Gestern, am 5. Dezember, sollte in der Stadthalle eigentlich die zweite Sitzung des neu gewählten Kreistages Vorpommern-Greifswald stattfinden. Jedoch musste diese Sitzung vorzeitig abgebrochen werden, da mindestens 70 Personen im Kreistag gegen die rechtsextreme NPD demonstrierten. Nach mehrmaligen Aufforderungen seitens des Kreistagspräsidenten Michael Sack (CDU), den Saal zu verlassen, wurde die Sitzung vorzeitig beendet. Voraussichtlich am 20. Dezember wird der Kreistag wieder zusammenkommen, dann jedoch nicht in Greifswald.

Die Demonstranten versammelten sich auf dem Vorplatz und in der Stadthalle, um lautstark gegen die Abgeordneten der NPD zu demonstrieren. Dabei kam ein bereits aus dem Wahlkampf bekanntes Banner mit der Aufschrift „Nazis abwählen“ und Luftballons zum Einsatz. Auch Anhänger der NPD waren vor Ort und versuchten diese Aktionen zu unterbinden. Der Fraktionsvorsitzende der NPD, Michael Andrejewski, wurde  während seiner Rede mehrfach von den Gästen mit Trillerpfeifen und Buh-Rufen gestört, woraufhin Kreistagspräsident Michael Sack (CDU) ermahnte, Ruhe zu bewahren.

Nach drei erfolglosen Versuchen ließ er den Saal räumen, wie die Ostsee Zeitung berichtet. Die Zeitung spricht von Tumulten, mehrere Blogs schreiben gar von gewalttätigen Übergriffen gegen die Protestierenden seitens der Sympathisanten der rechtsextremen Abgeordneten. Polizeisprecher Axel Falkenberg bestätigt dies jedoch nicht, es habe lediglich „Schubsereien“ gegeben. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde zunächst weiter getagt, wenig später wurde die jedoch Sitzung komplett abgebrochen, nachdem Abgeordnete der Grünen versuchten wieder Zuhörer zuzulassen.

Der Aktion ging ein Aufruf übers Internet voraus, den Anhängern der rechtsextremen Abgeordneten den Zutritt zu der Stadthalle zu verwehren. Außerdem sollten die Besucherränge besetzt werden, um den Zutritt NPD-naher Gäste zu verhindern. Der Aufruf gelang wohl durch Unachtsamkeit an die falschen Adressaten, sodass auch Neonazis wie Polizei von der Aktion erfuhren.

Erste Reaktionen von Abgeordneten

Mittlerweile liegen von mehreren Seiten Reaktionen zu diesem Vorfall vor. So bezeichnet der Kreistagspräsident Michael Sack (CDU) die lautstarken Proteste gegen die Abgeordneten der NPD in der Ostsee Zeitung als eine „schallende Ohrfeige für alle Ehrenämtler“. Die Präsenz der Rechtsextremen im Kreistag gehe auf eine rechtmäßige Wahl zurück und solle auch von Demokraten akzeptiert werden, heißt es dort weiter.

Mit dem Aufruf der Grünen an die Protestierer, den Saal wieder zu betreten, hätten sie laut CDU-Kreisverband Greifswald dazu beigetragen, dass die Sitzung endgültig abgebrochen wurde. Die Autorität und das Amt des Kreistagspräsidenten sei dadurch geschädigt worden. „Wenn die Grünen und Herr Kochhan zukünftig nicht Gefahr laufen wollen, die gleiche Missachtung zu erfahren, wäre eine öffentliche Entschuldigung noch das Geringste, was aktuell angezeigt wäre,“ so der Fraktionsvorsitzende der CDU Kai Krohn auf der Internetpräsenz der Partei.

Gregor Kochhan

Gregor Kochhan

Gregor Kochhan,  Fraktionsvorsitzender und Kreisvorstandsmitglied der Grünen, sieht dies anders. „Demokratinnen und Demokraten dürfen sich mit der Präsenz von Neonazis in unserem Kreistag nicht abfinden. Die NPD und ihre Anhängerschaft ist darauf aus, ein Klima der offenen und latenten Gewalt zu verbreiten. Die NPD ist also das Problem, und es sind nicht diejenigen, die auf die Gefahren, die von ihr ausgehen, aufmerksam machen.“ so Kochhan in einer Pressemitteilung der Grünen Vorpommern-Greifswald. Mitglieder seiner Fraktion seien bedroht worden, woraufhin Anzeige erstattet worden sei.

Auch Patrick Dahlemann, Vorsitzender der Jusus Uecker-Randow und Mitglied des Kreistages Vorpommern-Greifswald begrüßte die Aktion. „Das ist ein deutliches Zeichen, dass es bei uns keinen Platz für Nazis gibt. Wir müssen stetig die Auseinandersetzung mit dem ernsten Thema suchen und dürfen nichts schönreden.“, so seine Sicht in einer Pressemitteilung der Jusos Vorpommern-Greifswald. Kreistagspräsident Sack habe weiterhin aus Sicht der Jusos „völlig angemessen reagiert“, im Nachhinein sei es immer leicht diese Entscheidung zu bewerten. In der Mitteilung heißt es auch, dass Frauen geschubst und geschlagen worden seien.

NPD nahm erstmals an Parlamentssitzung in Greifswald teil

Am 4. September wurden die Rechtsextremen in den neuen Kreistag von Vorpommern-Greifswald gewählt und sind aktuell mit sechs von 69 Sitzen als fünftstärkste Fraktion vertreten. Getagt wird in Rotation in Anklam, Pasewalk und Greifswald. In den Kommunalparlamenten der ehemaligen Kreise  Uecker-Randow und Ostvorpommern waren sie schon vorher vertreten, in der ehemals kreisfreien Stadt Greifswald jedoch nicht. Somit war die Kreistagssitzung gestern die erste Teilnahme der NPD an einer Parlamentssitzung in der Stadt, was ihre Gegner zu den Protesten veranlasste.

Noch in diesem Jahr, am 20. Dezember soll die Sitzung wiederholt werden. Dies jedoch nicht in Greifswald, wie die Ostsee Zeitung schreibt.

Fotos: Titel – Oliver Wunder via daburna.de, Kochhan – Vorpommern Greifswald wird Grün

Anmerkung: Die Passage zu dem Internetaufruf wurde am 7. Dezember nachträglich korrigiert.

 

„Mit solchen unkontrollierten Aktionen verlieren die Rechtsextremen Ihren Schafspelz und zeigen wie gefährlich sie sind“, sagte Dahlemann abschließend.