der Europakreuzung genauer aufschlüsseln und unter den Bürgern verbreiten.

Die Runde im Roten Salon war noch klein, will aber größer werden.

Steffen Burkhardt, stellvertretender Vorsitzender im Landesvorstand Mecklenburg-Vorpommern vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC), argumentierte, dass die Diagonalquerung als Teil einer Fahrradachse durch die Stadt vor allem ein Symbol sei, mit dem Greifswald wirklich behaubten könne, „Fahrradhauptstadt“ zu sein, was schon in der Planungsphase Deutschlandweite Bekanntheit erlangt hat. Der Symbolwirkung stimmte Milos Rodatos, er war als Hochschulpirat und StuPa-Präsident zu Gast. In Zukunft werde sich die Universität vor allem auf zwei Campi in Innenstadt und rund um den Berthold-Beitz-Platz konzentrieren, die Diagonale wäre eine wichtige Lebensader für alle Pendler, Mitarbeiter wie Studierende. Die Stadt lebe von der Universität und solle diesem wichtigen Wirtschaftsfaktor berücksichtigen, so Rodatos. Alle Teilnehmer zeigten sich optimistisch, „Das Ding kommt, davon bin ich fest überzeugt.“, meinte Burkhardt. Ob das Ziel schon das Jahr 2013 oder später sein soll, darauf konnte man sich nicht einigen.

Hält die Gründer der Bürgerinitiative für „Schmetterlingsfänger“: Axel Hochschild (CDU)

CDU nannte die Initiatoren „Schmetterlingsfänger“

Im Vorfeld des Treffens hatte sich bereits der CDU-Stadtverband kritisch geäußert. Der Fraktionsvorsitzende Axel Hochschild störte sich vor allem an einer Formulierung in der Einladung, denn dort wurde von „Ewig Gestrigen“ gesprochen, „die noch immer von der vollständig autogerechten Stadt träumen.“ „Diejenigen Greifswalder, die diese Geldverschwendung von 180 000 Euro nicht wollen, […] als Ewiggestrige zu beleidigen, ist an Arroganz und Hochmut kaum noch zu überbieten“, so Hochschild in der OZ vom 19. Juli. Er forderte eine Entschuldigung, bezeichnete die Initiatoren aber im gleichen Atemzug als „Grüne Schmetterlingsfänger“, womit Hochschild womöglich gleich untermauern wollte, was er unter Arroganz und Hochmut versteht.

Am Ort, welcher die schon Jahre andauernde Debatte entfesselte, an der Europakreuzung am Platz der Freiheit, wird derweil schon seit Monatsanfang ein Verkehrsversuch durchgeführt, bei dem vom Hansering eine Linksabbiegerspur in die Wolgaster Straße gesperrt wurde. Hier sollen die Auswirkungen einer möglichen Diagonalquerung simuliert werden. Der Versuch wurde inzwischen bis zum 31. August verlängert. „In den ersten Wochen der Verkehrserprobung hat es keine relevanten Stauerscheinungen gegeben, die bereits jetzt gegen eine Verlängerung des Verkehrsversuches gesprochen hätten. Mit der Verlängerung des Verkehrsversuches wird neben dem Urlauberverkehr auch der wieder anschwellende Berufsverkehr mit in die Untersuchung einbezogen, der nach dem 3. August, dem Ende der Ferien in unserem Land, zunehmen wird. Wir werden so ein repräsentatives Ergebnis über den Verkehrsversuch vorlegen können“, erklärt Fred Wixforth für die Greifswalder Straßenverkehrsbehörde in einer Pressemitteilung der Stadt.

Die Bürgerinitiative will sich voraussichtlich an jedem dritten Donnerstag im Monat im „Herrmann“ treffen, der nächste Termin soll der 16. August um 19:30 Uhr sein. Änderungen sind allerdings vorbehalten und sollen bis dahin über eine eigene Seite oder dem ADFC bekannt gegeben werden.

Fotos: Verlauf Diagonalquerung (Stadtverwaltung, ohne CC); Gesprächsrunde (Ulrich Rose); Hochschild (Gabriel Kords, Archiv)