Die Stadtbibliothek Greifswald „Hans Fallada“ blickt auf ein solides Jahr 2011 zurück und hat bereits viele Projekte für das neue Jahr im Auge. Doch trotz einer vergleichsweise hohen Benutzerzahl sollen die Gebühren erhöht werden. Dies und mehr präsentierte heute morgen die Leiterin Angelika Spiecker in einem Pressegespräch.

Die Zahl der Entleihungen habe laut Spiecker eine „Hochebene“ erreicht. Sie lag im vergangenen Jahr bei 457.000 und bewege sich schon seit ein paar Jahren auf diesem Niveau. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl sei dies ein guter Wert, viel mehr Kapazitäten könne die Bibliothek auch nicht bedienen. 7.200 aktive Nutzer der Bibliothek gebe es, von denen einige täglich kommen würden. Insgesamt wurden über 150.000 Besucher im Jahr gezählt, Stralsund beispielsweise könne mit mehr Einwohnern weniger Bibliotheksnutzer vorweisen. Die Entwicklung der Einwohnerstatistik der Stadt Greifswald habe sich zwar negativ ausgewirkt, da vor allem jugendliche Nutzer wegfielen, jedoch profitiere die Bibliothek heute von der Universität und den jungen Akademikerfamilien in der Stadt. „Sie glauben nicht, was hier Samstag Vormittag los ist. Es herrscht pralles Leben, wenn die bildungswilligen Eltern mit ihren Kindern hier sind“, äußerte sich Angelika Spieker zu den Besucherzahlen.

Auch neu seit 2011: Selbstverbuchungsautomaten

Gebührenerhöhung wohl schon ab März

Der Bestand liegt heute bei ungefähr 90.000 Medien und habe sich in den letzten Jahren immer weiter verringert. So lag er vor sechs Jahren beispielsweise noch bei 120.000 Medien. Grund dafür sei, dass die Mittel der Bibliothek nicht reichen würden, die Abgänge wieder auszugleichen. Dies, aber auch gestiegene Personal-, Sach- und Gemeinkosten seien der Grund für die erste Gebührenerhöhung seit fünf Jahren. Die Jahresgebühr wird von bisher sieben Euro auf zehn Euro für Jugendliche ab 16 Jahren und Studenten (Ermäßigungen), von zwölf auf 15 Euro für Erwachsene und von 18 auf 23 Euro für Familienkarten steigen. Auch Vorbestellungen und die telefonische Verlängerung kostet bald einen Euro anstatt 50 Cent. Kinder bis 16 Jahre können die Bibliothek nach wie vor kostenfrei benutzen.

Alles in allem wird mit Mehreinnahmen von rund 24.300 Euro gerechnet. Damit sei es möglich, den Bestand an aktuellen Zeitschriften und neuer Belletristik aufrecht erhalten zu können. Vor allem in diesem Bereich seien die Preise in den letzten Jahren „explodiert“. Da aber besonders Neuerscheinungen zu den Wünschen der Nutzer gehören, sei es wichtig, diesen auch nachzukommen. 8.000 Neuanschaffungen gab es deswegen im Jahr 2011 und „bis jetzt gibt es keinen Mangel und wir sind gut ausgestattet“, stellte Spiecker fest. Sie zeigte sich auch optimistisch in Hinblick auf die Entwicklung der Entleihungen, schließlich würden viele Nutzer die neuen Preise aktzeptieren.

Die Gebührenerhöhung wird am 20. Februar in der Bürgerschaft besprochen und dann womöglich schon zum 1. März umgesetzt. Bisherige Inhaber eines Bibliotheksausweises können diesen weiterhin nutzen, sie müssen erst bei der Verlängerung drauf zahlen.

Screenshot der Seite vom Online-Bibliotheksverbund Nord

Mit der Onlinebibliothek „der Zeit voraus“

Stolz zeigte man sich bei dem Projekt Onlinebibliotheksverbund Nord. Neben Greifswald, Stralsund, Wolgast wird bald auch die Bibliothek in Bergen auf Rügen dem Verbund beitreten und gemeinsam sei man in der Lage, über 9.000 digitale Titel anzubieten. Bereits 2009 startete die Bibliothek dieses Projekt, bei dem alle Nutzer der Bibliotheken auf bestimmte Medien auch online zugreifen können. Zur Auswahl stehen Musik, Videos, Bücher, Zeitschriften und Tageszeitungen. Der Vorteil liegt in der Verfügbarkeit, denn unabhängig von den Öffnungszeiten sind alle Medien rund um die Uhr abrufbar. Die klassische Ausleihe bleibt aber insofern bestehen, dass es für jeden Titel eine feste Nutzerlizenz gibt, die nur ein Mal vorhanden ist. Alle digitalen Medien sind durch ein Digital Rights Management (DRM) geschützt, was nur begrenzte Zugriffe zulässt. Beispielsweise lässt sich Der Spiegel als e-paper nur einen Tag nutzen, die Süddeutsche Zeitung nur eine knappe Stunde, Musik hingegen 14 und Belletristik 30 Tage. Nach Ablauf dieser Frist sperren sich die Dateien automatisch.

„Am Anfang lief das Projekt zögerlich an, wir waren wohl etwas der Zeit voraus“, fasst Angelika Spiecker die ersten zwei Jahre zusammen. Einen richtigen Schub habe es erst 2011 gegeben, als der Verkauf von Tablet-Computern und E-book Readern anstieg und eine rege Nachfrage auslöste. Mittlerweile werde das Angebot sogar bundesweit genutzt.

Pläne für das neue Jahr: Computerspielschule und Nordischer Klang

Für das neue Jahr gibt es schon Pläne für weitere Ausstellungen der Greifswalder Fotoclubs im Foyer und eine erneute Teilnahme am Nordischen Klang. Hier werden Kristof Magnusson mit seiner Gebrauchsanweisung für Island  sowie eine finnische Kinderbuchautorin erwartet. Bereits im Februar startet eine Computerspielschule, bei der unter medienpädagogischer Begleitung die ältere und jüngere Generation an Computerspiele herangeführt werden soll, um Vorurteile abzubauen und „diesen Missbrauch mit diesen ganzen Spielen“ zu verhindern, so Spiecker. Organisiert wird dies von einem Seminar unter der Leitung des Professors Roland Rosenstock, Lehrstuhlinhaber für Religions- und Medienpädagogik an der Theologischen Fakultät.

Außerdem ist auch eine Sanierung der Bibliothek geplant. Sobald die Bürgerschaft Mittel bewilligen werde, soll begonnen werden, das Gebäude in der Knopfstraße etagenweise zu erneuern. Dabei soll der Fußboden erneuert und die Möblierung ausgetauscht werden. Wo die Bücher zwischengelagert werden, wusste die Leiterin noch nicht.

Fotos: Simon Voigt