Am gestrigen Freitag, 27. Januar, fand im Pommerschen Landesmuseum eine Gedenkveranstaltung für die Opfer der „Zwangsarbeit im Nationalsozialismus“ statt. Anlässlich der Befreiung des KZ Auschwitz vor 67 Jahren luden Universität, Stadt und die Kulturreferentin für Pommern, Magdalena Gebala, zu Vorträgen und musikalischer Begleitung. Doch verlief der Abend nicht so friedlich, wie die Veranstalter es sich gewünscht hatten: Rund sieben Nazis störten vor Beginn und verteilten Flyer.

„So etwas macht mich unglaublich wütend.“ Ulf Dembski, Senator für Jugend, Soziales, Kultur, Bildung und öffentliche Ordnung, hatte andere Grußworte vorbereitet für die Gedenkveranstaltung in den Räumen des Pommerschen Landesmuseums. Doch bevor Magdalena Gebala den Abend öffnete, betraten etwa sieben dunkel gekleidete Männer den Saal und begannen, Flyer zu verteilen. Als sich herausstellte, dass es sich dabei um rechtes Ideengut handelt, griffen der Senator und weitere Anwesende schnell ein und die ungeladenen und unerwünschten Gäste wurden des Museums verwiesen.

Doktor Christine Glauning

Zwangsarbeit war auch in Greifswald Alltag

Die Gruppe „I Cornetti Pomerani“ leitete mit einem Musikstück die Vortragsrunde ein, daraufhin stellte der Moderator Professor Joachim Lege die Referenten des Abends vor. Angereist aus Berlin war die Leiterin des Dokumentationszentrums über NS-Zwangsarbeit, Doktor Christine Glauning, die nach der Begrüßung durch Uni-Kanzler Wolfgang Flieger und Senator Ulf Dembski über Zwangsarbeit in Deutschland unter dem Nazi-Regime referierte. „Ereignis und Erinnerung“ überschrieb sie ihren Vortrag und gab einen etwa halbstündigen Überblick der Situation von Zwangsarbeitern nicht nur bis 1945, sondern auch darüber hinaus, verwies unter anderem darauf, dass den Opfern die Entschädigungszahlungen verwehrt wurden. Auch daran müsse man sich heute erinnern, so Glauning.

Uwe Kiel, der zweite Referent an diesem Abend, ist Leiter des Greifswalder Stadtarchivs und ebenfalls Historiker wie seine Vorrednerin. Er führte das Publikum nicht nur mit seinem Vortrag, sondern auch mit Bildern und Akten von Zwangsarbeitern und Briefen, beispielsweise Rundschreiben der Deutschen Arbeiterfront (DAF), aus dem Stadtarchiv in die Thematik „Zwangsarbeit in Greifswald und Umgebung“ ein. Seit dem Jahr 2000 werden Nachforschungen zu diesem Thema angestellt. Einige der Ergebnisse stellte Kiel in seinem Vortrag dar. So wurden in vielen Greifswalder Firmen Zwangsarbeiter und später auch Kriegsgefangene als Arbeiter eingesetzt; dabei kamen die vorwiegend männlichen Arbeiter nicht nur aus Polen und den Ostgebieten, sondern auch aus dem eroberten Belgien und Frankreich. Das vorwiegend ältere Publikum lauschte interessiert seinen detaillierten Ausführungen und bedachte am Ende des Abends ihn und die weiteren Beteiligten mit Applaus.

Kommentar

Seit 1996 gedenkt man am 27. Januar in Deutschland den Opfern des Nationalsozialismus. Das Datum geht zurück auf den Befreiungstag des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee am 27. Januar 1945. Zeitzeugen des Grauens gibt es nur noch wenige, ein Vergessen kann und darf man sich nicht leisten.

Umso erschreckender ist es, dass Vertreter rechter Gedanken eine Gedenkveranstaltung für die Opfer der NS-Zeit stören, um ihre verleumderischen Flyer zu verteilen. Man möchte den Anwesenden, die schnell genug reagiert und die Nazis rausgeworfen haben, mehr als einmal danken. In den letzten Jahren war der Gedenktag glücklicherweise von solchen Vorfällen verschont. Doch zeigt es, dass die Nationalsozialisten trotz der Widerstände am 1. Mai oder zu den Wahlkampfveranstaltungen der NPD im Sommer immer noch eine breite Basis haben.

Doch weiterhin ist Achtung und Wachsamkeit geboten. Damit das rechte Gedankengut nicht in die Köpfe und Kreistage Einzug hält, damit Greueltaten wie die des NS-Regimes für immer der Vergangenheit angehören.