Zwei Wochen nach der Landtagswahl, aus der die SPD erneut als führende Partei hervor gegangen ist, sind nun die Sondierungsgespräche beendet. In je zwei Gesprächsrunden wurde mit der CDU und der Partei Die Linke. (PDL) über eine mögliche Regierungsbeteiligung diskutiert. Wie die Neuesten Norddeutschen Nachrichten vor etwa einer Woche berichteten, gab es innerhalb der PDL Streit um die Leitung der Sondierungsgespräche und Koalitionsverhandlungen. So habe Steffen Bockhahn, Vorsitzender des PDL-Landesverbandes, darauf bestanden, die Koalitionsverhandlungen führen zu wollen und nicht, wie ursprünglich vorgesehen PDL-Spitzenkandidat Helmut Holter. Ferner habe Bockhahn, so die NNN, gegenüber Sellering betont, dass er im Falle eines „Ausfalls“ Helmut Holters „für höhere Regierungsämter zur Verfügung“ stehe. Holter soll nach Informationen dieser Zeitung überrascht gewesen sein, nachdem Sellering ihn daraufhin ansprach. Zudem soll es noch weitere Unstimmigkeiten innerhalb der Unterhändler der PDL während der Sondierungsgespräche gegeben haben. Nach Angaben der Schweriner Volkszeitung kam es darüber hinaus in der Frage der Theaterreform zum Streit zwischen PDL und SPD. Andere Medienberichte konnten diese Vorgänge jedoch nicht bestätigen.

CDU für Mindestlohn

Im Ergebnis der Sondierungsgespräche haben nach Informationen des Hamburger Abendblattes der Landesvorstand, Parteirat und die Fraktion die Empfehlung zugunsten der Zusammenarbeit mit der CDU einstimmig angenommen. „Da können wir nicht auf den Bund warten“, betonte Sellering gegenüber jener Zeitung in Bezug auf den Mindestlohn. Dieser soll auch Schwerpunkt der neuen Arbeit in der Koalition sein. In den kommenden fünf Jahren will Sellering demnach zusammen mit der CDU einen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro im Land Mecklenburg-Vorpommern durchsetzen. Zudem will die sozial-konservative Koalition die Situation in den Kindergärten verbessern. So wolle man nach Informationen des Hamburger Abendblattes allen Kindern ein kostenloses Mittagessen zur Verfügung stellen, die Krippenplätze sollen billiger werden. Ferner solle „die solide Finanzpolitik“ in den kommenden Jahren fortgesetzt werden. Zudem wolle die neue Regierung nach Angaben der Ostsee-Zeitung das Ziel verfolgen, die Renten zwischen Ost und West weiter anzugleichen. Darüber hinaus solle die Wende hin zu erneuerbaren Energien im Land gelingen. Während Sellering über die künftige Zusammensetzung der Regierung noch keine Angaben machte, beginnt die Schweriner Volkszeitung bereits zu spekulieren.

Partei Die Linke enttäuscht

Helmut Holter will jetzt stärker als bisher Oppositionsarbeit leisten.

Aufgrund von Verlusten der CDU in Höhe von fünf Prozent wird sie jedoch ein Ministerium abgeben müssen. Nach Angaben der SVZ werde das voraussichtlich das Bildungsministerium sein, auf das es „SPD-Kreise schon seit geraumer Zeit“ abgesehen hätten. Demnach wäre Mathias Brodkorb, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion der vergangenen Landtagsperiode eine Option für dieses Ministerium. Ein wichtiger Grund für die Entscheidung, die große Koalition fortsetzen zu wollen, soll nach Angaben der Ostsee-Zeitung das hohe Maß an Zustimmung gewesen sein, das laut Umfragen die große Koalition sich seit 2006 im Land erarbeitet habe. Wie der Ministerpräsident mitteilte, werde am 22. Oktober auf dem Landesparteitag der SPD über den neuen Koalitionsvertrag abgestimmt. Die Wahl des Ministerpräsidenten, die auf eine Bestätigung Erwin Sellerings hinaus laufen wird, soll bis spätestens zum 26. Oktober erfolgt sein. Während Steffen Bockhahn die Entscheidung der SPD nach Angaben des Hamburger Abendblatts „zur Kenntnis“ nimmt, zeigt sich Helmut Holter nach OZ-Angaben enttäuscht. „Jetzt schreibt auch die SPD Zukunft mit „C““, teilte er der OZ mit. Die PDL wolle sich in Zukunft in der Opposition „noch mehr steigern“. Die CDU zeigte sich hingegen erleichtert, schließlich habe man, so CDU Generalsekretär Vincent Kokert, „bis zum Schluss gezittert.“

AStA erarbeitet Forderungskatalog

Der Allgemeine Studierendenausschuss hat derweil einen Forderungskatalog für die neue Koalition ausgearbeitet, in dem Interessen der Studierendenschaft skizziert werden. Demnach solle beispielsweise der Lehrerberuf attraktiver gestaltet werden, indem „eine Lohnangleichung auf Niveau der alten Bundesländer, die Abschaffung von Teilzeitstellen, die Reduzierung von Pflichtstunden und die Konzentration auf eine Stammschule zeitnah“ umgesetzt werden sollen. Zudem ist der Greifswalder AStA der Meinung, dass eine mögliche Verbeamtung die Attraktivität nochmals steigern würde. Außerdem wird gefordert, die Autonomie der Hochschule weiter auszubauen, eine Verbindlichkeit von Vollversammlungsbeschlüssen im Landeshochschulgesetz zu verankern, eine paritätische Sitzverteilung in akademischen Gremien festzulegen, sowie unter anderem den Hochschulsport künftig stärker zu fördern. Darüber hinaus soll die neue Regierung eine Erhöhung der Zuschüsse für das Studentenwerk durchsetzen.

Die Große Koalition – Falle für die CDU?

Ein Kommentar von Marco Wagner

Die Große Koalition wird in Mecklenburg-Vorpommern eine Fortsetzung finden. Werden die Meldungen, Berichte und Kommentare unterschiedlichster Medien durchstöbert, stellt sich sofort die Frage: Wo sind die Forderungen der CDU? Einstmals war die CDU gegen erneuerbare Energien und sprach sich für einen Energiemix aus. In Mecklenburg-Vorpommern will die CDU die Energiewende beschleunigen. Mindestlohn war ein Thema, das für die CDU genau so heilig ist, wie für die SPD und die Partei Die Linke. Nur mit umgekehrten Vorzeichen. In der neuen Koalition will die CDU auch die Einführung des Mindestlohnes mittragen. Die CDU macht in Mecklenburg-Vorpommern den gleichen Fehler, wie ihn die Partei Die Linke 2006 in Berlin gemacht hat: Sie hat sich an die SPD verkauft, um weiter mitregieren zu können. Wird es so kommen, wie es bis jetzt scheint, so wird es faktisch eine SPD-SPD Koalition sein, keine SPD-CDU Koalition. Das mag zwar für die Menschen im Land durchaus positiv sein, für die CDU kann sich der Verkauf an die SPD jedoch als Falle erweisen. Verliert sie doch dadurch langfristig ihr konservatives Wählerpotential. Ob sie diesen Verlust in fünf Jahren durch abwandernde SPD-Wähler wieder auffangen kann, darf bezweifelt werden. Schließlich haben die Sozialdemokraten die Bedingungen vorgeschrieben, die Christdemokraten abgenickt. Nicht die SPD schreibt Zukunft mit „C“, sondern die CDU „Gut wie das Land.“

Fotos: Christine Fratzke (Artikelbild), DIE LINKE Fraktion im Landtag Mecklenburg-Vorpommern/ wikimedia commons (Helmut Holter)

Anmerkung der Redaktion. Der Text wurde im ersten Absatz um einen Satz inhaltlich ergänzt und präzisiert.

*Update*

Wie dem webMoritz inzwischen von einem Mitglied des Landesvorstandes der PDL mitgeteilt wurde, seien die Schilderungen der Schweriner Volkszeitung, auf die sich die Neuesten Norddeutschen Nachrichten berufen „frei erfunden“. Von Seiten der PDL wird vermutet, dass die Meldung im Umkreis der Chefredaktion der SVZ entstanden sei, die bereits vor der Wahl unmissverständlich betont habe, dass man für Rot-Schwarz sei.

Im Gegensatz zur SPD habe demnach die PDL ihren Landesvorstand in regelmäßigen Abständen Bericht erstattet. Das Steffen Bockhahn die Verhandlungen führen soll, sei von Beginn an klar gewesen. Einen Streit von dem SVZ und NNN berichteten, habe es demnach nicht gegeben. Nach Angaben eines Landesvorstandsmitgliedes der Partei Die Linke soll es inhaltlich mehr Einigkeit zwischen SPD und PDL als zwischen SPD und CDU gegeben haben. „Die Verhandlungsgespräche waren sehr fruchtbar und Ernst gemeint“, meinte das Vorstandsmitglied gegenüber dem webMoritz. Allerdings habe sich Sellering „Sorgen um den Zustand“ der Partei Die Linke gemacht und habe in diesem Zusammenhang explizit das angestrebte Parteiausschlussverfahren Marianne Linkes sowie die Mauerdebatte, die im Umfeld des 13. Augusts geführt wurde, genannt. Sellering befürchtete, dass eine Rot-Rote Koalition aus genannten Gründen den hohen Zustimmungswerten der SPD schaden könnte.

In den Sondierungsgesprächen haben sich SPD und PDL auf einen Mindestlohn von 10 Euro einigen können, wohingegen man sich mit der CDU auf einen Kompromiss in Höhe von 8,50 Euro hätte einigen können. Besonders wichtig sei der SPD die Finanzierung der Kindertagesstätten in Höhe von 40 Millionen Euro gewesen. Größter Streitpunkt war zudem, und in diesem Punkt gibt es Übereinstimmung mit der SVZ, die Theaterreform. Während die SPD auf Theaterfusionen setzte, wollte die PDL den Theatern mehr Geld geben. In diesem Punkt hätten sich beide Parteien nicht einigen können.

Die Summe der genannten Gründe sei am Ende entscheidend dafür gewesen, dass sich Erwin Sellering für die CDU als Koalitionspartner entschied. Dennoch hätte Sellering Bockhahn mitgeteilt, der Presse keine Details über die Gründe für die Entscheidung zugunsten der CDU Preis geben zu wollen.

Anmerkung: Es wurde eine inhaltliche Korrektur vorgenommen (25. September, 9:45)